Immer häufiger werden Drohnen für zivile Aufgaben eingesetzt – bei der Inspektion von Industrieanlagen, in der Landwirtschaft zur Ortung von Wild oder aber in der Photovoltaik zur Fehlersuche per Thermografie.
Nicht immer allerdings sehen Piloten bei der Arbeit so entspannt aus wie der Kollege von Pixelflieger auf dem Foto links. Schwer zugängliche Dächer, bevölkerte Höfe oder Straßen, wechselnde Winde und Wolken bereiten in der Praxis Thermografen und Piloten oft einiges Kopfzerbrechen. Für Thermografieaufnahmen aus der Luft braucht es zwei Spezialisten, die beide zusammenarbeiten und jeweils Meister ihres Faches sein sollten: Pilot und Thermograf.
Konzerte und Demos dokumentiert
Außerhalb Deutschlands werden auch große Konzerte, Demonstrationen und Kundgebungen immer öfter aus der Luft dokumentiert, und so mancher Hobbyflieger ist vom Modellflugzeug auf eine Drohne umgestiegen – kleine Modelle sind bereits für das Geld einer Playstation zu haben. Doch Drohnen haben kein gutes Image, vor allem weil sie ihre Bekanntheit militärischen Einsätzen zu verdanken haben. Ausspionieren, beobachten, überwachen – all diese Aufgaben übernehmen Drohnen in der modernen Kriegsführung, und immer öfter sind sie bewaffnet.
Die Namensleihe aus der Biologie ist kein Zufall. Das kleine männliche Insekt eines Bienenschwarmes hat meist größere und leistungsfähigere Facettenaugen als seine weiblichen Artgenossinnen. Aber Drohnen haben vielleicht auch deshalb kein gutes Image, weil das Wort Drohne schon phonetisch etwas Bedrohliches in sich birgt.
Drohnen als Medienstars
Die Geschichten von kuriosen Drohnenunfällen und ideenreichen Einsatzzwecken werden immer zahlreicher. So sorgte Enrique Iglesias kürzlich auf einem Konzert in Tijuana für Schlagzeilen. Der Sänger wollte eine Kameradrohne, die das Konzert aufzeichnete und sehr nah an ihn heranflog, mit den Fingern berühren. Dabei gerieten zwei seiner Finger in einen Propeller und nahmen ernsthaft Schaden.
Ein anderer Drohneneinsatz sorgte in Japan im April für Aufsehen. Ein Aktivist gegen Atomkraft platzierte eine Drohne mit radioaktivem Sand aus Fukushima auf dem Amtssitz des japanischen Ministerpräsidenten. Erst nach zwei Wochen wurde die unerwünschte Fracht entdeckt.
In China werden Drohnen mit Störsendern ausgestattet und schweben während der Abschlussexamen über Schulgebäuden. Die Störsender sollen die Mobilgeräte der Schüler lahmlegen und so Schummelei verhindern. Solche Geschichten beflügeln die Fantasie und schüren vielleicht nicht ganz zu Unrecht die Vorbehalte gegen diese Technologie.
Doch die Technik kann für viele zivile Anwendungen extrem nützlich und kostensparend sein. Um das Image dieser Fluggeräte aufzumöbeln, sprechen gewerbliche Anbieter lieber von Koptern und vermeiden das Wort Drohne. Je nach Anzahl der Propeller beziehungsweise Antriebe geht es dann um Quadro-, Hexa- oder Oktokopter. Allerdings war bei der Recherche zu diesem Artikel zu dem Wort Kopter noch kein Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zu finden. Deshalb sei auch auf die Ethymologie des Wortes kurz verwiesen: Das Wort Kopter stammt vom griechischen Wort Pteron und bedeutet Flügel.
Vier Antriebe für einen Kopter sind das Minimum, um ihn zielgerichtet steuern zu können, also vor, zurück, nach links und nach rechts. Fällt allerdings ein Antrieb aus, kommt es unweigerlich zum Absturz. Für Inspektionsflüge in der Industrie und für Thermografieaufnahmen in der Photovoltaik sollten es schon sechsmotorige Kopter sein. Nur so wird ausreichend Stabilität in der Luft und Sicherheit gewährleistet.
Stabil in der Luft
So können auch bei suboptimalen Bedingungen verwertbare Thermografie- und auch Echtbildaufnahmen entstehen. Auch beim Ausfall eines Propellers kann das Gerät noch weiterfliegen und vom Piloten kontrolliert werden.
