Auf der Intersolar in München haben Sie die neuen Resu-Speicher vorgestellt. Nun kommen die Geräte in den Vertrieb. Wie läuft der Verkauf an?
Santiago Senn: Wir konzentrieren uns in Europa zunächst auf drei Kernmärkte: Deutschland, Italien und Großbritannien. Bis Jahresende 2016 werden wir rund 2.000 der neuen Speicher verkauft haben. Das ist sehr beachtlich, zumal wir ausschließlich über Fachgroßhändler und die Energieversorger gehen.
Ist das Vertriebsmodell in allen Ländern gleich?
In Deutschland sind wir bei fast allen wichtigen Händlern vertreten: Baywa r.e., Krannich, Memodo, EWS, IBC Solar, Viessmann und anderen. In Großbritannien haben wir zudem eine Kooperation mit der Firma Lightsource, einem Projektierer für große Solarparks. Da Photovoltaik-Freifeldanlagen keine Einspeisevergütung mehr erhalten, wird es nun schwierig mit den großen Parks, deshalb hat Lightsource ein gemeinsames PPA-Angebot für Endkunden mit der EDF gestartet. Die Kunden stellen ihr Dach und ihren Keller für die Solaranlage und den Speicher zur Verfügung. Im Gegenzug erhalten sie einen günstigeren Stromtarif. Sie müssen nicht in die Technik investieren; die Photovoltaik und den Stromspeicher finanziert und betreibt Lightsource. Ich finde, es ist ein zukunftsträchtiges Konzept, und bin sehr gespannt auf die Ergebnisse.
Welche Resu-Speicher werden am meisten nachgefragt?
Wir stehen noch am Anfang unseres Vertriebs. Derzeit verfügbar sind die kleinen Niedervoltspeicher mit 3,3 Kilowattstunden auf Basis von 48 Volt. Im Laufe des Monats September werden auch die größeren Speicher mit 6,5 Kilowattstunden ausgeliefert. Im späteren Herbst kommen dann die großen Niedervoltgeräte mit knapp zehn Kilowattstunden und die Hochvoltbaureihe. Alle Geräte kommen aus Korea nach Europa, und in diesem Jahr sind sie alle bereits reserviert oder schon verkauft.
Also verlangt der Markt mehr Speicher, als Sie liefern können?
Zum Glück ist es uns gelungen, die Liefermenge aus Korea für dieses Jahr zu erhöhen. Wir können mehr Speicher in den Markt bringen, als ursprünglich geplant – und fangen so genau den Bedarf auf. Die neue Generation der Resu-Geräte hat zweierlei gezeigt: Zum einen hilft der Resu den Fachhändlern im deutschen Markt, sich zu positionieren und von Wettbewerbern abzugrenzen. In Großbritannien und Italien sind neue Kundengruppen aufgetaucht, die wir bislang nicht auf dem Schirm hatten.
Zum Beispiel?
Für uns stellt sich immer zuerst die Frage: Welche Anreize haben die Kunden, um Stromspeicher zu bauen? Wenn es darauf keine klare Antwort gibt, ist ein Massenmarkt vorerst nicht in Sicht. In Deutschland hat der Speichermarkt bereits ordentlich Fahrt aufgenommen. Hier werden die Speicher eingebaut, um den Eigenverbrauch des Solarstroms zu erhöhen. In 99 Prozent der Fälle werden die Speicher mit Photovoltaik kombiniert, um die Stromrechnung gegenüber dem regionalen Energieversorger zu senken.
Welche Mechanismen wirken in Italien?
Dort ist die Differenz zwischen der Einspeisevergütung für Sonnenstrom und dem Preis für Netzstrom ebenso groß. Das würde für einen Speicher sprechen, zumal die Solaranlagen aufgrund der höheren Sonneneinstrahlung deutlich mehr Strom erzeugen als bei uns. Zusätzlich kann man die Hälfte der Investitionskosten für die Photovoltaik und Speicher über zehn Jahre steuerlich absetzen. Das macht die Speicher immer interessanter. Zurzeit ist die reine Photovoltaik noch wirtschaftlich im Vorteil, doch der Speichermarkt kommt immer mehr in Schwung.
Warum sollten britische Kunden einen Solarspeicher einbauen?
Auch in UK ist die Differenz zwischen Einspeisevergütung und Netzstrompreis relativ hoch. Aber man kann auch beim Stromkauf aus dem Netz zwischen zwei Tarifen wählen: Tag und Nacht. Mit einem Speicher können Endverbraucher also Arbitrage-Vorteile nutzen, indem sie den Strom preiswert in der Nacht kaufen, einlagern und am Tag nutzen. Das funktioniert unabhängig davon, ob sie eine Solaranlage haben oder nicht. In Frankreich entwickelt sich auch langsam eine Nachfrage, vor allem in den Übersee-Departements und den Inseln wie La Reunion, Martinique oder Guadeloupe. Dort sind die Stromnetze sehr instabil, deshalb fragen die Kunden verstärkt nach Backup-Lösungen mit Speichern.
Welche europäischen Märkte haben das Potenzial, demnächst nennenswerte Speichermengen nachzufragen?
Das werden wir sehen, erst einmal müssen wir die drei genannten Kernmärkte gut versorgen. Um einen Markt richtig einzuschätzen, müssen wir immer die Sicht der Endkunden verstehen. Zudem werden die Speicher immer günstiger. Ich bin mir sicher, dass die sinkenden Preise in den einzelnen Ländern bestimmte Schwellen unterschreiten, ab denen ein Markt interessant wird.
Wie schätzen Sie die Konkurrenz im europäischen Speichermarkt ein?
Bis vor Kurzem hatten wir einen sehr kleinteiligen Markt mit relativ vielen Anbietern. Auf der Intersolar war jedoch bereits zu erkennen, dass eine Bereinigung stattfindet. Jetzt wächst der Markt, doch die Zahl der Anbieter sinkt. Sony hat seine Speicheraktivitäten an ein japanisches Unternehmen verkauft, Samsung war in München überhaupt nicht vertreten.
Wird die Speicherzelle zum strategischen Asset im Speichermarkt? In der Photovoltaik kennen wir das bereits: Nur wer die besten Solarzellen einbaut, kann im Markt die besten Module anbieten.
Klar, die anderen Systemintegratoren brauchen eine ähnlich gute Zelle wie wir mit unserer JH3. Also wird es immer schwieriger, gegen unsere Speicher anzutreten. Die Zelle ist die strategische Komponente im Speichermarkt. Deshalb bleiben wir auch bei der Hardware des Stromspeichers. Wir bieten für unsere Resu-Produkte keine Regelenergie oder Cloud-Lösungen an, wie einige Wettbewerber, sondern kooperieren mit Firmen, die solche Ansätze verfolgen.
Sie erwähnten die französischen Überseegebiete. Wie bewerten Sie die Märkte außerhalb Europas?
Wir sehen vor allem Japan, die USA und Australien als wichtige Märkte an. In Japan läuft das Geschäft wohl ähnlich wie bei uns in Deutschland. In Australien lohnt es sich aufgrund der Strompreise und der Tarifstruktur tatsächlich, Stromspeicher zu nutzen. Allerdings leben in Australien nicht so viele Menschen, dieser Markt dürfte relativ schnell gesättigt sein.
Und die Vereinigten Staaten?
Die USA bestehen aus vielen Einzelmärkten wie bei uns in Europa. Was die Heimspeicher angeht, ist Hawaii sehr aussichtsreich. Dort sind die Stromkosten noch höher als bei uns, zudem liefert die Photovoltaik mehr Strom als bei uns, aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung. Dort geht es also um die Erhöhung des Eigenverbrauchs. In Kalifornien spielen Backup-Systeme eine wichtige Rolle. Viele Anbieter wie Solar City bieten beispielsweise Leasing-Modelle an, die aber eher schleppend laufen.
Welche Roadmap haben Sie für die technische Weiterentwicklung der JH3-Zellen und der Speicher?
Wir arbeiten bereits an der nächsten Generation. Die Zelle ist unser Kernprodukt, da profitieren wir von den Entwicklungen in der Automobilindustrie. Unser Team für die Heimspeicher ist quasi so etwas wie der kleine Bruder des großen Automobil-Teams, das die Zellen für die Autohersteller fortwährend entwickelt.
Wann kann man die nächste Zellengeneration erwarten?
Unsere Entwicklungsabteilung arbeitet kontinuierlich an der technologischen Verbesserung unserer Speicher. Daraus resultiert, dass es alle zwei bis drei Jahre neue Zellen gibt. Die neue JH4 wird wieder einen deutlichen Sprung in der Energiedichte machen. Ob es eine Verdopplung wird wie beim Sprung von der JH2 auf die JH3, vermag ich im Augenblick noch nicht zu sagen.
Wie wird sich das auf die Speicherkosten auswirken?
Natürlich wirken sich bessere Effizienz und höhere Energiedichte kostensenkend aus. Ein zweiter Faktor ist die Produktionsstärke, um die Stückkosten für die Zellen und die Speicher zu senken. Wir rechnen damit, dass die Speicherpreise in den kommenden Jahren kontinuierlich sinken werden. Unsere aktuelle Preisliste gilt zunächst bis zur kommenden Intersolar.
Welche Rolle wird die IT-Sicherheit der Stromspeicher beispielsweise gegen Angriffe von Hackern in der Technik spielen?
