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Frischluft mit Sonnenkraft

N ur wenige Gebäude werden heute noch mit einem passiven Lüftungssystem ausgestattet, das ohne Ventilatoren auskommt. In der Regel brauchen energieeffiziente und luftdichte Gebäude eine vollautomatische Lufterneuerung. Nur dadurch wird der hygienisch erforderliche Luftwechsel sichergestellt. Auch lassen sich Feuchte und Abwärme aus der Abluft auf die Frischluft übertragen.

Luftwechsel und Komfort

Auch in der Raumlufttechnik wird zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden unterschieden. Bei den Nichtwohngebäuden gibt es sehr verschiedene Anforderungsprofile, besonders bei Bürogebäuden, Schulen und Kindertagesstätten. Für Fabriken und produzierende Gewerke gelten gesonderte Vorschriften.

Wohngebäude reichen vom Einfamilienhaus bis zum Mehrgeschosswohnungsbau. Dementsprechend ist die Raumlufttechnik in ihrer Luftwechselleistung und den Komforteinstellungen unterschiedlich ausgestattet.

Klassische Fensterlüftung stirbt aus

Die klassische Fensterlüftung ist heute aus vielerlei Gründen kaum noch sinnvoll. Das liegt zum einen an der Anwesenheit der Nutzer, zum anderen aber auch an den Anforderungsprofilen wie beispielsweise der Arbeitsstättenrichtlinie. Sie verlangt an den Arbeitsplätzen einen Luftwechsel von mindestens 40 Kubikmeter pro Stunde und Person.

Ein weiterer Aspekt ist der Schallschutz, insbesondere Lärmbelastungen aus der unmittelbaren Umgebung. Das gilt zum Beispiel für Schulen oder Verwaltungsgebäude, die sich in einer städtischen Infrastruktur befinden.

Zu den Lärmbelastungen kommen noch Umweltbelastungen durch Schadstoffe in der Luft (Feinstaub, Autoabgase). Durch spezifische Filterstrecken kann die angesaugte Außenluft gereinigt werden. Die Filtergüte reicht dabei von standardisierten Grobfiltern für den Geräteschutz über Feinstofffilter bis zu den medizinischen Filtern wie Pollenschutzfilter, Aktivkohlefilter oder Hepa-Filtereinsätzen für die Zuluft in Gebäuden. Allergiker wissen diesen Vorteil der Raumlufttechnik besonders zu schätzen.

Lüftungskonzepte für Gebäude

Für alle luftdichten Gebäudetypen ist ein Lüftungskonzept erforderlich. Es dient in erster Linie dem baulichen Feuchteschutz, um Schimmel zu vermeiden und die Baukonstruktion und den Menschen vor mikrobiellen Belastungen zu schützen. Des Weiteren spielen im Umfeld des wohngesunden Bauens und Modernisierens auch die physiologischen Anforderungen des Menschen eine bedeutende Rolle. Das Lüftungskonzept verfolgt stets das Ziel, dass der Luftwechsel vollautomatisch ohne Zutun des Nutzers (nutzerunabhängig) zu jeder Zeit gewährleistet wird.

Mehr als Feuchteschutz

Über den baulichen Feuchteschutz hinaus ist eben nicht nur der Feuchtegehalt der Luft ein maßgebendes Kriterium, sondern ebenso die Kohlenstoffdioxid-Konzentration in der Raumluft. Sie gilt als allgemeiner Parameter für die Raumluftqualität schlechthin. Auch VOC-gesteuerte Lüftungssysteme mit entsprechender Sensorik sind auf dem Markt erhältlich. Mit VOC bezeichnet man flüchtige organische Stoffe, die die Raumluft erheblich belasten können. Dementsprechend werden Lüftungskonzepte in einer bedarfsgeführten Funktion ausgelegt und den jeweiligen Anforderungen angepasst. Die Schwellenwerte hierfür sind:

  • Raumluftfeuchte: 35 bis 50 % relative Feuchte
  • Konzentration des Kohlendioxids: 600 bis 1.200 ppm (parts per million).

In der baubiologischen Haustechnik gelten strengere Schwellenwerte, da sie sich auf das Wohlergehen der Nutzer konzentriert. Das betrifft vor allem die Kohlendioxidkonzentration, die sich stets an der Hintergrundbelastung orientiert und im Wohnraum 800 ppm nicht überschreiten sollte. So werden die Raumluftqualitätssensoren programmiert.

