Der Steinmarder (lateinisch: Martes foina) hat sich als Kulturfolger mit unserer Zivilisation arrangiert und macht sie sich zunutze – im Allgemeinen aber nicht zu unserer Freude. Jeder hat bestimmt schon Geschichten gehört von Mardern, die sich im Dach eines Wohnhauses häuslich eingerichtet haben – mit „Vorratskammer“ und „Toilette“. Oder die des Nachts geräuschvoll auf dem Dachboden herumtoben.
Mehrere Gründe für die Attacke
Nicht zu vergessen die zum Teil hochgefährlichen Beschädigungen an Kabeln und Bremsschläuchen von Fahrzeugen. Und so finden leider auch Photovoltaikanlagen das Interesse des Marders und werden in Mitleidenschaft gezogen. Überwiegend sind Schäden im landwirtschaftlichen Umfeld bekannt, aber auch Wohnhäuser oder Industriebauten in einer Vorstadtbebauung können betroffen sein.
Man kann nur spekulieren, was an einer Photovoltaikanlage für den Marder anziehend ist. Sei es ein warmes oder trockenes Plätzchen unter den Modulen oder all diese interessanten schwarzen, dünnen Dinger, auf denen es sich so herrlich herumkauen lässt.
Das Revier markieren
Von Fahrzeugen ist bekannt: Hat sich ein Marder schon einmal im Motorraum aufgewärmt, wird der Wagen an einem anderen Ort von dem dort dominierenden Tier mit heftiger Zerstörungswut attackiert. Es erkennt den Geruch eines vermeintlichen Rivalen. Bei stationären Photovoltaikanlagen trifft dieser biologische Antrieb nicht zu. Hier handelt es sich eher um Spieltrieb, Hunger oder die Suche nach einem Bau.
Beschädigungen durch Marder gehören zu den häufigsten Schäden, die von den Solarversicherungen zu regulieren sind. Typischerweise ist der Schadensverlauf schleichend und bleibt lange unbemerkt. Fehlendes Monitoring, wie bei vielen Anlagen aus der Anfangszeit des Solarbooms, erschwert die Erkennung.
Gerade in diesen Anlagen finden sich oft noch eher weiche DC-Kabel und Stecker aus Gummi (MC3, Radox), die anscheinend besonders bevorzugt werden. Stecker aus harten Kunststoffen wie alle MC4-artigen, Sunclix- und Solarlok-Typen waren bislang noch nicht auffällig.
Nur scheinbare Sicherheit
Nicht jedes Kabel führt sofort zu einem Ausfall, wenn es nur angenagt wurde. Korrekt montierte Anlagen, bei denen die Kabel und Stecker fachgerecht hochgebunden sind und das Dach nicht direkt berühren, überstehen selbst großflächige Beschädigungen für lange Zeit, ohne dass es zu Störungen am Wechselrichter durch Isolationsprobleme kommt.
Selbst wenn Isolationsprobleme auftreten, die vom Wechselrichter mit Störung erkannt werden – sobald die Feuchtigkeit abgetrocknet ist, läuft der Wechselrichter wieder an, zeigt grüne Statusanzeigen und der Betreiber wiegt sich bei seinen sporadischen Kontrollen in falscher Sicherheit.
Besonders erstaunt immer wieder, dass der Marder sich nicht mit der Gummiummantelung zufrieden gibt, sondern es sogar schafft, ein Solarkabel mit sechs Quadratmillimetern Kupferquerschnitt komplett durchzutrennen. Da er nachtaktiv ist und dann keine Spannungen anliegen, ist das für ihn offensichtlich eine ungefährliche Angelegenheit.
Fehlende Erdung und Lichtbögen
Gefährlich kann es aber jetzt für jeden werden, der das Montagegestell einer befallenen Anlage berührt, das nicht korrekt an den Potenzialausgleich angeschlossen (geerdet) wurde. Das sieht man bei älteren Anlagen leider auch immer wieder.
Sofern die beiden durchtrennten Kabelenden frei in der Luft hängen bleiben, passiert nichts weiter, außer dass der String nun nicht mehr arbeitet. Sind bei dem Wechselrichter viele Strings parallel an einem MPP-Tracker angeschlossen, lässt sich der Ausfall bestenfalls durch akribischen Vergleich der Werte erkennen. Erst wenn im Laufe der Zeit immer mehr Strings ausfallen, werden die Ausfälle sichtbar.
