Es ist ein ganz normales Einfamilienhaus. Davon gibt es viele in der kleinen Stadt Bocholt im Münsterland, direkt an der niederländischen Grenze. Und dennoch ist das Haus ein ganz besonderer Ort in Bocholt. Denn die Familie von Michael Stritzky ist auf dem Weg in die Unabhängigkeit vom Stromversorger.
Auch wenn es die Architektur nicht offenbart, das Haus ist voll auf der Höhe der Zeit. In ihm steckt so viel hochmoderne Technik, dass es Michael Stritzky fast geschafft hat. „Jetzt fehlt uns nur noch ein Elektroauto“, sagt er. Bisher ist er noch mit einem Plug-in-Hybrid unterwegs.
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Schon seit mehreren Jahren liefert die Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 8,6 Kilowatt genügend Strom für die vierköpfige Familie. Allerdings hauptsächlich im Sommer und vor allem nur tagsüber.
Doch statt sich einen Speicher zu kaufen, hat Michael Stritzky mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. „Bisher haben wir die benötigte Wärme im Haus mit einem normalen Gaskessel erzeugt“, erklärt der Bocholter. „Der war alt und musste ersetzt werden.“ Um auch gleichzeitig das Problem mit der Stromversorgung in der dunkleren Jahreszeit und in der Nacht zu lösen, ist er auf den Dreh mit dem BHKW gekommen.
Marktwachstum in Sicht
Lange hat Stritzky gesucht und die verschiedenen Varianten hin- und hergewälzt. Am Ende hat er sich für eine Lösung entschieden, die für seine Bedürfnisse perfekt passt. Jetzt schlägt ein neues Herz der gesamten Hausversorgung im kleinen Keller des Wohnhauses. Strahlend weiß und kaum zu hören ist das kleine BHKW.
Im Inneren des Minikraftwerks werkelt eine Brennstoffzelle. Geliefert hat die Anlage der Münchner Hersteller Elcore. Das Unternehmen hat das Gerät seit 2014 auf dem Markt. „Wir haben bisher im guten dreistelligen Bereich verkauft“, sagt Sven Schallenberg, als Vertriebsleiter von Elcore für den Norden Deutschlands zuständig. Im Vergleich zu den Mitbewerbern ist das eine üppige Anzahl. „Wir hätten uns einen deutlich höheren Absatz innerhalb der letzten beiden Jahre gewünscht, doch bewegen wir uns hier im Projektgeschäft“, erklärt Schallenberg.
Will heißen: Von der Planungsphase bis zur Realisierung geht schon mal viel Zeit ins Land. Die Geräte selbst werden aber erst ganz zum Schluss eingebaut. Das deutet auf künftiges Marktwachstum hin.
Derzeit baut Elcore sein Installateursnetzwerk aus. „Wir müssen erst die Handwerker finden, die in der Lage sind, die Geräte zu vertreiben und zu montieren“, erklärt Sven Schallenberg. „Viele können es, aber sie müssen erst geschult werden.“
Komplett überwacht
Elcore überlässt dabei nichts dem Zufall. Denn die Geräte müssen richtig dimensioniert und in die Hausanlage eingebunden werden. Dabei greifen die Münchner den Handwerkern unter die Arme. Nachdem die gesamte Anlage installiert ist, kommt ein Servicetechniker von Elcore und überprüft, ob sie korrekt montiert und angeschlossen ist. Erst wenn er grünes Licht gibt, wird das Brennstoffzellengerät von der Zentrale in München in Betrieb genommen.
Die Münchner haben auch das Monitoring der Geräte genau im Blick. Im Takt von fünf Sekunden schreibt die Systemüberwachung des Brennstoffzellengeräts einen Datensatz über die konkreten Betriebsdaten der Anlage. Zudem führt das BHKW nachts einen Selbsttest durch. Diese Daten werden in regelmäßigen Abständen in die Münchner Zentrale gesendet, sodass die Mitarbeiter dort einen genauen Überblick haben, wie jedes einzelne Gerät läuft.
