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Eiskalt versorgt

Wie die Photovoltaik in die Heiztechnik vorstößt, so eröffnet sie sich aufgrund der fallenden Systempreise neue Märkte in der Kühlung von Gebäuden. Deshalb gilt Photovoltaik als erste Wahl, um Klimaanlagen und Kältemaschinen anzutreiben. Gerade in den heißen Ländern steigt der Strombedarf in den Mittagsstunden stark an, weil die Klimageräte unter Volllast laufen. Die Folge sind sehr hohe Mittagsstrompreise. Auch in Deutschland steigt der Spotpreis an der Leipziger Strombörse im Verlauf des Vormittags, um am späten Nachmittag wieder abzufallen. Rund 15 Prozent des deutschen Stromverbrauchs fließen in Kältesysteme. Das entspricht mehr als 80.000 Gigawattstunden im Jahr und macht mehr als sechs Prozent des Bedarfs an Primärenergie aus.

Weltweit steigt der Kältebedarf. Allein zwischen 2001 und 2006 verdoppelte sich die installierte Klimatisierungsleistung von 130 Gigawatt auf etwa 260 Gigawatt. Das entsprach einer Zunahme von jährlich 15 Prozent. Dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. Denn generell nimmt der Strombedarf der großen Schwellenländer des Südens zu, beispielsweise in China, Indien, Thailand, den Philippinen oder Brasilien. Diese Länder werden zunehmend industrialisiert, dadurch steigt auch ihr Bedarf an Prozesskälte. Deshalb haben sie mit stark steigenden Strompreisen zu kämpfen, zudem sind die Netze chronisch überlastet. Eine entscheidende Aufgabe ist die Kühlung von Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten, die in den Tropen viel schneller verderben als im kühlen Norden. Auch der steigende Lebensstandard erfordert deutlich mehr Energie für Kühlung und Kälte in Wohngebäuden, Restaurants, Kliniken und Verwaltungsgebäuden.

Mehr Glas, mehr Hitze

In den gemäßigten Breiten werden die Gebäude zunehmend leicht und transparent gebaut, mit großzügigen Glasflächen. Solche Gebäude brauchen eine Sommerkühlung, wie sie im Winter eine effiziente Heizung benötigen. Und nicht zuletzt nimmt die Technik in den Gebäuden zu. Computer, Drucker, Kommunikationstechnik und Unterhaltungselektronik erzeugen Abwärme, die aus den Gebäuden geführt werden muss. In Deutschland wird die Gebäudeklimatisierung zu rund 90 Prozent durch elektrische Energie geleistet.

Für alle Regionen der Erde gleichermaßen wirkt sich die globale Klimaerwärmung aus. Dadurch verschiebt sich der Energiebedarf von der Heizwärme hin zur Kühlung. Moderne Wärmepumpen nutzen die Abwärme von Kälteaggregaten, um Heizwärme für andere Räume zu erzeugen oder Warmwasser zu gewinnen.

Kühlung mit Kompressoren

Von Klimatisierung oder Kältetechnik spricht man, wenn die Lufttemperatur im Gebäude oder in einem Raum abgesenkt wird, etwa in den heißen Sommermonaten. Naturgemäß werden die meisten Raumklimageräte im Süden verkauft. In Spanien und Italien liegt der jährliche Markt bei weit mehr als 600.000 Geräten, in Frankreich bei einer Viertelmillion und in Großbritannien bei rund 200.000. In Deutschland werden im Jahr rund 100.000 Geräte gehandelt.

In Kompressionsmaschinen (Chiller) läuft ein elektrisch angetriebener Verdichter, der ein verdampftes Kältemittel ansaugt und komprimiert. Im nachgeschalteten Verflüssiger gibt der Kältemitteldampf seine Wärme über einen Wärmetauscher ab und kondensiert. Das Fluidum wird zum Entspannungsventil geleitet, wo das Kältemittel teilweise wieder verdampft. Im Verdampfer nimmt es die Wärme des zu kühlenden Raums auf, der dadurch gekühlt wird. So beginnt der Kreislauf von vorn. Das Prinzip entspricht dem umgekehrten Prozess einer Wärmepumpe, weshalb man Wärmepumpen auch zum Kühlen einsetzen kann, wenn man ihre Betriebsweise umkehrt. Durch einen Verdichter wird die angesaugte Luft nicht nur abgekühlt, sondern auch entfeuchtet (Kondensat). Wie bei den Wärmepumpen halten auch in der Kältetechnik zunehmend Scroll-Verdichter Einzug. 95 Prozent aller Raumklimageräte in Deutschland sind dem gewerblichen Sektor zugeordnet. Zur Kühlung von Lebensmitteln werden sehr oft Kolbenverdichter verwendet.

