Bei der zweiten Auflage der wichtigsten Fachmesse für Stromspeicher in Deutschland wurden in diesem Jahr alle Bereiche moderner Batterietechnik und Energiespeichersysteme präsentiert. Die Messe wuchs deutlich. In diesem Jahr konzentrierten sich die Aussteller auf die Anwendung der Speicher. Vor dem Hintergrund des dringend anstehenden Umbaus der Stromnetze wird diese Frage immer brennender. Der Auftakt 2012 konnte sich bereits sehen lassen: Zusammen mit den Parallelveranstaltungen F-Cell und E-Mobil lockte die Branchenmesse weit über 3.000 Besucher aus 23 Ländern nach Stuttgart. Nun bildeten die drei Veranstaltungen eine gemeinsame Plattform, um die verschiedenen Technologien stärker zu verknüpfen, für mobile und stationäre Anwendungen.
In diesem Jahr schlug sich das Interesse auch in Zahlen nieder: Von insgesamt 155 Ausstellern kam fast die Hälfte aus der Batteriebranche. Das ist etwa ein Drittel mehr als 2012. Deutlich wurde: Die Energieversorgung der Zukunft wird dezentral sein. Sie ist keineswegs auf Insellösungen ausgerichtet, sondern sieht dezentrale Energiespeicher als Bestandteil des Smart Grid sowie des Netzumbaus.
Damit dezentrale Energiespeicher das Stromnetz durch Lastausgleich oder Pufferung von Spitzen optimieren, bedarf es klar definierter Schnittstellen. Allein der Markt für Elektromobile wird in den kommenden Jahren überproportional wachsen. Laut der Studie „Zukunftsfeld Energiespeicher“ (VDMA und Roland Berger) liegt das weltweite Marktvolumen bei Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge im Jahr 2015 voraussichtlich bei neun Milliarden US-Dollar (6,5 Milliarden Euro). 2020 werden es bereits 50 Milliarden US-Dollar (36 Milliarden Euro) sein. Auch der Markt für industrielle Lithium-Ionen-Batterien wächst stetig. Hier erwarten Experten, dass Deutschland – auch aufgrund der Energiewende – in den kommenden Jahren als Antriebsmotor für den Fortschritt fungiert. Fakt ist jedoch, dass in diesem Bereich noch viele Innovationen notwendig sind, nicht zuletzt im Recycling und der Umweltverträglichkeit.
Leider waren hierüber nur wenige Informationen erhältlich. Dass eine monetäre Förderung von Energiespeichern für den Nutzer, wie sie seit Mai dieses Jahres besteht, mehr auf zukunftsweisende Innovationen zielen muss, ist unbestritten. In der Praxis ist es derzeit leider so, dass die problematischen Bleibatterien nach den gleichen Kriterien gefördert werden, obgleich sie ungleich kostengünstiger sind. Eine ähnliche Situation bestand sehr lange im Marktanreizprogramm zur Förderung solarthermischer Kollektoren. Dort hatte die innovativere Technik des Vakuum-Röhren-Kollektors das Nachsehen. Förderung mit Gießkanne ist nicht immer effektiv.
Große Fortschritte in der Produktion
Der Industriekreis Batterieproduktion des VDMA verfolgt das Ziel, die Produktionstechnik für mobile und stationäre Energiespeicher zu stärken. „Hochenergiespeicher sind essenziell für die Elektromobilität und die Energiewende“, erklärt Eric Maiser, Leiter des Industriekreises. Auch wenn sie in den kommenden Jahren technologisch noch rasant zulegen, ist ihr Reifegrad bereits geeignet, um die Massenfertigung zuzulassen.
