Es ist ein eindrucksvoller Bau, der sich von den benachbarten nüchternen Gewerbehallen im österreichischen Neuzeug deutlich abhebt. Nur fünf Kilometer weiter vom ursprünglichen Standort hat My-PV jüngst eine neue Dependance bezogen. Und doch ist es ein Quantensprung – nicht nur was die Ästhetik, sondern auch was die Technologie betrifft.
Der schlichte kubische Baukörper ist nach oben hin mit einem großen Pultdach abgeschlossen. Auf diesem Dach aus Falzblech sind 200 Solarmodule verlegt, die einen Teil der Energieversorgung übernehmen. Die Blechfalzklemmen hat der Anbieter des Daches gleich mitgeliefert. „Auf diese Weise gibt es keine Kompatibilitätsprobleme“, erklärt Markus Gundendorfer, Vertriebsleiter von My-PV. „Die Module selbst sind mit Klemmen von Aerocompact befestigt“, sagt er.
Optischer Höhepunkt des Gebäudes ist aber die Fassade. Dort ziehen sich Bänder aus schwarzen monokristallinen Modulen von der Traufe bis fast zum Boden über die gesamte Höhe des Gebäudes. Sie sind kombiniert mit einer Lärchenholzfassade, die sich mit den Solarmodulen abwechselt.
Diese schwarz-holzfarbene Struktur gibt dem Gebäude das eigentliche Gesicht. Sie zieht sich über die nach Osten und Westen ausgerichteten Seiten des Hauses weiter. Dort sind fünf Bereiche mit Modulen bestückt, die sich ebenfalls mit fünf Fenster-Lärchenholz-Streifen abwechseln. Der Rest der Ost- und Westfassade besteht komplett aus Lärchenholz.
Die linke Hälfte der Nordseite wird dominiert von einem großen und offen gestalteten Eingangsbereich, der mit seiner üppigen Verglasung die Besucher regelrecht zum Eintreten einlädt. Auf der rechten Seite findet sich das Pendant dazu. Hier befindet sich das große Tor, an dem Rohmaterialien angeliefert und die fertigen Produkte abgeholt werden. Säulen, bestehend aus Solarmodulen, flankieren jeweils die beiden Seiten des Eingangs- und des Lieferbereichs.
Solarstrom aus der Fassade und vom Dach
Die Module wurden in der Fassade in der gleichen Ebene wie die Lärchenholzelemente integriert. Die gesamte Gebäudehülle besteht aus einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade. Sowohl die Lärchenholzkonstruktion als auch die Module wurden mit einem Standardsystem montiert, das für die Fassade des Firmengebäudes ausreichte. „Wir brauchten für die Unterkonstruktion – genauso wie für die Module – keine separate Bauzulassung, da sich unter den Modulen keine Personen aufhalten können“, sagt Markus Gundendorfer. Tatsächlich ist das gesamte Gebäude komplett umzäunt und über dem Eingang auf der Nordseite, wo sich Personen aufhalten können, sind keine Module montiert.
Insgesamt sind auf dem etwa zehn Grad nach Süden geneigten Dach 200 Halbzellenmodule von IBC Solar montiert, die Strom für den Betrieb des Gebäudes liefern. Dazu kommt noch der Strom, den die Module liefern, die in die Fassade integriert sind.
Die Breite der Module gibt dabei das Rastermaß für die gesamte Fassade vor. Dadurch konnte My-PV schwarze Standardmodule in die Gebäudehülle integrieren, was durch die Abwechslung zwischen moderner und sichtbarer Modultechnologie und dem Lärchenholz als Naturmaterial einen gewissen Charme entwickelt. Und durch den Verzicht auf Sonderanfertigungen hatte der Bauherr kaum Zusatzkosten für die solare Aktivierung der Fassade.
Bauteile aktiviert
Den Strom nutzt My-PV zum größten Teil vor Ort, aber nicht nur für die Produktion der elektrischen Wärmesysteme, auf die sich My-PV spezialisiert hat. Sondern der Solarstrom fließt zu einem großen Teil auch in die Heizung und in die Warmwasserversorgung. Denn natürlich hat My-PV seine eigene Lösung für die Wärmebereitstellung auch im neuen Gebäude installiert.
