Vielerorts wird versucht, den Endenergiebedarf von Gebäuden so weit wie möglich zu reduzieren. Das Ziel ist es, den Standard eines KfW-55-Effizienzhauses zu erreichen. Im oberfränkischen Gundelsheim wurde dieses Ziel mehr als erreicht: Mit 4,9 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr tendiert der Endenergiebedarf von zwei Doppelhaushälften stark gegen null – obwohl das Gebäude ausschließlich mit Strom beheizt wird. Zum Vergleich: Selbst ein Passivhaus benötigt im Jahr zwischen 15 und 25 Kilowattstunden pro Quadratmeter.
Möglich wird dies durch ein photothermisches Heizsystem, das die Firma Ebitsch aus Zapfendorf bei Bamberg entwickelt hat. Es nutzt den Strom aus einer 92 Quadratmeter großen Solaranlage, um Heizwärme im Winter oder sommerliche Kühlung zu bieten. Über das gesamte Jahr wird frisches Warmwasser bereitet. Die Photovoltaikanlage leistet 14 Kilowatt. Sie besteht aus monokristallinen Solarmodulen von IBC.
Herzstück der Anlage ist der 2Max Saisonwärmespeicher. Mit einem Speichervolumen von 44.000 Litern und hervorragenden Dämmwerten kann er die Sonnenenergie für den Winter vorhalten. Ein intelligentes Wärmemanagement mit patentiertem Multifunktionsventil sorgt dafür, dass die Wärme optimal genutzt wird.
Im Erdreich verbaut
Das erfolgt entweder als Wärmequelle für den photothermischen Converter (drei bis zwölf Kilowatt) oder als Wärmelieferant, um zum Beispiel die Fußbodenheizung zu versorgen oder über einen Plattenwärmetauscher das warme Trinkwasser zu bereiten.
Der wesentliche Vorteil des Systems ist, dass der Saisonspeicher vertikal, im Erdreich liegend verbaut wird und trotzdem als vollwertiger Schichtspeicher funktioniert. Er verfügt über zwei thermisch getrennte Kammern und ein intelligentes Rohrsystem, das die Kammern verbindet. Die Hochtemperaturkammer speichert heißes Wasser, das zur Brauchwassererwärmung dient. In einer weiteren Kammer ist der Speicher kühler, beispielsweise um die Heizkreise direkt zu beschicken.
Früher kamen bei solchen Anwendungen solarthermische Kollektoren zum Einsatz. Nach umfangreichen Vergleichsmessungen kam Ebitsch jedoch zu dem Schluss, dass Photovoltaikmodule vor allem im Winter mehr Energie zur Verfügung stellen als solegeführte Kollektoren.
Thermische Kollektoren ungeeignet
Im Sommer hingegen besteht die Gefahr, dass die solarthermischen Kollektoren überhitzen, wenn der Speicher voll beladen ist. Aus dieser Erkenntnis wurde die Idee geboren: Wie wäre es, wenn man den Solarstrom in Wärme wandelt? Wenn der Speicher voll beladen ist, lassen sich weitere Überschüsse im Haus verwenden, um Stromverbraucher zu versorgen. Denkbar ist auch, überschüssige Energie ins Stromnetz zu speisen.
Dieses Konzept wurde in Gundelsheim realisiert. Die Doppelhaushälften werden ausschließlich mit Sonnenstrom beheizt. Das erfolgt durch einen Converter, der den Strom in Wärme wandelt. Technisch gesehen handelt es sich dabei um eine modulierende Wasser-Wasser-Wärmepumpe, die bereits mit geringer Leistungsaufnahme ab 600 Watt betrieben wird. Zum System gehört ein Luftwärmetauscher für die Außenaufstellung. So ist das Gerät in der Lage, kleinste Erträge aus der Photovoltaikanlage zu nutzen.
Strom plus Außenluft
Dank der intelligenten Steuerung und des immensen Speichervolumens wird der Sonnenstrom optimal ausgenutzt: An warmen Tagen nutzt der Converter den reichlich vorhandenen Strom und die Wärme in der Außenluft, um den Speicher aufzuladen.
Der ebenfalls mit Solarstrom betriebene Luftwärmetauscher erwärmt Wasser, das abhängig von der Außentemperatur und dem Angebot an Sonnenstrom entweder direkt in den Speicher eingeschichtet oder als Wärmequelle für die Wasser-Wasser-Wärmepumpe verwendet wird.
Selbst an sonnigen Januartagen mit eisigen Temperaturen arbeitet der Photothermie-Converter gewinnbringend. Dann heizt der Solarstrom die Hochtemperaturkammer des Speichers auf.
Die Wasser-Wasser-Wärmepumpe des Converters nutzt den Solarstrom als Antriebsenergie und die kühleren Schichten des 2Max-Saisonspeichers als Wärmequelle. Dies führt langfristig zur Auskühlung dieser Speicherschichten, was sie wiederum aufnahmefähig für kleinste Wärmeerträge macht.
