Im österreichischen Vöcklamarkt, einem kleinen Ort gut 30 Kilometer südlich von der deutschen Grenze entfernt, liegt das Hauptquartier von Bluesky Energy. Das Team von Helmut Mayer entwickelt und fertigt eine innovative Salzwasserbatterie. Insgesamt hat die österreichische Firma bereits mehr als 300 Systeme installiert, sagt Geschäftsführer Mayer.
Schule besteht auf sicherem, ökologischem System
Genauere Zahlen zum Umsatz macht die junge Firma nicht. Sicher ist aber, dass 2018 die bisher meisten Systeme abgesetzt wurden. Als ein klassisches Start-up sieht Mayer Bluesky Energy aber nicht. Immerhin sind die Gründer gestandene Unternehmer mit 50 und mehr Lenzen und keine Uniabsolventen, die sich ausprobieren wollen. Die Salzwasserbatterie überzeugt gerade in Gebäuden, die keine Kompromisse bei der Sicherheit zulassen. Die neu gebaute Schule Tiunda im schwedischen Uppsala hat deshalb seit Ende August 2018 nicht nur eine Solaranlage auf dem Dach, sondern auch einen Speicher der Österreicher im Keller.
Wichtig war den Entscheidern, dass der Speicher sicher ist und die verwendeten Materialien ungiftig sind. „Es ist den hochgesteckten Klimazielen der Stadt und ihren Ambitionen zu verdanken, dass die Schulumgebung völlig ungiftig sein muss“, erklärt Maria Gardfjell die Entscheidung, auf die Batterie von Bluesky Energy zurückzugreifen. Gardfjell ist für Umwelt- und Klimafragen der Stadt Uppsala zuständig. Die Batterie speichert den Strom aus einer Solaranlage und kann so etwa zwölf Prozent des Strombedarfs der schwedischen Schule mit Solarstrom abdecken. Gleichzeitig übernimmt der Speicher auch Systemdienstleistungen, um das Stromnetz zu stabilisieren.
Mit einer C-Rate von 0,5 laden
Die Gemeinde Uppsala sei so zu einem Testfeld für neue Technologien geworden und schaffe neue Kenntnisse und Kompetenzen, die sich verbreiten ließen, betont Marlene Burwick, die für die Sozialdemokratische Partei im Stadtvorstand von Uppsala sitzt und gleichzeitig Kommissarin von Stuns ist. Schulen sind ein beliebter Einsatzort für Salzwasserspeicher, in Österreich und der Schweiz gibt es ebenfalls Projekte die 60, 75 oder 100 Kilowattstunden Kapazität aufweisen.
Immer mehr Installateure und Bauherren suchen nach einer alternativen Lösung zu Lithiumspeichern, die den Markt derzeit stark dominieren. Da kommt das Greenrock-System von Bluesky Energy für viele gerade recht. Die Ladegeschwindigkeit des Speichers liegt bei einer C-Rate von 0,25 oder auch 0,5. Die C-Rate beschreibt dabei den Lade- oder Entladestrom eines Akkus, bezogen auf seine Kapazität. Damit seien die technologischen Grenzen aber noch lange nicht erschöpft, verspricht der Firmenchef. Deshalb arbeitet Bluesky Energy mit verschiedenen Forschungsprojekten und Hochschulen zusammen, um die Batterie weiterzuentwickeln.
Chinesen kaufen Aquion auf
Die Technologie besitzt trotz der geringeren Energiedichte aber durchaus Vorteile: Ein nicht entflammbarer Elektrolyt auf Natrium-Sulfat-Basis erlaubt einen sicheren Betrieb. Und das auch bei hohen Umgebungstemperaturen, unter starken Betriebsströmen und ohne aktive Kühlung. Die Kathode besteht aus Manganoxid, die Anode aus Kohlenstoff, und als Separator wird einfaches Baumwollvlies verbaut. Zudem erlaubt eine mögliche direkte Ansteuerung der 48-Volt-Module mit verfügbaren Wechselrichtern eine einfache Realisierung eines skalierbaren stationären Speichersystems. Das Speichersystem Greenrock kann sowohl netzgekoppelt als auch als Insellösung betrieben werden.
Aus zwei Quellen bekommt die Firma die Zellen für das System. Zum einen gibt es einen Restbestand an Aquion-Batterien, der sich langsam, aber sicher dem Ende zuneigt. Die Technologie von Aquion Energy wurde Mitte 2017 vom chinesischen Unternehmen Juline-Titans gekauft. Auch Bluesky Energy bot seinerzeit mit, wurde aber von den Chinesen übertrumpft. Ein zweiter Hersteller der Zelle ist eine weitere chinesische Firma, die auch ehemalige Entwickler der Firma Aquion auf der Gehaltsliste hat. Bei diesen Batteriemodulen habe sich die Energiedichte der Salzwasserbatterie bereits erhöht, freut sich Mayer. Seine Firma habe nun eine exklusive Kooperation für Europa mit dem chinesischen Unternehmen abgeschlossen, dessen Namen er aktuell noch nicht nenn kann.
