Welche Motivation treibt Sie persönlich an, in der Solarwirtschaft tätig zu sein?
Detlef Neuhaus: Zunächst ist es das Thema: Wir als Solarwatt können die Welt zwar nicht retten. Aber wir können ein Leuchtturm sein im Kampf gegen den Klimawandel, mit unserer Technologie der Photovoltaik, der Stromspeicher und der ganzen Sektorenkopplung. Mit unseren Möglichkeiten, die solare Energiewende nach vorn zu bringen.
Wie sehen Sie als CEO von Solarwatt die Zukunft?
Natürlich treibt mich auch die Verantwortung für das Unternehmen, mit dem ich über etliche Jahre durch ein tiefes Tal gegangen bin. Ich musste 300 Mitarbeiter entlassen, bis wir mit knapp 130 Mitarbeitern langsam aus der Talsohle kamen. Nach dieser extrem schweren Zeit geht es wieder bergauf, deutlich bergauf. Wir haben derzeit rund 460 Mitarbeiter in unserer Firmengruppe, 2021 werden es vermutlich 600 Mitarbeiter sein.
Sind Investitionen in die Solarbranche ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft?
So sehe ich das nicht. Ich spüre nicht nur meine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, sondern auch gegenüber den Gesellschaftern von Solarwatt. Diese Verantwortung nehme ich persönlich wahr. Unser Ziel ist ein florierendes Unternehmen.
Wo sehen Sie die Energiewende in Deutschland?
Wenn es nach mir geht, wird es in zehn Jahren kein Dach mehr ohne Solaranlage geben. Das ist so spannend und interessant, weil Photovoltaik die Stromkosten deutlich senkt, für private Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen. Photovoltaik ist sinnhaft und wirtschaftlich – trotz der Hürden und Widerstände aus der Politik.
Wo sehen Sie die stärksten Hürden?
Die Wirtschaftlichkeit könnte noch besser sein, wenn sie nicht durch die EEG-Umlage oder andere bürokratische Vorschriften belastet würde. Sonnenstrom ist schon mit dem Strom aus abgeschriebenen Kohlekraftwerken konkurrenzfähig. Aber die Politik sagt nicht einstimmig: Wir wollen das! Da werden teilweise scheinheilige Argumente vorgetragen, um die Energiewende auszubremsen: Strom muss bezahlbar bleiben! Als ob die erneuerbaren Energien den Strompreis treiben. In Wahrheit senken sie ihn, und zwar nachhaltig.
Wie hat Solarwatt die Coronakrise durchgestanden?
Wir hatten uns zum Ende des vorigen Jahres sehr ambitionierte Ziele gesetzt, bis zu 25 Prozent Wachstum. Da war von Corona noch keine Rede. Jetzt sehen wir, dass wir unsere Ziele teilweise deutlich übererfüllen. 2019 haben wir rund 90 Millionen Euro Umsatz gemacht. Das Ziel für 2020 lag etwa bei 110 Millionen Euro. Wir werden aber wahrscheinlich bis Jahresende die Marke von 120 Millionen Euro knacken. Damit können wir absolut zufrieden sein.
Wie bereiten Sie sich auf das Wachstum der kommenden Jahre vor?
Wir haben – trotz Corona – in diesem Jahr mehr als 70 Mitarbeiter neu eingestellt. Die Solarwatt-Gruppe hat nun 460 Mitarbeiter, bis Ende 2020 werden wir über 500 Personen sein. In den schwierigsten Zeiten der Krise waren es gerade 130. Unser Vorteil ist, dass die jungen Leute nach sinnvollen Zukunftsbranchen suchen, sie wollen zu Unternehmen wie Solarwatt. Da haben wir eine Poleposition, was Nachwuchskräfte angeht.
Wie bewerten Sie den Vorschlag zum EEG 2021 von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier?
Wir investieren im dreistelligen Millionenbereich. Da kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, warum der Minister neue Bremsen vorschlägt, neue Hürden für die Photovoltaik plant. Wir brauchen weniger Bremsen und mehr Wachstum, keine halbherzigen Gesetze, die uns nur behindern. Wir wollen weg von der Förderung, also muss es einfacher werden.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Die Eigenverbrauchsbesteuerung für Anlagen zwischen zehn und 30 Kilowatt ist nicht nur widersinnig, sondern verstößt wahrscheinlich auch gegen europäisches Recht. Auch die Pflicht zur Ausschreibung von Dachanlagen von derzeit 750 Kilowatt auf 500 Kilowatt oder in einigen Jahren auf nur noch 100 Kilowatt zu senken, ist völlig widersinnig. Unternehmen, die ihre Energiekosten mit Eigenstromversorgung senken und sich für den harten internationalen Wettbewerb fit machen wollen, werden ausgebremst. Das ist hanebüchen!
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.