120 Millionen Kältemaschinen

Sie mit Solarstrom zu betreiben, liegt – wie bei den Wärmepumpen – auf der Hand. Allein in Deutschland laufen derzeit über 120 Millionen elektrische Kältemaschinen: vom kleinen Hauskühlschrank und der Eisbox bis hin zu den Vitrinen der Supermärkte und den Tiefkühlaggregaten der Industrie. Jährlich emittieren sie aufgrund ihres enormen Strombedarfs rund 70 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Mit Solarstrom könnte man die Emissionen auf null senken. Große Bürogebäude oder Lagerhallen bieten ausreichend Fläche, um auch für leistungsstarke Kälteaggregate genug Solarstrom zu erzeugen. Um Ertragsspitzen während des Jahres auszugleichen, sind Stromspeicher notwendig, oder man nutzt das Netz als Speicher. Generell liegen die Spitzenkältelasten im Sommer, sodass Solargeneratoren einen guten Beitrag zum Klimatisierungsstrombedarf einer Gewerbeimmobilie beisteuern können. Es gibt bereits für Photovoltaik optimierte Geräte, die eine kleine Pufferbatterie integrieren und mit Gleichstrom laufen.

Vorschrift im Wärmegesetz

Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) schreibt nicht nur für die Heizwärme eines Neubaus oder eines „grundlegend renovierten öffentlichen Gebäudes“ bestimmte Nutzungspflichten für erneuerbare Energien vor. Auch bei der Deckung des Kälteenergiebedarfs müssen mindestens 15 Prozent des Energiebedarfs aus Solarenergie stammen. Ersatzweise ist Biogas oder andere Biomasse zugelassen. Die EnEV erlaubt es, Photovoltaik als erneuerbare Energie gleichrangig beispielsweise mit Solarthermie zu bewerten.

Bis zu 1.400 Volllaststunden

Konventionelle Klimaanlagen mit einer Leistung von fünf Kilowatt laufen in Deutschland im Jahr rund 1.200 bis 1.400 Volllaststunden. Im Durchschnittsbetrieb summiert sich ihr jährlicher Stromverbrauch auf bis zu 7.000 Kilowattstunden. Bei einem Strompreis von 24 Eurocent je Kilowattstunde berappt der Betreiber immerhin 1.680 Euro im Jahr. Mit Photovoltaik lassen sich Stromkosten von 10 bis 15 Eurocent erreichen. Nutzt man Solarstrom für die erwähnte Klimaanlage, liegt die Einsparung zwischen 420 und 630 Euro im Jahr. Bis zum Ende des Jahrzehnts werden die Systemkosten für Photovoltaik so weit sinken, dass Stromkosten von vier bis neun Eurocent je Kilowattstunde möglich sind. Fossil-nuklearer Strom verteuert sich derzeit jährlich um sechs Prozent.

Büros werden in Deutschland nur im Sommer gekühlt. Das entspricht 600 bis 800 Vollbenutzungsstunden. In Italien sind es 800 bis 1.500 Stunden. In Ländern wie Brasilien oder Australien läuft das Aggregat oft rund um die Uhr, weil die Temperaturen auch nachts kaum sinken.

Kühlcontainer mit Solardach

Weitere Anwendungen, die sich bereits den Markt erobern, sind solar gekühlte Wassertanks für netzferne Gegenden in den unterentwickelten Regionen der Erde. Auch Kühlcontainer für Arzneimittel, photovoltaische Eismaschinen und die Stromversorgung von Telekommunikationsanlagen – einschließlich der Kühlung der Leistungselektronik – werden in Containern mit Solarmodulen angeboten.

Um Solarstrom möglichst im Gebäude zu nutzen, kommen zunehmend Kühlschränke und Tiefkühltruhen auf den Markt, die speziell auf Solargeneratoren abgestimmt sind. Sie eignen sich besonders für saisonal genutzte Sommerhäuser, Bungalows, Datschas oder Almhütten. Meist handelt es sich um Gleichstromtechnik, wie die Kühltruhe PF 240 des Elektronikhersteller Steca aus Memmingen. Sie wird zum Kühlen und Gefrieren verwendet. Die Drehzahlregelung des Kompressors garantiert ein schnelles Kühlen. Die Truhe erfüllt die niedrigste Energieverbrauchsklasse. Die Kühl- und Gefriertruhe kann sogar zur Medikamentenkühlung im Krankenhaus und für mobile Anwendungen genutzt werden. Die Truhe wird aus einem Solarmodul mit 70 Watt Nennleistung versorgt.