Die Österreicher kaufen die Wechselrichter unter anderem von Victron Energy und die Zellen bei Zulieferern ein, um daraus das Greenrock-System zu bauen. Verschiedene Märkte haben unterschiedliche Normen und Vorgaben. Die gilt es entsprechend anzuwenden, sodass der Installateur den Speicher leicht und schnell in Betrieb nehmen kann.
Datenkommunikation über Modbus
Besondere Anstrengung hat Mayers Team in die Entwicklung eines eigenen Energiemanagementsystems (EMS) investiert. Der Fokus lag dabei auf der Optimierung des Eigenverbrauchs, da der Speicher auch ohne Einspeisevergütung wirtschaftlich sein soll – und auch vermehrt in Afrika nachgefragt und installiert wird, wo es keine Einspeisevergütung gibt. Für das optimale EMS wurden bei der AC-Kopplung die 15 Hersteller von Solarwechselrichtern miteingebunden. Die Kommunikation erfolgt über eine Modbus-Leitung. So können die Geräte ihre Daten mit der entsprechenden IP-Adresse austauschen.
Die offene Datenarchitektur ermöglicht die Verbindung mit automatisierten Haussystemen. Über Funksteckdosen können große Verbraucher wie eine Waschmaschine, Trockner oder Geschirrspüler eingesteuert werden. In Belgien gebe es ein Projekt, bei dem ein Stirlingmotor als Erzeugungsquelle diene. Das EMS sei so ausgelegt, dass künftig möglichst vielen Optionen offenbleiben. Die Schnittstellen für eine Sektorenkopplung mit Wärmepumpe oder Elektroauto werden von der Firma ebenfalls mitgeliefert.
Bis auf 270 Kilowattstunden skalierbar
Der Heimspeicher ist in Schritten von 2,5 Kilowattstunden bis 30 Kilowattstunden skalierbar. Die Lösung für das Gewerbe beginnt mit 30 Kilowattstunden und kann bis zu 270 Kilowattstunden aufgestockt werden, berichtet Mayer. Drei Blöcke mit 90 Kilowattstunden können übereinandergestapelt werden. Diese brauchen 1,3 Quadratmeter Grundfläche. Hinzu kommt eine weitere Box für die Anschlusstechnik und Leistungselektronik.
Zuvor haben Mayer und seine Kollegen in der Medizintechnik gearbeitet. Sie haben aber schon damals immer auch ein branchenfremdes Projekt betreut. So konnten sie sich frühzeitig mit Energiespeichern auseinandersetzen. Die Redox-Flow-Technologie stand zuerst im Fokus. Technologien mit Zink-Eisen und Zink-Brom waren dabei. „Dieses Kapitel haben wir 2016 endgültig geschlossen, denn die Technologie kam nicht aus dem Stadium von Pilotprojekten heraus“, erklärt Mayer. Kein System habe länger als sechs Monate fehlerfrei funktioniert. Zudem müsse künftig der Wirkungsgrad bei den Separatoren massiv steigen, meint der Ingenieur, damit Redox-Flow-Speicher konkurrenzfähig werden.
Keine Überhitzung
Die Salzwasserbatterie ist da aus seiner Sicht schon weiter. Über 80 Prozent im Speicher bestünden aus Natrium, es gebe nur einen ganz geringen Teil von Lithiumsalz in dem Strompuffer. Auch deshalb ist er so sicher und überzeugt als Alternative zur Lithiumtechnik. Die verbauten Chemikalien schließen eine thermische Überhitzung aus. Fachleute sprechen bei der exothermen chemischen Reaktion von einem Thermal Runaway.
Das wirkt sich auch auf den Transport und die Lagerung aus: Deshalb gibt es keine besonderen Transportvorschriften wie bei Lithiumakkus. „Die Sicherheit und die Umweltfreundlichkeit des Greenrock sind immer wieder überzeugend für unsere Kunden“, sagt Mayer.
110 Fachfirmen als Partner
Als einziges Batteriesystem wurde Greenrock mit dem Cradle-to-Cradle-Zertifikat ausgezeichnet, das die Verwendung von vollständig nachhaltigen Rohstoffen bei der Fertigung beglaubigt.