Vollständige Wartung inklusive
Fällt ein Gerät aus, kommt in der Leitstelle in München sofort ein Alarm an. Dann kümmern sich die Mitarbeiter in der Leitstelle darum, dass das Gerät so schnell wie möglich wieder voll einsatzfähig ist. „Die meisten Fehler können wir von München aus beheben“, sagt Sven Schallenberg. „Selbst wenn das Gerät in der Nacht ausfällt, ist es in der Regel am nächsten Tag wieder voll in Betrieb.“
Falls der Fehler nur vor Ort behoben werden kann, schickt Elcore einen seiner Servicepartner los, der die Anlage repariert. Mit jedem Anlagenbetreiber schließt Elcore einen Vollwartungsvertrag ab. „Das heißt bei uns, dass wir während der Laufzeit über zehn Jahre alle Kosten für sämtliche Reparaturen übernehmen“, erklärt Sven Schallenberg. „Sollte irgendetwas mit der Anlage sein, auch wenn die kleinste Schraube kaputt ist, vorausgesetzt, es ist nicht mutwillig beschädigt worden, tauschen wir die defekten Teile sofort kostenlos aus. Der Vertrag beinhaltet die Anfahrt des Technikers, sämtliche Teile und die Garantie, dass Austauschteile auf dem neuesten Stand der Technik sind.“
Jeden Tag Geld sparen
Damit erfüllen die Münchner nicht nur die Voraussetzung für die Förderung der Anlage nach dem Programm KfW 433, sondern sichern auch die Investition ab. Denn diese ist im Vergleich zu einem herkömmlichen BHKW oder gar einem Brennwertkessel noch relativ hoch. Sie schreckt weiterhin viele Hauseigentümer ab, obwohl es eine gute Förderung für die Anlagen gibt und sie sich schnell amortisieren.
Auch Michael Stritzky hat lange gerechnet. Am Ende waren es die Einsparungen beim Netzbezug, die den Ausschlag gegeben haben. „Mit der Brennstoffzelle sparen wir jeden Tag Geld“, betont er und macht die Rechnung auf. „Die Elcore verbraucht eine Kilowattstunde Gas pro Stunde. Jede Kilowattstunde kostet uns drei bis 3,5 Cent, da wir die Mehrwertsteuer und die Energiesteuer für das Gas erstattet bekommen, weil wir Strom produzieren. So bezahlen wir etwa 75 Cent pro Tag. Gleichzeitig erzeugt die Brennstoffzelle Strom im Gegenwert von fast zwei Euro, wenn wir ihn aus dem Netz beziehen würden.“ Dazu kommt noch die Wärme, die das Ergebnis weiter verbessert.
Den Brennstoff optimal nutzen
Die Brennstoffzellen haben gegenüber den Brennwertkesseln aber den Vorteil, dass sie gleichzeitig Strom erzeugen und viel weniger Gas verbrauchen. Gegenüber den konventionellen BHKW zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie im Vergleich zur Stromproduktion weniger Wärme erzeugen, weil die Abwärme bei der kalten Verbrennung von Wasserstoff viel geringer ist.
Dadurch können die Brennstoffzellengeräte die Energie, die im Erdgas steckt, viel besser nutzen. „Außerdem ist der Heizwert bei der Verbrennung von Wasserstoff höher als von Erdgas“, erklärt Sven Schallenberg. „Dadurch kann man mehr Energie aus dem Erdgas ziehen.“ Gleichzeitig brauchen die Geräte keine so hohe Wärmeabnahme wie ein konventionelles BHKW, während gleichzeitig der Strombedarf im Gebäude abgedeckt werden kann. Die ständige Taktung entfällt weitgehend
Trotzdem ist die Technologie bisher noch nicht weit verbreitet. „Es ist die erste Brennstoffzelle aus deutscher Herstellung, die in Bocholt installiert ist“, weiß Christian Elsenbusch. Er ist Heizungsbaumeister bei Wünsch Haustechnik und hat das gesamte Gerät im Oktober 2016 installiert und die thermische Seite in die Hausversorgung eingebunden.
Den elektrischen Anschluss hat sein Bruder, der als Elektromeister bei Wünsch Haustechnik arbeitet, übernommen. Bis dahin war in der münsterländischen Stadt ein Brennstoffzellen-BHKW von Solid Power in Betrieb. „Ein solches Gerät hätte hier aber nicht gepasst“, erklärt Elsenbusch. „Das hätte viel zu viel Leistung sowohl thermisch als aus elektrisch gehabt.“
Immer Abnehmer für die Wärme finden
Tatsächlich hat die Elcore 2400 eine elektrische Leistung von „nur“ 305 Watt. Die thermische Leistung liegt bei 700 Watt. Das klingt erst einmal wenig, ist aber genau richtig für den Strombedarf des Haushalts der Familie Stritzky in Bocholt. „Wir dimensionieren die Anlage so, dass sie die Grundlast bedienen kann, also den Kühlschrank, die Tiefkühltruhe, eventuell installierte Pumpen, Computer und Stand-by-Geräte, die ständig Strom brauchen“, erklärt Vertriebsleiter Sven Schallenberg. „Dadurch kann die Elcore mindestens 8.000 Stunden im Jahr durchlaufen.“ In dieser Zeit erzeugt sie 2.440 Kilowattstunden Strom. Die Anlage von Michael Stritzky läuft sogar noch gleichmäßiger. Den Rest liefert ohnehin die Solaranlage auf dem Dach.