Die Photovoltaik eignet sich für Kältestrom besonders gut, weil sie bewährte elektrische Systeme versorgt, wie alle anderen Verbraucher im Gebäude auch. Dadurch treten andere Systeme zur Kälteerzeugung in den Hintergrund, beispielsweise die solarthermische Kühltechnik. Thermische Sonnenkollektoren werden nie die niedrigen Kosten der Photovoltaik erreichen, denn sie brauchen viel mehr Material. Auch ist der Installationsaufwand (Verrohrung, Montagezeit, Arbeitsaufwand) viel höher als bei Photovoltaikgeneratoren. Hinzu kommt, dass sich Solarstrom beliebig ins Netz einspeisen oder für andere Anwendungen nutzen lässt. Bald dürften auch die Preise für Akkumulatoren sinken, das wird der Photovoltaik in die Hände spielen.

In der thermischen Kühltechnik unterscheidet man die Systeme vor allem nach der Art der Energieversorgung. Es gibt solarthermische Systeme mit Sonnenkollektoren als Wärmequelle, Kältemaschinen mit BHKW gekoppelt oder Systeme, die mit Fernwärme oder Prozessabwärme laufen. Man unterscheidet Absorptionskältemaschinen und Adsorptionstechnik.

Vergleich mit solarthermischer Kühlung

Bei Absorptionsmaschinen wirkt beispielsweise destilliertes Wasser als Kältemittel. Als Feststoffabsorber kommt Lithiumbromid zum Einsatz. Das Wasser wird in einem nahezu evakuierten Behälter auf eine Rohrschlange gesprüht und verdampft aufgrund des geringen Drucks im Vakuum schon bei wenigen Grad Celsius. Die erforderliche Verdampfungswärme wird dem Kaltwasserkreis der Maschine entzogen. Das Lithiumbromid bindet den Dampf des Kältemittels, dabei wird es flüssig. Um dieses Salz wiederum zu trocknen, braucht man Wärme. Die Lithiumbromid-Wasser-Maschinen werden als einstufige oder zweistufige Geräte gebaut oder mit Ammoniak als Absorber. Ammoniak und Wasser als Stoffpaar können Temperaturen unter null Grad erzielen, sodass Eis produziert und ein Eisspeicher verwendet werden kann.

Das zweite wichtige Verfahren in der solaren Kühlung ist die sogenannte Adsorption. Diese Technik eignet sich gut für kleine Leistungen. Wasser kommt als Kältemittel ebenso in Frage, manche Hersteller verwenden fluorierte Kohlenwasserstoffe. Als Adsorbens wird Silikagel verwendet. Es nimmt den Wasserdampf auf und wird durch die Solarwärme getrocknet, um erneut aufnahmefähig zu sein. Die Maschinen kann man beispielsweise in Kombination mit Kühldecken zur Kälteverteilung einsetzen. Der feine Unterschied zur Absorption: Es handelt sich um eine diskontinuierlich arbeitende Maschine, denn Adsorption mit Verdampfung und Desorption mit Kondensation finden nacheinander statt. Einige Hersteller nutzen spezielle Zeolithe als Adsorbens.

Unschlagbar niedrige Kosten

Im Unterschied zu klassischen Klimaanlagen arbeiten solare Kühlmaschinen nahezu lautlos und unsichtbar. Rechnet man den Lebensmittelsektor, Kaufhäuser oder Krankenhäuser hinzu, ist der Markt nahezu grenzenlos. Noch liegen die Kosten bei 900 bis 1.300 Euro je Kilowatt Kälteleistung. Nimmt man das Gesamtsystem dazu (inklusive Kollektoren, hydraulischen Anschlüssen, Pumpen und Kühlflächen), kommt man auf 4.000 bis 5.000 Euro. Zum Vergleich: Konventionelle Kälteanlagen wie luftgekühlte Kaltwassersätze oder Kältezentralen mit Rückkühlung kosten zwischen 500 und 1.000 Euro je Kilowatt.

Nach Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg spielen photovoltaische Systeme zunehmend ihre wirtschaftlichen Vorteile aus. Die Forscher verglichen verschiedene Varianten der solarthermischen Kühlung eines Hotels in Madrid mit elektrischer Kompressionstechnik, die durch Photovoltaikmodule versorgt wird. Die Photovoltaik sparte am meisten teure Primärenergie ein, bei den geringsten Investitionskosten. Zudem treibt der Solarstrom auch die Ventilatoren der Lüftungstechnik und die Fernseher der Hotelgäste. Eine generelle Überlegenheit der Photovoltaik lässt sich daraus jedoch nicht ableiten, denn jedes Gebäude hat spezifische Anforderungen, die gegebenenfalls durch Hybridmodule oder andere technische Lösungen erfüllt werden.

Vorschau

Kühllasten und Kältebedarf

Im Dezemberheft von photovoltaik wird unser Fachautor Frank Hartmann die Auslegung von technischen Anlagen zur Kühlung und zur Kälteversorgung erläutern. Damit schließen wir unsere Serie zum Eigenverbrauch von Solarstrom ab. Das Thema wird uns selbstredend auch im kommenden Jahr schwerpunktmäßig beschäftigen.

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