Achtmotorige Geräte sind noch zuverlässiger in puncto Stabilität in der Luft. Deshalb fliegen auch die meisten der etablierten Dienstleister mit Oktokoptern, also Geräten mit acht Antrieben. Doch je mehr Ausleger und Antriebe die Kopter haben, desto mehr Gewicht bringen sie auf die Waage. Das wiederum geht zulasten der Flugzeit und wird das Gerät schwerer als fünf Kilogramm, sind Einzelaufstiegserlaubnisse erforderlich.
Ein weiterer Baustein, der über die Qualität des Fluggerätes entscheidet, ist die Steuerung. Es gibt drei verbreitete Softwareprogramme: DJI aus China, Mikrokopter aus Deutschland und APM. Mikrokopter und APM sind Open-Source-Programme, die man als erfahrener Programmierer selbst weiterentwickeln kann.
Wegpunkteflug oder Flug per Hand
Nach Aussage von Mathias Leske, der seit mehreren Jahren mit seinem Oktokopter Photovoltaikanlagen überfliegt und thermografiert, haben DJI und APM beim GPS, der Höhenfluggenauigkeit und dem automatischen Wegpunkteflug die Nase vorn.
Allerdings rät er, viel per Hand zu fliegen. „Man kann mit dem automatischen Wegpunkteflug eine große Anlage besser thermografieren, einfach weil man im Vorfeld bei der Flugplanung die Flugroute genau festlegen kann. Leider funktioniert das nicht, wenn der Wind stärker ist und der Kopter aus seiner Flugbahn getrieben wird. Die Zuordnung von Fehlerbildern wird dann nicht wirklich einfacher.“ Da die Anlagen sehr individuell sind, ist die Ausarbeitung der Route auch mit einigem Aufwand verbunden. Der handgesteuerte Flug bietet den Vorteil, dass auf Auffälligkeiten spontan reagiert werden kann. Die Drohne fliegt näher an das jeweilige Objekt und betrachtet Details aus nächster Nähe.
Antriebssteuerung beeinflusst Flugzeit
Die Steuerung beziehungsweise das Energiemanagement der Steuerung spielt aber auch noch in anderer Hinsicht eine wichtige Rolle. Sie entscheidet mit, welche Flugzeit die Drohne maximal in der Luft verbringen kann. Verbraucht die Steuerung wenig Strom, kann mit einer Akkuladung länger geflogen werden. „Da gibt es doch schon relevante Unterschiede. Je nach Steuerung kann eine Drohne maximal 16 oder aber auch 40 Minuten in der Luft bleiben.“ Letztlich macht die Kombination aus Akkuart, Bauform, Gewicht und Steuerung die maximale Flugzeit aus. Sind die Windverhältnisse ungünstig, muss mehr gegengesteuert werden. Auch das verbraucht Akkuleistung, die Flugzeit verringert sich.
Das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE Bayern) betreut gerade ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, ein effizientes Fluggerät zu entwickeln. Claudia Buerhop-Lutz, die Leiterin des Projektes, erklärt:: „Das Fluggerät soll möglichst lange fliegen können, zuverlässig die Höhe halten, gut navigierbar sein, eine einfache Routenplanung bieten, um die Zuordnung der Module zu unterstützen, und außerdem noch genügend Traglastreserven für die notwendige Technik haben.“
Die Stellschrauben sind das Design des Kopters, das Material und die verwendeten Komponenten. Vor allem um Gewichtsreduktion geht es bei gleichzeitig guten Flugeigenschaften und stabiler Lage im Wind. Ein Verfahren zur unkomplizierten Routenplanung ist ebenfalls Gegenstand der Forschung.
Flugfähige Kameras
Thermografiekameras, die mit dem Kopter in die Luft steigen sollen, müssen vor allem leicht sein. Aber sie müssen auch die Daten sichern, eine genügend große radiometrische Auflösung haben und idealerweise die Daten zur Bodenstation übertragen. Auch eine hohe Datenrate ist wichtig, denn schließlich fliegt die Kamera über die Anlage. Noch während die Kamera Bilddaten speichert, bewegt sich der Kopter weiter.