Fensterlose Räume zwangsweise lüften

Unabhängig von den Lüftungskonzepten ist immer auch die Zwangslüftung von fensterlosen Feuchträumen wie Toiletten, Duschbädern oder Hauswirtschaftsräumen. Solche Raumkonstellationen ergeben sich sehr oft im Mehrgeschosswohnungsbau, aber auch in Bürotrakten. In diesen Fällen greift die baurechtlich eingeführte DIN 18017 Teil 3 „Lüftung von fensterlosen Feuchträumen“, die einen Mindestluftwechsel von 40 Kubikmeter pro Stunde fordert. Auf Basis dieser Bestimmungen kann ein baulicher Feuchteschutz für eine Wohneinheit bis maximal 90 Quadratmeter Nutzfläche (normale Nutzung) erreicht werden.

Vielfältige Produkte

Für diese Anwendungen bietet der Markt umfangreiche Kompakt-Abluft-Ventilatoren zum Einbau in den Wänden oder in der Decke. Sie erreichen eine Luftwechselleistung von über 80 Kubikmeter pro Stunde, mehr als die Grundlage für ein Lüftungskonzept nach DIN 1946 Teil 6. Im einfachsten Fall wird die Außenluft über dezentrale Außenluftdurchlässe (ALD) nachgeführt. Diese Ventilatoren werden allesamt mit einer Netzspannung von 230 Volt und 50 Hertz Netzfrequenz betrieben. Ihre Leistungsaufnahme liegt bei 8 bis 20 Watt.

Sollte die Zwangslüftung eines fensterlosen Feuchtraums nicht ausreichen oder den Anforderungen der Nutzer nicht entsprechen, ist ein umfassendes Lüftungskonzept zu erstellen. In der Regel kommen Zentralgeräte zum Einsatz, die nicht nur die belastete Abluft ins Freie leiten, sondern zugleich frische Außenluft ansaugen. Neben der Zu- und Abluftkanalführung ist eine gebäudeinterne Kanalführung für die Außenluft und die Fortluft notwendig. Also besitzt ein zentrales Lüftungsgerät zwei Ventilatoren: einen für die Abluft und einen für die Zuluft.

Vorgaben in den Normen

Die zentrale Norm für die Lüftung von Wohngebäuden ist die DIN 1946-6, welche die Auslegung und Planung, Installation, Inbetriebnahme und Instandhaltung regelt. Das Beiblatt 2 zeigt die systematische Struktur zur Erstellung eines Lüftungskonzepts. Hier gilt es, zwischen den Luftbereichen zu unterscheiden, wie in der Tabelle auf der folgenden Seite dargestellt ist.

Somit erfolgt in den Abluftbereichen eine Abluftkanalführung, welche sämtliche Ablufträume und die darin installierten Abluftventile erfasst. In den Zuluftbereichen ist es die Zuluftkanalführung, welche sämtliche Zuluftventile versorgt. Die Ventile ermöglichen eine genaue Einstellung des Volumenstroms in Kubikmeter pro Stunde. Die Summe der Abluftvolumenströme muss gleich der Summe der Zuluftvolumenströme sein. Die Normauslegung, welche in der Regel auch den hygienischen Luftwechsel abbildet, beträgt mindestens 30 Kubikmeter pro Stunde und Person.

Lüftungsanlagen für Nichtwohngebäude unterscheiden sich wesentlich in ihrer Größe, da sie viel größere Volumenströme transportieren müssen. Während in Wohngebäuden nahezu ein 24-stündiger Lüftungsbedarf aufgrund der Anwesenheit der Bewohner besteht, werden Nichtwohngebäude in der Regel nur tagsüber belüftet – wenn sich Menschen im Gebäude befinden. Die Normauslegung für Nichtwohngebäude beträgt – im Einklang mit der Arbeitsstätten-Richtlinie – mindestens 40 Kubikmeter pro Stunde und Person.

Elektrische Leistungen im System

Viele Ventilatoren sind in ihrer Bauart Gleichstromventilatoren, die mit einem Transformator ausgestattet sind. Hocheffiziente drehzahlgeführte Ventilatoren bestimmen dabei den Trend bei den Wohnungslüftungsanlagen bis hin zu größeren Systemen.