In der DACH-Region hat die Firma mittlerweile 110 Partner, vier weitere in Afrika und des Weiteren gibt es einen Standort in den USA. Einige Installateure fragen sich allerdings, ob die Leistungsstärke des Salzwasserspeichers ausreicht. „Anhand der Lastgänge im Haushalt sieht man, dass sich deutlich mehr als die Hälfte der Lastgänge im Bereich unter einem Kilowatt abspielt. Wer das betrachtet, sieht, dass sich unser Speicher sehr gut als Heimspeicher eignet“, argumentiert Mayer.
Das alternative Batteriesystem sei für 5.000 Zyklen ausgelegt. Nach einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 15 Jahren sollen laut Bluesky Energy immer noch 70 Prozent der Speicherkapazität vorhanden sein. Im Gegensatz zu Lithiumspeichern könne die Salzwasserbatterie aber ohne Bedenken weiter genutzt werden, sagt Mayer. Nach 5.000 Ladezyklen sei noch mehr als die halbe Kapazität des Strompuffers abrufbar, verspricht der Bluesky-Energy-Firmenchef.
Ab zehn Cent Speicherkosten möglich
Bei den Speicherkosten kann Helmut Mayer immerhin eine Bandbreite nennen: Zehn Cent pro Kilowattstunde seien unter optimalen Umständen erreichbar. In der Praxis werden derzeit Kosten zwischen 15 und 20 Cent beobachtet. Mit den Gestehungskosten der Photovoltaik auf dem Dach von zehn oder zwölf Cent kommt das in eine Preisregion, die gerade in Deutschland unter den Kosten für Netzstrom liegt.
„Hier wirken viele Faktoren zusammen“, sagt Helmut Mayer und betont: „Eine einfache und pauschale Aussage zur Wirtschaftlichkeit greift allerdings zu kurz.“
Varta Storage/ Porsche
Firmen puffern Lastspitzen
Künftig werden Varta Storage, eine Tochter der Varta AG,und die Porsche Holding Salzburg (PHS) kooperieren. Ab sofort nimmt die PHS die Gewerbespeicher der Serie Flex Storage von Varta ins Portfolio auf. Die Porsche Holding Salzburg ist nach eigenen Angaben das größte Automobilhandelsunternehmen in Europa und weltweit in 27 Ländern tätig. Mit der Marke Moon bietet die Porsche Holding Salzburg Komplettlösungen im Bereich der Ladeinfrastruktur an. Künftig wird PHS für Moon bei Speichersystemen unter anderem auch auf die Batterietechnologie von Varta zurückgreifen.
Für Reiko Stutz, Manager für Commercial Storage Solutions bei Varta Storage, steht die Kooperation mit der PHS exemplarisch für die wirtschaftliche Nutzung von Gewerbespeichern: „Die zunehmende Zahl von Elektrofahrzeugen erhöht die elektrischen Leistungsanforderungen am Netzanschlusspunkt. Unser Gewerbespeicher puffert Lastspitzen und vermeidet somit hohe Investitionen in die Netzinfrastruktur.“
Die PHS kann mit dem flexiblen Gewerbespeichersystem von Varta auf unterschiedlichste Kundenanforderungen reagieren. Durch die Zusammenarbeit mit Varta Storage erhält der Kunde, beispielsweise ein Autohaus, eine an seine Bedürfnissen angepasste Lösung aus Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Photovoltaikstrom. Das schlüsselfertige, an das 400-Volt-Drehstromnetz anschließbare Stromspeichersystem gewährleistet laut Varta hohe Verfügbarkeit und Qualität bei gleichzeitiger Systemflexibilität.
Energie-Control Austria
Netzkosten verringern
Die Regulierungsbehörde Energie-Control Austria hat Mitte September 2018 eine Broschüre zum Thema Stromspeicher im Gewerbe veröffentlicht.
Ziel sei es, Unternehmen die Vorteile und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihre Stromkosten mit einem Speicher senken. Außerdem geht es darum, wie Speicher in Gewerbebetrieben angesichts der relativ niedrigen Strompreise in Österreich wirtschaftlich eingesetzt werden.
Dabei geht es vor allem darum, die Netzkosten zu minimieren, weil die Speicher die Stromspitzen kappen und damit die Anschlussleistung des Unternehmens verringern. Außerdem ist für viele Betriebe die Möglichkeit der unterbrechungsfreien Stromversorgung interessant.
Neben diesen wirtschaftlichen Szenarien beschreibt Mario Jandrokovic, einer der Autoren der Studie, die unterschiedlichen Speichertechnologien. „Es gibt eine Reihe verschiedener Speichersysteme, die sich in ihren Eigenschaften und Kosten unterscheiden und nur für bestimmte Anwendungen wirtschaftlich Sinn machen“, sagt Jandrokovic.
Die Autoren geben außerdem Tipps, worauf ein Unternehmen bei der Anschaffung eines Speichersystems achten sollte.
Die Studie zu Gewerbespeichern steht auf der Internetseite von E-Control zum Download bereit: