Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation erforscht die intelligente Zusammenschaltung von Stromerzeugung und Verbrauch in einem Mininetz. Viele dieser Mininetze sollen am Ende ein Smart Grid ergeben.
Die Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) haben an ihrem Standort in Stuttgart ein eigenes intelligentes Netz aufgebaut. Anhand dieses institutseigenen Micro Smart Grids untersuchen sie, wie Energieerzeuger, Speicher und Verbraucher mittels einer selbst entwickelten Steuerungssoftware effizient aufeinander abgestimmt werden können. Zudem können sie in diesem kleinen Netz innovative Technologien erproben.
Konkret haben die Stuttgarter im Institutsparkhaus 30 Ladestationen für Elektrofahrzeuge, eine schnelle Gleichstromladestation mit einer Ladeleistung von 150 Kilowatt pro Fahrzeug, einen Lithiumionen-Speicher sowie Europas erstem LOHC-Wasserstoffspeicher aufgebaut. Der komplette Strom für die Ladestationen und die Speicher kommt aus einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Parkhauses.
Mehrere Mininetze ergeben ein komplettes Smart Grid
Mit diesen Anlagen kann das Forscherteam ein zukünftig notwendiges intelligentes Energiemanagementsystem anhand des lokalen Szenarios durchspielen und testen. Dieses stimmt die Erzeuger und Verbraucher optimal aufeinander ab. Um die Tests so real wie möglich zu gestalten, werden alle Komponenten unter wissenschaftlicher Begleitung im realen Alltagsbetrieb genutzt. „Herzstück unseres Micro Smart Grid ist die selbst entwickelte Steuerung“, erklärt Projektleiter Florian Klausmann. „Über dieses Energiemanagementsystem können wir alle Energieerzeuger, -speicher und -verbraucher hinsichtlich verschiedener Optimierungsziele ansteuern und überwachen.“ Die Idee, die dahinter steckt ist, aus mehreren solcher Micro Smart Grids ein größeres intelligentes Netz aufzubauen und zu betreiben.
Betreibermodelle entwickelt
Die gewonnen Daten aus dem realen Betrieb der Anlagen können die Forscher nutzen, um praxisnah verschiedene Anwendungsszenarien zu testen und über Simulationsschnittstellen zukünftig mögliche Betreibermodelle untersuchen. Diese können unter anderem auf dynamischen Strompreisen oder einer prognosebasierten Anlagenführung beruhen. „Unternehmen oder Kommunen profitieren von höherer Versorgungssicherheit und können Lastspitzen ausgleichen“, beschreibt Institutsleiter Wilhelm Bauer die Vorteile. „Für Energieversorger können Micro Smart Grids einen Beitrag zur Netzstabilität leisten oder sogar eine Alternative zum Netzausbau darstellen.“
Innovativer Wasserstoffspeicher im realen Betrieb getestet
Ein zweiter zentraler Baustein des Gesamtsystems ist der LOHC-Wasserstoffspeicher. Die Abkürzung steh für Liquid Organic Hydrogen Carrier. Das Prinzip beruht darauf, dass Wasserstoff nicht als Gas, sondern molekular in einem Tägeröl gebunden wird und mittels einer Brennstoffzelle wieder verstromt werden kann. Die Speicherung im Trägeröl erspart den sonst notwendigen Druckspeicher oder die Kühlanlage für einen Flüssigwasserstofftank. Das Trägeröl ist in der Lage, Wasserstoff mit einer Energiemenge von 2.000 Kilowattstunden zu speichern. Im System der Stuttgarter stellt er den Langzeitspeicher dar, der in einem wirtschaftlich betriebenen intelligenten Mininetz die Abregelung der Ökostromanlagen verhindern soll. „Das Micro Smart Grid ist auch ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zu einer emissionsfreien, vernetzten und elektrischen Mobilität“, betont Bauer. „Durch unsere Forschung helfen wir Unternehmen und Kommunen dabei, diese zukünftigen Mobilitätsformen in die Fuhrparks und das zugehörige Energiesystem zu integrieren.“ (su)