Für uns ist das bereits heute ein ganz wichtiges Thema. Unsere 48-Volt-Version ist nicht mit dem Internet verbunden. Die Updates laufen über eine SD-Karte, die der Installateur in den Speicher einschiebt, um die neue Firmware zu installieren. Bei den Hochvoltspeichern erfolgt das Update über den Wechselrichter, der mit dem Internet verbunden ist. Eine spezielle Firewall oder Ähnliches haben wir für unser Batteriemanagement nicht vorgesehen. Das erscheint uns auch nicht notwendig, da unsere Speicher lediglich Daten zum Betriebszustand an den Batteriewechselrichter senden. Die eigentliche Batteriesteuerung, also die Intelligenz, liegt im Wechselrichter. Das kann der neue Sunny Boy Storage 2.5 von SMA sein, der speziell für Hochvoltbatterien entwickelt wurde. Unsere Resu-Speicher sind auch für die Leistungselektronik von Solaredge qualifiziert. Ab 2017 soll der Resu-Speicher obendrein mit dem Symo Hybrid von Fronius funktionieren.
Wie erfolgt die Steuerung bei den Niedervoltspeichern?
Dafür haben wir eine offizielle Liste der Batteriewechselrichter, die mit unserem System kompatibel sind. Das sind natürlich der Sunny Island von SMA, aber auch Geräte von Sungrow, Solax, Goodwe, Ingeteam, Victron oder Schneider. Wir schauen uns die Zielmärkte an und entscheiden dann, welche Anbieter von Wechselrichtern unsere Partner sein können. Denn der Wechselrichter entscheidet auch ganz wesentlich über das Verhalten unserer Speicher bei Teillast, weil er die Batterie faktisch steuert.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Sonnen
MIT kürt Batteriepionier unter die 50 innovativsten Firmen
Einmal im Jahr kürt das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) die innovativsten Unternehmen der Welt. Die Liste der „50 Smartest Companies 2016“ in der MIT Technology Review umfasst 50 Unternehmen, die für ihre Innovationskraft und neuartigen Geschäftsmodelle bekannt sind.
Unter ihnen befindet sich das Who’s Who des Silicon Valley von Google bis Tesla über Amazon und Facebook. Die Sonnen GmbH aus Wildpoldsried schaffte es in diesem Jahr zum ersten Mal auf diese Liste und wurde auf Platz 28 gewählt. Damit ist Sonnen neben Bosch das einzige deutsche Unternehmen in diesem Kreis. „Das MIT hat Sonnen vor Unternehmen wie IBM oder Bosch eingeordnet und würdigt damit unsere Innovationskraft“, sagt Philipp Schröder, Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing der Sonnen GmbH. Erst kürzlich war der amerikanische Technologiekonzern General Electric (GE) bei Sonnen eingestiegen.
Sonnen wurde für seine Sonnenbatterie und die Sonnen Community ausgewählt, in der die Mitglieder ihren selbst erzeugten Strom nicht nur speichern, sondern auch teilen können. „Die clevere Batterie, die dank einer intelligenten Software Energie managen und speichern kann, wandelt den deutschen Energiemarkt grundlegend“, nennt die MIT Technology Review als Begründung.
Die Sonnen GmbH verbindet Sonnenstrom mit Energiespeicherung und neuen Angeboten. Erst vor wenigen Tagen hatte Sonnen die Sonnen Flat eingeführt. Die Mitglieder der Sonnen Community stellen dabei einen kleinen Teil ihrer Sonnenbatterie für den Regelenergiemarkt zur Verfügung. Im Gegenzug erhält der Kunde kostenfreien Strom. Auch die Mehrwertsteuer und Netzentgelte übernimmt Sonnen. Die Zahl der kostenfreien Kilowattstunden hängt von der Größe des Solargenerators und der Batterie ab.
Heraeus Porocarb
Neuer Katalysator holt 20 Prozent mehr aus der Batterie
Durch die Zugabe eines nanostrukturierten Kohlepulvers lässt sich die Energiedichte von Lithiumbatterien für Elektrofahrzeuge um ein Fünftel steigen. Der Technologiekonzern Heraeus hat entsprechende Tests durchgeführt und die Ergebnisse nun vorgestellt.
Das Pulver besteht aus Kohlenstoff und wird bei Heraeus unter dem Produktnamen Porocarb S-CAP geführt. Es wirkt bei allen gängigen Batterietypen als katalytisches Additiv, egal ob Lithiumbatterien, Blei-Säure-Zellen oder Superkondensatoren, die kurzzeitig sehr hohe Ströme anbieten können. Die Forschungen liefen im Start-up Battery von Heraeus.
Porocarb umfasst eine neue Produktfamilie aus leitfähigen, porösen Kohlenstoffpulvern für elektrochemische Anwendungen, unter anderem in Batterien. Die Kohlenstoffpartikel verfügen über offene und miteinander verbundene Poren zwischen zehn und 1.000 Nanometern und mit einem Porenvolumen von bis zu 2,5 Kubikzentimetern pro Gramm. Dadurch verbessern sie die Reaktionsbedingungen in der Batteriezelle. Die Folge: Leistung und Lebensdauer der Batterien steigen.