Stromverbrauch der Ventilatoren

Die wichtigsten elektrischen Verbraucher in der Raumlufttechnik sind zweifelsfrei die Ventilatoren bezüglich der elektrischen Leistungsaufnahme, die quasi konstant benötigt wird. Die Leistungsaufnahmen beginnen bei Einzelraum-Abluftventilatoren bei etwa 20 Watt. Bei kompakten Wohnungslüftungsanlagen reichen sie bis zu zweimal 250 Watt. Die Steuereinheiten bestehen aus einfachen Reglern mit Zeitschaltautomatik (Tag- und Wochenschaltung) und einer Drei-Stufen-Steuerung für den Ventilator. Die drei geläufigen Stufen sind: Grundlüftung, reduzierte Lüftung und Normlüftung. Die Auslegung der Lüftungsanlage erfolgt für die Normlüftung als maximale Lüftungsleistung. Bei niedrigerem Bedarf wird die Ventilatorleistung in Stufen reduziert.

Wichtig für den elektrischen Verbrauch – und damit die Speisung durch Photovoltaikmodule – sind optional installierte Widerstandsheizungen zur Vorerwärmung der Außenluft (Frostschutz). Die elektrische Widerstandsheizung ist entweder im Gerät integriert oder läuft extern als größere Leistungseinheit.

Dann kann sie durchaus mehr als 500 Watt aufnehmen. In größeren Anlagen kommen zudem Stellmotoren zum Einsatz, um zum Beispiel Drosselklappen oder Umschaltung in der Luftführung zu bewegen. Die Leistungsaufnahme von Stellmotoren beträgt nur wenige Watt. Auch sind sie nur temporär notwendig. Innerhalb des Betriebszyklus weisen sie die geringste Anzahl von Betriebsstunden auf. Solche Stellmotoren kommen auch bei Anlagen zur nächtlichen Durchlüftung von Schulen zum Einsatz.

Spannend wird die weitere technische Entwicklung sein. Denkbar ist, dass die Ventilatoren mit Akkumulatoren ausgestattet werden, die den Sonnenstrom für zwölf Stunden oder länger zwischenpuffern. Dann würde jeder Ventilator im Gebäude wie eine kleine Speicherbatterie fungieren und nahezu vollständig mit Sonnenstrom laufen. Das könnte sogar in den Wintermonaten gelingen. Vorausgesetzt, die Solaranlage ist schneefrei. Denkbar ist auch, dass elektrische Vorheizregister in der Lüftungsanlage ebenfalls mit eigenen Batterien ausgestattet werden, um Sonnenstrom zu puffern und bei Bedarf zu nutzen. Spinnt man diesen Gedanken weiter, offenbaren sich sehr schnell die ungeahnten Möglichkeiten in der elektrischen Kältetechnik, auf die wir näher im Oktoberheft dieser Fachzeitschrift eingehen werden. Denn der Sonnenstrom lässt sich relativ leicht in Kälte (oder Wärme) umwandeln. Kälte oder Kühlung auf solarthermische Weise zu erzeugen ist viel aufwendiger und komplizierter.

Ein Fazit

Die moderne Lüftungstechnik mit ihren effizienten Ventilatoren bietet einen idealen Ansatz für photovoltaische Off-Grid-Systeme, die durch selbsterzeugte elektrische Energie autark betrieben werden. Als Anhaltspunkt ist für eine vollständige Wohnungslüftungsanlage in einem Einfamilienhaus eine elektrische Leistungsaufnahme von 250 Watt zu veranschlagen.

Die Frage stellt sich, inwieweit dafür ein Wechselrichter notwendig ist. Die Gleichstromventilatoren lassen sich ebenso direkt über einen Laderegler in Kombination mit einem schmucken Akkumulator betreiben. Lastschwankungen können mit einer systemintegrierten Lüftungstechnik durchaus ausgeglichen werden, da für den baulichen Feuchteschutz lediglich die kleinste Lüftungsstufe benötigt wird.

Im nächsten Heft: Teil 5

Die Serie zum Eigenverbrauch

Teil 1: Elektrischer Strom im Wohnhaus: Juni 2013

Teil 2: Elektrischer Strom im Nichtwohngebäude: Juli 2013

Teil 3: Warmwasser durch Sonnenstrom: August 2013

Teil 4: Photovoltaik in der Lüftungstechnik: September 2013

Teil 5: Photovoltaik in der Wärmeversorgung: Oktober 2013

Teil 6: Photovoltaik in der Kühltechnik: November 2013

Abonnenten können die Beiträge nach Erscheinen im Abobereich der Website https://www.photovoltaik.eu/ lesen und downloaden.

Der Autor

Frank Hartmann

ist Gas-Wasser-Installateur und Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Nach langjähriger Erfahrung im Handwerk mit dem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien gründete er das Forum Wohnenergie für energieeffizientes Bauen und Modernisieren. Frank Hartmann ist Mitbegründer der Solarteur-Schule in Nürnberg.

hartmann@forum-wohnenergie.de