D ie Norm VDE 0126-23 regelt, wie man eine Solarstromanlage bei der Inbetriebnahme überprüfen sollte: durch die Messung der Leerlaufspannungen, der Kurzschlussströme und der Isolationswiderstände. Mit dem Benning PV-1 gibt es dafür auch ein Messgerät, das diese Messungen in einem Durchgang erledigt. Die gemessenen Werte werden aufgezeichnet und der Dokumentation der Photovoltaikanlage beigelegt.
Doch was geschieht danach? Werden die Daten ausgewertet oder werden sie nur abgelegt? Und wenn man sie auswertet, worauf sollte man achten? Die Spannung eines Solargenerators verändert sich zwar in erster Linie mit der Temperatur der Zellen, doch auch schwankende Einstrahlungswerte führen zu leichten Spannungsschwankungen. Misst man eine größere Anlage mit vielen Modulsträngen, wird man immer Schwankungen zwischen den Spannungen der einzelnen Stränge feststellen. Wie groß dürfen diese Schwankungen sein, damit man einen Fehler am betreffenden Modulstrang sicher ausschließen kann?
Ein typischer Defekt, der manchmal sogar bei nagelneuen Modulen festgestellt wird, sind kurzgeschlossene Bypassdioden. Wenn eine Diode durch Überspannung kaputtgeht, verursacht sie meistens einen Kurzschluss über den Teilstrang des betroffenen Moduls. Da in den meisten Solarmodulen drei Bypassdioden eingebaut sind, kann bereits eine Spannungsdifferenz, die der Leerlaufspannung eines Drittelmoduls entspricht, auf einen Fehler hindeuten. Es kann aber auch sein, dass im Augenblick der Messung lediglich die Einstrahlung etwas geschwankt hat oder die Temperatur des auffälligen Stranges etwas höher war als die des vorher gemessenen.
Die einzig brauchbare Methode, diesen vielen Einflussfaktoren Herr zu werden, ist eine systematische Vorgehensweise. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einer größeren Photovoltaikanlage alle Modulstränge fehlerhaft sind, ist eher gering. Daher sollte man einen Strang der Anlage zum Referenzstrang machen. Anschließend wird mit zwei Messgeräten gleichzeitig gemessen. Strang 1 und Strang 2, Strang 1 und Strang 3, Strang 1 und Strang 4 und so weiter. Was interessiert, ist lediglich das Verhältnis der Leerlaufspannungen bezogen auf die Spannung von Strang 1. Die dann verbleibenden Spannungsunterschiede (bei Strängen mit gleicher Modulanzahl) dürfen nicht mehr größer sein als die Spannung eines Drittelmoduls. Ist der Unterschied größer, beginnt die Fehlersuche. Und das Schöne an der Methode: Sie ist bei jedem Wetter anwendbar.
Thermografieuntersuchungen an Solarmodulen machen nur Sinn, wenn ein ausreichend großer Strom fließt. Der Strom verursacht an Übergangswiderständen Spannungsabfälle und damit eine Verlustleistung, die die betroffene Stelle erwärmt. Diese Wärme wiederum kann man mit der Thermografiekamera aufnehmen. Was tun, wenn nicht genügend Einstrahlung vorhanden ist? Noch einmal kommen, wenn das Wetter besser ist, oder auf die neue Methode der Rückstromthermografie zurückgreifen?
Bei der Rückstromthermografie wird ein definierter Strom rückwärts in die Module eingespeist. Dazu ist ein besonderes Netzteil, wie zum Beispiel der PV-Serve, notwendig. Der Strom kann deutlich unter dem Nennstrom der Module liegen. Mit einem Strom von nur drei Ampere kann man bereits eine Temperaturerhöhung der betroffenen Zellen von etwa zwei Kelvin erzeugen. Moderne Thermografiekameras lösen Temperaturunterschiede mit 50 Millikelvin auf. Sie haben kein Problem damit, den Unterschied zwischen bestromten und nichtbestromten Modulen aufzuzeigen.
Damit lassen sich bereits die ersten Fehler sicher diagnostizieren. Wenn eine Bypassdiode kurzgeschlossen ist, werden die Zellen des betroffenen Teilmoduls überbrückt und dadurch bei Rückbestromung nicht erwärmt. Das betroffene Modul lässt sich auf diese Weise leicht identifizieren.
Hat ein Modul Übergangswiderstände zum Beispiel an den Zellverbindern, kann man diese bei der Rückstromthermografie ebenfalls deutlich als Hot Spots erkennen. Das Schöne daran ist, dass „falsche Hot Spots“, wie sie oft bei der klassischen Thermografie zu sehen sind, bei der Rückstromthermografie nicht sichtbar werden. Das können beispielsweise Laub oder Vogelkot auf dem Modul sein. Man kann also eindeutig zwischen optischen und elektrischen Effekten unterscheiden.
Aufnahmen in der Nacht
Will man noch weiter ins Detail gehen und auch kleinste Fehler an Photovoltaikanlagen aufspüren, muss man auf die Elektrolumineszenz zurückgreifen. Die schlechte Nachricht ist, dass die Untersuchungen nur nachts möglich sind, da bei diesem Verfahren die schwache Emission der Solarmodule im Nahinfrarot bei Rückbestromung aufgenommen wird.
Die gute Nachricht ist, dass man dafür nicht unbedingt eine teure Kamera benötigt. Man kann bereits mit dem Astroumbau einer handelsüblichen digitalen Spiegelreflexkamera qualitativ hochwertige Elektrolumineszenzaufnahmen machen. Man benötigt etwas längere Belichtungszeiten und muss daher einen sicheren Standort wählen, um ein Stativ aufzustellen. Der große Vorteil ist aber, dass man die Module für die Untersuchung nicht aus der Anlage ausbauen muss. Stattdessen wird der komplette Modulstrang rückwärts bestromt und fotografiert.
Weiterführende Links
Wer mehr über die „Rückstrom-Untersuchungsmethoden“ erfahren möchte, findet im Know-how-Blog des Photovoltaikbueros zahlreiche Fachartikel zu diesen Themen mit vielen Aufnahmen von untersuchten Anlagen und Erläuterungen zur Fehlersuche.
Der Autor
Matthias Diehl
war nach seinem Studium der Elektrotechnik bei Sunpower in der Entwicklung von Wechselrichtern tätig. Danach verantwortete er bei Inek Solar die Projektierung und Ausführung netzgekoppelter Photovoltaikanlagen. Seit 2008 betreibt er mit Tina Ternus das Photovoltaikbuero für Dienstleistungen rund um die Solarstromnutzung. Seit April 2013 ist er vereidigter Sachverständiger für Photovoltaik und Photovoltaische Anlagentechnik bei der IHK Darmstadt.