Vattenfall und die BMW Group haben gebrauchte Batterien zu einem Speichersystem zusammengeschaltet. Sie speisen jetzt Schnellladestationen in Hamburg und sollen demnächst gleichzeitig Primärregelenergie bereitstellen.
Der Hamburger Wirtschaftssenator für Wirtschaft Frank Horch (parteilos) hat in der Hafen City zwei Ladesäulen für Elektroautos in den Regelbetrieb übergeben. Das Besondere an diesen beiden Ladestationen: Sie werden von gebrauchten Batterien gespeist. Die Batterien waren früher in den Elektroautos von BMW verbaut. Nachdem sie dort ausgemustert wurden, weil sie die erforderliche Ladekapazität nicht mehr erreicht haben, werden sie jetzt in der Hamburger Hafen City weiter sinnvoll genutzt. Schließlich haben sie nach dem Fahrzeugleben in der Regel noch eine ausreichend hohe Kapazität verfügen, um sie in stationären Batteriespeichern zu verwenden. Denn in solchen Anwendungsfällen ist nicht die maximale Kapazität entscheidend. Schließlich geht es dabei nicht um größtmögliche Reichweiten, wie in der Elektromobilität, oder um ein möglichst geringes Gewicht. Im Fall der stationären Speicher ist es nicht von Bedeutung, ob mehr Zellen zusammengeschlossen werden, um eine ausreichende Kapazität zu erreichen.
Sechs Monate getestet
Das haben Vattenfall und BMW getan. Sechs Monate haben sie den Speicher in der Hafen City unterschiedlichsten Belastungssituationen ausgesetzt, um seine Tauglichkeit zu testen. „Die Belastbarkeit und die Effizienz dieser Speicher wurden an zwei Anwendungsfällen untersucht: als Leistungspuffer für Schnellladestationen sowie zur Speicherung von Solarstrom und zur Erhöhung des Eigenverbrauchs“, erklärt Vattenfall. „Gebrauchte Batterien im realen Anwendungsfall zu erproben ermöglicht in Zukunft die Brücke zwischen nachhaltiger Elektromobilität und der Energiewende in Deutschland zu bilden“, ergänzt Julian Weber, Leiter Innnovationsprojekte Elektromobilität bei der BMW Group. „Die Erkenntnisse aus den Projekten können auf viele weitere Anwendungen übertragen werden und so zusätzliche Möglichkeiten an der Schnittstelle von Elektromobilität und der Nutzung regenerativer Energien schaffen.“
Anforderungen von Netz und Markt
Jetzt gehen die Speicher in den regulären Betrieb. Dabei geht es nun darum, die komplexer werdenden Anforderungen von Netz und Markt zu erfüllen. „Unser erklärtes Ziel ist es, diese Batteriespeicher in das Energiesystem zu integrieren und einer Vielzahl solcher kleinen, lokalen Anlagen über den Stromhandel einen Marktzugang zu verschaffen“, prognostiziert Pieter Wasmuth, Vattenfall Generalbevollmächtigter für Hamburg und Norddeutschland. „Dafür wird jetzt zum Beispiel versucht, die Batterien entsprechend den Anforderungen des Stromnetzes zu laden und zu entladen. Am Ende sollen sie unter anderem dem Strommarkt als Primärregelenergie zur Verfügung stehen.“
Erkenntnisse über mögliche Einsatzgebiete
Die Idee, gebrauchte Batteriezellen in kompletten stationären Stromspeichern zusammenzuschließen, ist nicht neu. Der Schweriner Energieversorger Wemag hat schon vor über einem Jahr einen solchen Speicher vorgestellt. Die Schweriner bestücken ihre Speicher allerdings mit ausgedienten Batterien aus Elektrofahrrädern und bieten den Speicher für private Haushalte an, um den Eingeversorgungsanteil von Photovoltaikanlagenbetreibern zu erhöhen. Aber auch in Verbindung mit einem Elektroauto vertreibt die Wemag ihre Speicher. Im Unterschied zur Wemag werden Vattenfall und BMW das Projekt gut vier Jahre weiter begleiten. Sie wollen mögliche Einsatzgebiete für solche „Second Life“-Batterien untersuchen. Die Projektpartner erhoffen sich dabei neue Erkenntnisse über mögliche Einsatzgebiete für diese Batterien sowie zum Alterungsverhalten und der Speicherkapazität der gebrauchten Lithium-Ionen-Batteriemodule. (Sven Ullrich)