An Tagen, an denen weder Solarerträge aus der Dachanlage noch Wärmeerträge aus dem Luftwärmetauscher zu erwarten sind, greift das Heizsystem auf die gespeicherte Wärme im Großspeicher 2Max zurück.
Speicher vertikal geschichtet
Um längere Kälteperioden zu überbrücken, ist natürlich ein großvolumiger Speicher notwendig. In Gundelsheim stellen 44.000 Liter Speichervolumen die Energie bereit, um beide Hälften des Doppelhauses ganzjährig zu versorgen. Während andere Großspeicher im Haus untergebracht werden und teuren umbauten Raum belegen, wurde der horizontal liegende 2Max aus glasfaserverstärktem Kunststoff unter der Südterrasse im Erdreich installiert.
Über den sogenannten Technikdom werden alle notwendigen Leitungen in den Haustechnikraum geführt. Zudem beherbergt der Technikdom eine Frischwasserstation, die im Durchlauferhitzerprinzip für hygienische Warmwasserbereitung sorgt.
Kompakte Haustechnik
Auch der Platzbedarf für die übrige Haustechnik hält sich in Grenzen. Der photothermische Converter benötigt einen halben Quadratmeter Stellfläche. Die Steuerungselektronik für das Heizsystem und die Photovoltaikanlage sowie der Wechselrichter finden problemlos an der Wand Platz. „Wir wollten ein Haus bauen, das zu fast 100 Prozent solar beheizt wird“, erzählt Bauherr Werner Deinlein. Als Energieberater rechnete er das Konzept bis ins Detail durch. Er und sein Bruder Günther Deinlein, ebenfalls Bauingenieur und Bauherr, fragten sich, ob ein Objekt mit einem solch aufwendigen Heizsystem am Ende verkäuflich sein würde.
Denn das großzügige Haus mit zweimal 158 Quadratmetern Wohnfläche (jeweils fünf Zimmer) war nicht für die Eigennutzung gedacht. Käufer müssen noch gefunden werden. „Wir haben das selbstverständlich durchgerechnet“, berichtet Günther Deinlein. „Natürlich ist der Anschaffungspreis um einiges höher als bei einem vergleichbaren Doppelhaus, das mit zwei billigen Gasthermen beheizt wird.“
Wenn man jedoch die eingesparten Kosten für Gas oder Öl mit den Krediten und Zinsen gegenrechnet, fallen diese Mehrkosten eigentlich nicht mehr ins Gewicht.
Höhere Wertschöpfung
Die beiden Bauherren gehen davon aus, dass die Käufer des Gundelsheimer Doppelhauses innerhalb von 20 Jahren deutlich weniger für Wohnenergie ausgeben müssen als bei einer konventionell beheizten Immobilie.
Zudem bietet das Photothermiesystem einen erheblichen Komfortgewinn. Denn das System kann nicht nur heizen, sondern auch kühlen. Dabei wird der Boden über die Fußbodenheizung sanft abgekühlt. Die Kühlfunktion nutzt gleichfalls Solarstrom. Im Laufe des Sommers wird der Speicher mit der Hitze aufgeladen, die aus den Räumen abtransportiert wird.
Das in Gundelsheim installierte System bringt die Vorteile bewährter Komponenten zusammen, um Sonnenenergie optimal zu nutzen. So trägt die Photovoltaikanlage selbst bei diffusen Lichtverhältnissen an trüben Wintertagen dazu bei, den Speicher zu beladen.
Solarkollektoren müssen passen
Solarthermiekollektoren müssen bei solchen Wetterverhältnissen oftmals passen. Wird im Sommer dagegen keine Energie für die Heizung benötigt, lässt sich der produzierte Strom anderweitig nutzen. Denn Strom lässt sich auf einfache Weise in Wärme verwandeln, aber nicht umgekehrt.
Mit Photovoltaik erreicht das System eine wesentlich höhere Wertschöpfung pro Quadratmeter Dachfläche als die Solarthermie. In Kombination mit dem Photothermie-Converter und dem 2Max-Saisonspeicher mit seinem Wärmemanagement ergibt sich ein Heizsystem, das nicht nur zu 100 Prozent solar heizt, sondern mit Kühlfunktion und Frischwassertherme auch hohen Komfort bietet. Zudem ist das System nahezu wartungsfrei.
Der Autor
Horst Ebitsch
ist Geschäftsführer von Ebitsch Energietechnik aus Zapfendorf in Oberfranken. Das Unternehmen wurde für seine Innovationen mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Erfinderpreis des oberfränkischen Handwerks und mit dem oberfränkischen Innovationspreis. 2011 erhielt es den Bayerischen Staatspreis.