Fabriken für großformatige Batterien entstehen derzeit weltweit. Deutschland engagiert sich mit zahlreichen Projekten und Pilotlinien, um die Fertigungstechnik voranzubringen. „Das Wettrennen um die beste Produktionstechnik hat begonnen“, urteilt Maiser. „Der entscheidende Fortschritt in der Produktionstechnik wird aber nicht alleine durch die Optimierung von Einzelprozessen und Maschinen erreicht, sondern über durchdachte Linienkonzepte und Technologiepakete für die Hersteller. Das senkt nicht nur Kosten, sondern bewirkt stabilere Prozesse und eine gleichbleibend hohe Qualität der Produkte.“
Die Fabrikausrüster für die Batterieproduzenten sind bereits mit spezifischen Lösungen erfolgreich am Markt. Gerade in neuen Technologien ist es selten, dass Maschinenbauer alle Prozessschritte von der Materialaufbereitung bis zur Endmontage unter einem Dach beherrschen. Es hat sich in anderen Branchen gezeigt, dass gemeinsame Strategien und Kooperationen bis hin zu Firmenkonsortien wichtig sind, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Diesen Prozess hat beispielsweise auch die Fabriktechnik für Solarzellen und Solarmodule durchlaufen. „Die deutschen Maschinenbauer haben schnell gelernt, die Anforderungen entlang der gesamten Prozesskette zu verstehen“, sagt Maiser. „Das fördert Kooperationen und macht sie stark für den globalen Wettbewerb.“
Wasserstoff und Brennstoffzellen
Noch ein Wort zu zwei Speichersystemen, die eher mittelfristig zur Verfügung stehen werden. „Mitte der nächsten Dekade können die Wasserstofftechnik und Brennstoffzellen zu einer tragenden Säule unseres Energiesystems werden“, prophezeit Klaus Bonhoff. Er ist Geschäftsführer der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie GmbH. „Das gilt für den Verkehrssektor, für die Stromerzeugung und die Speicherung von Energie.“
Batterien sind alltagstauglich
Bislang wurde die Alltagstauglichkeit und technische Marktfähigkeit wichtiger Produkte nachgewiesen. Wasserstoffbetriebene Pkw oder Busse mit Brennstoffzellen haben Millionen Kilometer zurückgelegt, ohne Emissionen von Kohlendioxid. Mehr als 500 Heizgeräte mit Brennstoffzellen liefen bisher zusammen mehr als vier Millionen Betriebsstunden, um zuverlässig Strom und Wärme zu erzeugen. Mittels Wasserstoff können große Energiemengen, zum Beispiel aus Windkraft, über längere Zeiträume gespeichert werden (Power-to-Gas). Durch die Nutzung von Wasserstoff als Kraftstoff im Verkehr entsteht eine neue Wertschöpfungskette mit neuen Arbeitsplätzen.
Es gilt nun, die zweite Etappe zum kommerziellen Marktdurchbruch zu organisieren. Neben der Unterstützung von Forschung und Entwicklung müssen die politischen Weichen für die Marktaktivierung ab 2014 gestellt werden. Das Strategiepapier nennt als Ziel bis 2025, dass bundesweit mehr als 500 öffentliche Tankstellen für Wasserstoff entstehen.
Mehr als eine halbe Million Pkw mit Brennstoffzellen sollen auf deutschen Straßen rollen. 2.000 Busse im öffentlichen Nahverkehr sollen mit Brennstoffzellen ausgerüstet werden. Um den Wasserstoff zu produzieren, sollen rund 1.500 Megawatt Elektrolysekapazität errichtet werden. Power-to-Gas wird als Geschäftsmodell im Markt umgesetzt. Die Technik der Wasserstoffspeicher ist zu entwickeln.
Stationäre Brennstoffzellen könnten als dezentrale Aggregate mit Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten, um Gebäude zu versorgen, für private Kunden, kommunale Abnehmer oder in der Industrie. Mehr als eine halbe Million Heizgeräte mit Brennstoffzellen und mehr als 1.000 KWK-Anlagen sollen in Deutschland aufgebaut werden. Darüber hinaus sind mehr als 25.000 Anlagen zur sicheren Stromversorgung geplant, beispielsweise für die Telekommunikation.
Die benötigten Mittel werden für den Zeitraum von 2014 bis 2023 auf rund 3,9 Milliarden Euro geschätzt. Davon will die Industrie rund 2,3 Milliarden Euro übernehmen. Die erforderliche Unterstützung beläuft sich auf etwa 1,6 Milliarden Euro, verteilt auf zehn Jahre.