Bei zu geringer Datenrate verschwimmen dann unter Umständen die Aufnahmen. Buerhop-Lutz hält eine Bildspeicherrate von 50 bis 80 Hertz für notwendig, um das Gerät im Flugmodus zu nutzen. Im Forschungsprojekt wird mit dem Partner Ircam aus Erlangen an der Entwicklung einer neuen Kamera gearbeitet, die auf diese speziellen Anforderungen hin optimiert sein soll. Die Kamera soll eine maximale Auflösung bieten. „Für hohe Pixelzahlen die Bildspeicherrate entsprechend anzupassen, damit sie auch im Flug verwendbar ist, bedeutet eine Herausforderung“, erklärt Buerhop-Lutz und fügt hinzu: „Da geht es vor allem um das Gewicht. Alle Komponenten müssen miniaturisiert werden.“
Die magische Grenze
Werden unbemannte Fluggeräte zu gewerblichen Zwecken genutzt, kann bei der zuständigen Landesluftfahrtbehörde eine allgemeine Aufstiegserlaubnis eingeholt werden. Dann ist für jeden Flug nur noch eine Anmeldung bei den zuständigen Behörden, meist Polizei oder Ordnungsamt, notwendig. Diese allgemeine Aufstiegserlaubnis wird aber nur für Fluggeräte bis maximal fünf Kilogramm Gewicht erteilt.
Für alle Flüge mit mehr Gewicht ist eine Einzelaufstiegserlaubnis erforderlich. Aus diesem Grund ist die magische Zahl für Hersteller und Anwender die Gewichtsangabe, selbstredend inklusive Zubehör, also Akkus, Kameraaufhängung und Kameras. Da wird leicht die Fünf-Kilogramm-Grenze überschritten. Deshalb sollte sich jeder Kaufinteressierte die Systeme für den konkreten Anwendungsfall ausrüsten und vorführen lassen.
Heighttech
Kamera um 180 Grad schwenkbar
Das Besondere an der HT-8 C180: Die Kamera ist zwischen den Auslegern angebracht und lässt sich jeweils um 90 Grad nach oben und unten schwenken, ohne dass die Ausleger das Blickfeld der Kamera stören. Der Fokus des Produktdesigns liegt auf hoher Windstabilität. Ab Herbst 2015 werden die Kopter von Heighttech mit einer eigenen Flugelektronik ausgestattet sein. Gewicht ohne Kamera und Akkus: 2.650 Gramm, Nutzlast Kameraaufhängung: 1.000 Gramm.
Ascending Technologies
Adaptive Flugregelung
Der Asctec Falcon 8 mit der Autopilot-Technologie Asctec Trinity ist ein Multirotorsystem mit adaptiver Flugregelung. Der Asctec Trinity ist eine dreifach redundante Steuerungseinheit, ähnlich wie sie bei Verkehrsflugzeugen Standard ist. Zahlreiche Autofunktionen vereinfachen den Einsatz des patentierten V-Form-Oktokopters. Leergewicht: 1.100 Gramm.
Eagle Live
Redundante Stromversorgung
Das System V3 von Eagle Live bietet großen Payload und redundanten Aufbau der Stromversorgung und aller Kabelverbindungen. Das Basisgewicht beträgt 3.400 Gramm. Der Hersteller empfiehlt für Thermografieinspektionen auch gern den Raptor aus seinem Programm: Er hat nur vier Rotoren, ist aber deutlich leichter und bleibt auch bei mehr Kameragewicht unter der Fünf-Kilogramm-Grenze.
Hi Systems
Ausleger und Rahmen austauschbar
Ganz neu auf dem Markt ist das Modell 6s Thermo von Hi Systems aus Moormerland. Bei einem Leergewicht von 2.045 Gramm kann der 6s Thermo eine Nutzlast von bis vier Kilogramm tragen. Abhängig von Zuladung und Akkuwahl beträgt die Flugzeit bis zu 41 Minuten, dabei trotzt der 6s Thermo Windstärken von bis zu sechs Beaufort.
Terminhinweis
Workshop zur thermografischen Inspektion
Das ZAE Bayern veranstaltet am 16. Juli 2015 in Erlangen einen eintägigen Workshop zur Inspektion von Solaranlagen mit Thermografie aus der Luft. Die technische Entwicklung bei Flugrobotern, wissenschaftliche Ergebnisse zu thermografischen Untersuchungen, die wirtschaftliche Rentabilität von Anlagenprüfungen und die Akzeptanz dieser Prüfmethode bei Modulherstellern und Versicherungen stehen auf dem Programm. Die Teilnahme kostet 170 Euro.
Anmeldung per E-Mail an: air-pv-check@zae-bayern.de