Die thermische Seite muss der Installateur aber auch bedenken. „Das Gerät braucht eine permanente Wärmeabnahme, damit es durchlaufen kann und damit wirtschaftlich wird“, weiß Christian Elsenbusch. Deshalb hat er die Anlage bei Michael Stritzky so dimensioniert, dass der Verbrauch im Sommer und in den Übergangsjahreszeiten mit der Brennstoffzelle abgedeckt ist. Das geht natürlich nur über einen Pufferspeicher, der entsprechend groß sein muss, um den benötigten Vorrat an Warmwasser bereitzustellen. Er muss gleichzeitig groß genug sein, damit die Brennstoffzelle immer einen Platz für die Wärme findet.
Muss die Anlage abschalten, weil zu wenig Strom gebraucht wird oder niemand die Wärme abnimmt, sollte das Gerät einige Zeit stehen, bis wieder genügend Last vorhanden ist. „Wir haben einen Anfahrprozess von vier Stunden“, erklärt Sven Schallenberg. „Denn das Gerät braucht etwa eine Kilowattstunde Strom, um die Betriebstemperatur zu erreichen. Danach muss sie mindestens vier Stunden laufen, um mehr als dieses eine Kilowatt wieder zu produzieren und wir damit einen effektiven Betrieb erreichen.“
Taktung vermeiden
Ein zweites Problem ist die thermische Belastung. In der Elcore 2400 ist eine Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzelle verbaut. Durch die hohe Temperatur erreicht sie zwar einen hohen Wirkungsgrad, der rein rechnerisch bei immerhin 104 Prozent liegt. Aber genau diese hohen Temperaturen bewirken eine immense thermische Belastung, wenn die Brennstoffzelle ständig an- und abschalten muss. Wenn sie das nur gelegentlich tut, ist das vollkommen unproblematisch.
Im kalten Winter schafft es die kleine Elcore natürlich nicht, den gesamten Wärme- und vor allem den Heizbedarf zu decken. „Solche Spitzenlasten muss dann ein zusätzlicher Kessel übernehmen, der entsprechend nachheizt“, sagt Elsenbusch. Deshalb steht im Wohnzimmer der Familie Stritzky ein gemütlicher Ofen, der mit Pellets beheizt wird. Der ist ebenfalls an den Pufferspeicher angebunden und unterstützt mit seiner Heizleistung die Brennstoffzelle, wenn die Temperaturen unter zehn Grad unter null fallen. Gleichzeitig dient der Pelletsofen als Back-up, sollte die Elcore wider Erwarten doch mal ausfallen.
Michael Stritzky hat die erste Heizsaison mit der neuen Elcore hinter sich. Den Pelletsofen konnte er schon Anfang März komplett ausschalten. „Der lief sowieso nie länger als ein oder zwei Stunden am Tag, also mit weniger als 30 Prozent seiner Leistung“, sagt der Hausherr. „Wir haben über die gesamte Heizsaison nur 500 Kilogramm Pellets im Ofen verfeuert. Das ist schon sehr gut.“
Er denkt jetzt über die Installation eines zusätzlichen Pufferspeichers nach. Denn der vergangene Winter war ziemlich mild. In härteren Wintern könnte er mehr Pellets brauchen. „Ich würde damit aber noch abwarten“, rät ihm Christian Elsenbusch. „500 Kilogramm Pelletsverbrauch und Anfang März ist der Ofen schon aus, das ist ein richtig gutes Ergebnis. Die Leistung der Anlage sowohl zur Bereitstellung von Warmwasser als auch für die Heizung ist völlig ausreichend.
Zwei Zähler eingebaut
Ein Problem hat Michael Stritzky noch. Er produziert teilweise mehr Strom, als er selbst verbrauchen kann. „Ich würde den Stadtwerken diesen Strom sogar schenken“, sagt er. „Aber die Bundesnetzagentur will den kompletten Strom gezählt wissen, der ins Versorgungsnetz eingespeist wird.“
Das bedeutet, dass er einen Einspeisezähler braucht. Da die Vergütung für BHKW-Strom anders ist als die für Solarstrom, kann er nicht den gleichen Einspeisezähler nehmen, über den die Solaranlage ohnehin schon ihren überschüssigen Strom ins Netz schiebt. Das kostet zusätzlich Geld, was die Amortisation der Anlage etwas in die Länge zieht. Michael Stritzky sieht das aber gelassen. Er plant die Anschaffung eines Speichers. Damit kann er seinen Strom komplett selbst verbrauchen und spart die Kosten für die zusätzlichen Zähler.