Dies ist gleich prominent im Eingangsbereich des Firmengebäudes zu sehen. Dort steht ein großer Wärmespeicher mit 300 Liter Fassungsvermögen, der von einem AC Elwa-E gefüttert wird. Der Elektroheizstab nutzt den Wechselstrom, den die beiden großen Wechselrichter von Kostal in das Hausnetz einspeisen, direkt für die Erwärmung des Brauchwassers. Er nutzt schon kleinste Mengen an Solarstrom, die bei ihm ankommen, und erreicht eine elektrische Leistung von drei Kilowatt. Das reicht aus, um den gesamten Warmwasserbedarf im Gebäude zu decken.
Die Raumaufteilung ist entsprechend so gestaltet, dass das Warmwasser nur einen kurzen Weg bis zum Verbraucher zurücklegen muss. Denn sowohl die Küche als auch die Toiletten sind nur wenige Meter vom Wärmespeicher entfernt. „Nur in der Produktion, die im gegenüberliegenden Teil des Gebäudes untergebracht ist, haben wir einen elektrischen Durchlauferhitzer installiert. Damit mussten wir keine lange Wasserleitung durch das gesamte Haus legen“, erklärt Markus Gundendorfer. Der Durchlauferhitzer wird natürlich auch mit Solarstrom betrieben.
Für die Heizung hat sich My-PV komplett alle Wasserrohre gespart. Zum Beheizen des Gebäudes hat My-PV die Fußböden aktiviert und heizt ausschließlich elektrisch. So wurden im gesamten Erdgeschoss mit Aluminium ummantelte Leerrohre aus Plastik direkt in die Monoplatte verlegt. In diese Rohre wurden Widerstandsheizdrähte eingezogen. „Die Leerrohre brauchten wir, damit einerseits die Heizdrähte beim Gießen des Fußbodens nicht beschädigt werden“, sagt der Vertriebschef von My-PV. „Andererseits wird dadurch auch eine Revision möglich. Wenn ein Heizdraht defekt ist, fixieren wir einen neuen Draht an diesem kaputten Kabel. Danach ziehen wir am defekten Draht den neuen Heizdraht in das Rohr.“
Jedem Raum seine Wärme
Die Heizung ist etwa 20 Zentimeter unter dem Fußboden verlegt. Die Rohre wurden jeweils von einer Seite des Raumes zur anderen gezogen. Dort beschreiben sie einen weiten Bogen und laufen zurück zur Ausgangsseite des Raumes. Die einzelnen Heizrohre liegen in einem Abstand von etwa 45 Zentimetern auseinander. Das reicht aus, um die gesamte Fußbodenoberfläche gleichmäßig zu heizen.
Im Obergeschoss wurden hingegen elektrisch betriebene Fußbodenheizmatten verlegt, in denen die Heizdrähte in einem viel geringeren Abstand zueinander verlaufen. „Denn die Wärme steigt vom Heizdraht in einem konstanten Winkel auf beiden Seiten nach oben. Je dicker die Fußbodenschicht über dem Heizdraht ist, desto größer können die Abstände der einzelnen Heizdrähte zueinander sein“, beschreibt Markus Gundendorfer das Prinzip. „Deshalb mussten die Heizdrähte in den Fußbodenmatten im Obergeschoss enger zusammenliegen, weil dort der Fußboden nur eine Dicke von sechs bis acht Zentimeter hat.“ Nur so wird auch dort der Fußboden auf der ganzen Fläche erwärmt.
Effiziente Heizung und Kühlung
Gesteuert wird das komplette Heizungssystem von zwölf Leistungsstellern AC Thor 9s, die wiederum über ein übergeordnetes Energiemanagement miteinander kommunizieren. Diese sind an einer großen Wand neben dem Wärmespeicher ebenfalls gleich im Eingangsbereich des Gebäudes untergebracht. Die Kabel verlaufen hier ausnahmsweise auf der Wand und sind säuberlich beschriftet. „So können Besucher gleich sehen, welcher AC Thor gerade wie viel Strom in welchen Raum oder in den Heizstab schickt“, beschreibt Markus Gundendorfer die dahinterstehende Idee.
