Die Bauwirtschaft befindet sich in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Inflation sowie hohe Preise für Grundstücke und Zinsen sorgen für erhebliche Zurückhaltung. Die Bauflaute einfach auszusitzen, kommt für Matthias und Thomas Schur allerdings nicht in Frage. Die beiden Geschäftsführer der Siegfried Schur Baubetrieb GmbH im sächsischen Boxberg sind für 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich. Im schwierigen Umfeld wollen sie bezahlbares Wohnen ermöglichen.
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Denn auch für Mieterinnen und Mieter hat sich die Lage verschärft: Hohe Nebenkosten wachsen sich zur zweiten Miete aus. Nun baut der Betrieb in Niesky im Landkreis Görlitz ein Mehrfamilienhaus, das energieautark ist. Die Bewohner der zwölf Wohneinheiten rechnen ihren Energieverbrauch per Pauschalmiete und Flatrate ab.
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Basis ist das Konzept von Timo Leukefeld, das großflächige Photovoltaikanlagen, Stromspeicher, Autarkieboiler und Infrarotheizungen kombiniert. Im März kommenden Jahres soll das Gebäude bezugsfertig sein.
Im GEG als Option erlaubt
Kabel statt Rohre, lautet das Motto. Elektrisch betriebene Infrarotheizungen sind schon seit rund 30 Jahren im Markt, doch vielen lediglich als Zusatzheizung in wenig genutzten Räumen bekannt. Durch bessere Dämmstandards und mehr erneuerbare Energien im Stromnetz etablieren sie sich zunehmend als Hauptheizung in Gebäuden. Im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) sind solche Stromdirektheizungen als technische Option erlaubt, um mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien zu heizen.
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Timo Leukefeld ist Energieexperte und Professor an der Bergakademie Freiberg. Er setzt auf effiziente Infrarotheizungen: „Infrarotheizgeräte sind in den Anschaffungs- und Folgekosten günstig, sie sind einfach und schnell zu installieren sowie wartungsfrei, was bei dem Handwerkermangel ein großer Vorteil ist“, erklärt er. „Es sind keine aufwändigen Leitungen nötig, und sie halten drei Jahrzehnte.“ Nicht zu vergessen die angenehme Strahlungswärme, die an Kachelöfen erinnert und bei Bedarf innerhalb weniger Minuten zur Verfügung steht. Auch die Luftqualität ist besser, da Infrarotheizungen keinen Staub aufwirbeln.
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Der Experte kombiniert sie mit großen Photovoltaikanlagen, einem Stromspeicher für die Zwischenspeicherung des Solarstroms, der gerade nicht im Haus verwendet werden kann, und Autarkie-Boilern für die dezentrale Warmwasserbereitung. So lassen sich Autarkiegrade in der Energieversorgung von 50 Prozent und deutlich darüber erreichen.
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Heizen verliert an Bedeutung
Generell ist Leukefeld davon überzeugt, dass das Thema Heizen an Bedeutung verlieren wird, da die Winter durch den Klimawandel milder und die Gebäudehüllen immer besser werden. Das Autarkie-Konzept überzeugte die Brüder Schur, zumal sie durch die Pauschalmiete, die sich so erreichen lässt, auch deutlich weniger Aufwand für die jährlichen Nebenkostenabrechnungen haben werden.
Energiebedarf drastisch gesenkt
Der Neubau in Niesky bietet zwölf Mietwohnungen mit jeweils drei Zimmern. Etwa 1.100 Quadratmeter beheizte Fläche auf drei Etagen wird das Gebäude haben. Gut gedämmt, wird der Energiebedarf für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom bei nur 28,9 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegen.
134 Kilowatt Solarmodule auf dem Dach
Auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage mit 134 Kilowatt Leistung geplant. Sie wird einen Großteil des Stroms für die Infrarotheizungen in allen Wohnungen, Warmwasserbereitung sowie den Haushalts- und Technikstrom erzeugen. In der Tiefgarage ist für jede Mietpartei eine Ladeeinrichtung für Elektrofahrzeuge vorgesehen.
Reststrom gut planbar
Durch die große Menge an kostengünstigem Solarstrom und einen solaren Anteil von etwa 55 Prozent in der Energieversorgung reduzieren sich die Energiekosten. Und sie sind langfristig planbar. Der restliche Netzbezug für zwölf Wohneinheiten wird bei nur etwa 41.000 Kilowattstunden liegen.
Pauschalmiete mit Flatrate für die Energie
Das macht die Pauschalmiete inklusive Energiekosten möglich. „Der Mietpreis in unserem hochgradig energieautarken Haus wird mit der Summe aus der Kaltmiete und den Nebenkosten für Trinkwasser, Abwasser und Netzstrom in anderen Neubauten definitiv vergleichbar sein, weil wir die Energie günstiger als Energieversorgungsunternehmen erzeugen können. Und dies auf mehrere Jahre fest“, sagt Bauherr Matthias Schur. Pro Wohnung rechnet er für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom mit 60 bis 70 Euro Restenergiekosten im Monat.
Hohe Nachfrage von Jung bis Alt
Bislang kaum beworben, ist die Nachfrage schon hoch, erzählt er. Zum Beispiel von älteren Paaren, die vom eigenen Haus in eine kleinere Wohnung ziehen und planbare Kosten für die nächsten Jahre haben wollen. Oder von umweltbewussten jungen Familien, die in einer modernen Wohnung mit modernem Energiekonzept leben wollen. (HS)
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