EnBW/Ads-Tec
Erprobung intelligenter Lithium-Ionen-Speicher
Im Rahmen des Pilotprojekts „Netzlabor Sonderbuch“ wurde Anfang September in Zwiefalten-Sonderbuch eine Lithium-Ionen-Batterie von Ads-Tec in Betrieb genommen. Mithilfe des intelligenten Speichers will die EnBW Regional AG als Netzbetreiber testen, ob der auf wechselhaftes Wetter ausgelegte Speicher die lokalen Verteilnetze entlasten kann. „Mithilfe des Speichers wollen wir eine bessere Netzauslastung erreichen, um mehr Erneuerbare in die Netze einzuspeisen“, sagt Thomas Speidel, Geschäftsführer von Ads-Tec. Martin Konermann ist Technikvorstand der EnBW Regional AG. Er ergänzt: „Mit einem intelligenten Netz könnte ein kostenintensiver Netzausbau auf ein Minimum reduziert und mehr dezentrale Einspeiser an das Stromnetz angeschlossen werden.“
Mit einer besonders hohen Dichte an privaten Photovoltaikanlagen steht Sonderbuch beispielhaft für die städtische Energieversorgung der Zukunft. Speisen die rund 60 Solaranlagen des Modellprojekts an einem sonnigen Tag zur Mittagszeit konstant große Energiemengen in das Niederspannungsnetz der Stadt, droht dessen Überlastung. Der Lithium-Ionen-Batteriespeicher verfügt über eine Kapazität von 28 Kilowattstunden und eine Leistung von 30 Kilowatt. Er wirkt als Puffer für die Überschüsse (Peak Shaving). Die Batterie speist überschüssige Energie zwischen, um sie in Mangelzeiten wieder abzugeben. Mögliche Einspeisespitzen werden reduziert. Wenn das Wetter schwankt, Sonne und Wolken sich abwechseln, kommt es zu permanenten und kurzfristigen Einspeise- und Entnahmeschwankungen. In diesem Fall werden mit dem Speicher die Schwankungen geglättet und die Netze entlastet.
HEAG Südhessische Energie AG
Neue Handelsplattform für Speicherkapazität
Im Rahmen des Forschungsprojekts Solver (Speicheroptimierung in lokalen Verteilnetzen) erproben die HEAG Südhessische Energie AG, die Hochschule Darmstadt und Ads-Tec die Integration eines IT-gemanagten Lithium-Ionen-Speichers in ein Smart Grid. In dem vom Hessischen Umweltministerium geförderten Projekt wird eine Handelsplattform für Speicherdienstleistungen erprobt, um die Speicherkapazität in lokalen Verteilnetzen zu erhöhen, die Netzstabilität zu verbessern und weiteren Netzausbau zu vermeiden.
Kern des Projektes ist die Entwicklung einer Handelsplattform für Speicherdienstleistungen in Verteilnetzen. Über die Plattform werden Energieerzeuger, Energieverbraucher und Energiespeicher vernetzt und eine Art Internethandel für Energie ermöglicht. „Batteriespeicher werden dadurch deutlich effizienter und kostengünstiger betrieben. Wenn eine Vielzahl von Nutzern über die Handelsplattform Stromkontingente kauft und verkauft, werden die Speicher wirklich bedarfsgerecht betrieben“, meint Thomas Speidel, Geschäftsführer von Ads-Tec.
Zudem wird so ein teurer Netzausbau vermieden, da die Handelsplattform die verschiedenen Anwendungen der Speicher intelligent koordiniert. „Die bessere Auslastung von Speichern und Netzen mithilfe der Handelsplattform senkt die Kosten der Energiewende deutlich“, prophezeit Thomas Speidel. Ads-Tec erprobt einen Lithium-Ionen-Batteriecontainer, der 232 Kilowattstunden aufnehmen kann. Dazu gehört eine IT-Cloud für das Speichermanagement. Die Cloud dient als die zentrale Datenaufbereitung verteilter und unterschiedlicher Speicherformen und als Bindeglied zwischen den Speichern und der Handelsplattform.
Themendossier
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Der autor
Frank Hartmann
ist Gas-Wasser-Installateur und Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Nach langjähriger Erfahrung im Handwerk mit dem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien gründete er das Forum Wohnenergie für energieeffizientes Bauen und Modernisieren. Frank Hartmann ist Mitbegründer der Solarteur-Schule in Nürnberg.