Jeder AC Thor 9s hat drei Ausgänge. Damit kann er die Heizung von jeweils drei Räumen im Gebäude stufenlos steuern. Die Ausgänge kann er unabhängig voneinander bedienen. Damit können auch Räume auf einen AC Thor 9s geschaltet werden, die jeweils unterschiedliche Solltemperaturen erreichen müssen. Dazu ist in jedem Raum ein Wärmefühler installiert. Dieser schickt der übergeordneten Steuerung permanent die aktuelle Raumtemperatur. Die Steuerung teilt dem AC Thor mit, wie viel elektrische Leistung für die Beheizung dieses Raumes benötigt wird, um die hinterlegte Solltemperatur zu erreichen.
Fassade liefert Ladestrom für Elektroautos
Dabei nutzen die AC Thor 9s natürlich primär den Solarstrom aus der Gebäudehülle. Nur wenn dieser nicht ausreicht, ziehen sie den Strom aus dem Netz. Durch den hohen Dämmstandard, den das Gebäude erreicht, hält sich aber der Raumwärmebedarf ohnehin in Grenzen. Da dieser mit effizienten elektrischen Fußbodenheizungen abgedeckt wird, minimiert sich ebenfalls der für die Wärmebereitstellung notwendige Solarstrom.
Im Sommer, wenn keine Raumwärme gebraucht wird, fließt der Solarstrom in eine Kühlung und in die Raumlüftung des Gebäudes. Die Kühlung besteht aus einer Luft-Luft-Wärmepumpe, die den Räumen über das Lüftungssystem Wärme entzieht. Die Planer haben sich dabei für ein VRF-System entschieden, das nicht nur heizen, sondern auch kühlen kann. Der Außenluftverdampfer steht dabei schattig auf einer Terrasse über dem Liefereingang auf der Nordseite. Dadurch ist der Temperaturhub, den das Gerät überwinden muss, relativ gering, was eine effiziente Arbeitsweise garantiert.
Damit findet der Strom aus der Solaranlage auch im Sommer, wenn keine Heizung gebraucht wird, einen dankbaren Abnehmer. Doch um den Solarstrom möglichst vollständig zu nutzen, stehen vor dem Gebäude noch zwei Schnellladestationen, an denen die Kunden von My-PV ihre Elektroautos auftanken können. Außerdem gibt es vor dem Haus noch einige Lichtsäulen. In diese sind Steckdosen eingelassen, an denen weitere Elektroautos geladen werden können – natürlich mit einem intelligenten Lademanagement. „‚Kein Parkplatz ohne Lademögllichkeit‘ war die Devise“, sagt Gerhard Rimpler,
Geschäftsführer von My-PV.
Flexible Räume gestaltet
Beim neuen Gebäude von My-PV steht die Produktion von Energie und deren Nutzung vor Ort im Vordergrund. Doch auch die Nachhaltigkeit ist entscheidend. Denn nicht nur die Fassade besteht – neben den Solarmodulen und Fenstern – komplett aus Holz. Vielmehr ist auch die Grundkonstruktion als Holzriegelbau ausgeführt. Auch die Wände bestehen komplett aus Holz.
Dadurch wird die Raumaufteilung flexibel. „Innerhalb einer halben Stunde ist eine Wand demontiert, wodurch ein größerer Raum entsteht“, erklärt Markus Gundendorfer mit Blick auf die Möglichkeiten, die Produktionskapazitäten zu erhöhen und an die Nachfrage anzupassen.
Preiswerte nachhaltige Architektur
My-PV zeigt mit seinem neuen Gebäude, dass nachhaltige Architektur auch im Gewerbesegment möglich ist. „Wir hätten auch in einem normalen Gewerbegebiet bauen können. Doch dort wäre das Gebäude hinter den ganzen konventionellen Gebäuden untergegangen“, begründet Markus Gundendorfer die Standortentscheidung.
Das Unternehmen beweist aber auch, dass nachhaltige Architektur preiswert ist. Allein die immense Materialeinsparung aufgrund der solarelektrischen Heizung minimiert die Investitionskosten. „Wir zeigen mit dem Gebäude aber auch, dass unser System funktioniert“, betont Gundendorfer. „Das ist wichtig, um künftige Bauherren von thermisch gut ausgeführten Gebäuden zu überzeugen, endlich von der wassergeführten Heizung wegzukommen und auf preiswerte und effiziente solarelektrische Heizsysteme umzusteigen, die mit vor Ort produziertem Strom versorgt werden.“