Dazwischen sind weitere, gefährlichere Fehlermechanismen vorstellbar – bis hin zu seriellen Lichtbögen zwischen den Kabelenden, von denen sich ein Brand auf die gesamte Anlage ausbreiten kann.
Sofern nur einige wenige Strings betroffen sind, fallen die Schäden meist erst am Jahresende auf, wenn vom Versorger aufgrund der Minderleistung eine Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangt wird.
Wenn der Schaden endlich bemerkt wurde, beginnt die meist aufwendige Fehleranalyse. Dazu muss das komplette Modulfeld abgebaut werden, um alle Modulanschlüsse und die Stringleitungen zu untersuchen. Im Allgemeinen zeigen sich umfangreiche, großflächige Zerstörungen. Das Erschrecken beim Betreiber ist groß.
Reparatur ist besser als Neukauf
Zwar können einzelne Stecker im Feld getauscht werden. Doch wenn Kabel bis zur Anschlussdose angenagt wurden, muss man die kompletten Kabel oder sogar die Anschlussdosen tauschen. Alle Kabel mit Bissspuren müssen unbedingt ersetzt werden, selbst wenn das Kabel vermeintlich nur äußerlich deformiert ist. Die spitzen Zähne des Marders dringen mühelos bis zur Leiterseele durch. Damit hat das Kabel an dieser Stelle seine doppelte Isolierung verloren und stellt durch mögliches Isolationsversagen ein beträchtliches Sicherheitsrisiko dar.
Solche Reparaturen sind in der Regel eine kostengünstige Alternative zur Neubeschaffung. Die Hörmann Novo Solar GmbH in der Lausitz hat sich auf Modulreparaturen spezialisiert. Je nach Modultyp und Schadensbild werden in der Modulmanufaktur einzelne Stecker, Kabel oder die gesamte Dose fachgerecht und bei Produktionsbedingungen ersetzt.
Nach der Reparatur werden die Module erneut vermessen, sodass der Kunde neben der Funktionsgarantie einen Überblick über die aktuellen Leistungen der Module (Flashliste) bekommt.
Nach der erfolgreichen Reparatur der Anlage steht der Betreiber vor der nächsten Herausforderung: Die Versicherung deckt zwar im Allgemeinen Schäden durch Marder ab, aber nur beim ersten Auftreten! Ab da ist ein zukünftiger Schaden vorhersehbar, der durch geeignete Maßnahmen hätte vermieden werden können. Der Betreiber ist also aufgefordert, seine Anlage gegen zukünftige Marderattacken zu „härten“. Welche Maßnahmen sind tatsächlich geeignet und werden von Versicherungen als ausreichend anerkannt? Und welche Maßnahmen haben keinen negativen Einfluss auf Ertrag und Zuverlässigkeit der Anlage?
Kabel im Wellrohr verlegen
Erfahrungsgemäß ist die beste und anerkannte Lösung das Überziehen aller Kabel und Steckverbindungen mit flexiblem Wellrohr, wie von Fahrzeugen bekannt – sinnvollerweise jedoch in UV-stabiler Ausführung. Das Wellrohr muss so montiert werden, dass sich im Inneren kein stehendes Wasser bildet. Es ist bekannt, dass die Isolationsfestigkeit von Solarkabeln leidet, wenn sie in nasser Umgebung verlaufen.
Unter bestimmten Umständen wird versicherungsseitig anerkannt, wenn rund um die Modulfelder Lochbleche oder Gitter montiert werden, die den Zugang blockieren. Das funktioniert jedoch nicht auf Ziegeldächern. Man ist immer wieder erstaunt, wo sich der Marder überall durchzwängen kann. Sobald er eine Möglichkeit findet, unter die Dacheindeckung zu gelangen, findet er von da auch einen Weg zurück unter das Modulfeld. Das sind zum Beispiel die Stellen, wo die Montagehaken unter die Ziegel führen, oder er drückt die Ziegel einfach von unten hoch.
Den Zugang blockieren
Es wird immer wieder diskutiert, ob die typischerweise 20 Millimeter breiten Spalte zwischen den einzelnen Modulen eine Schleuse für den Marder darstellen. In einer Promotionsarbeit an der Fakultät Zahnmedizin der Universität Gießen finden sich hilfreiche Angaben über die Größe des Schädels, der ja durchpassen muss: minimal 25,3 Millimeter Höhe und 35,7 Millimeter Breite wurden von den Forschern gemessen.
Daraus könnte man vermuten, dass 20 Millimeter doch nicht ausreichen, um sich hindurchzuzwängen. Endgültige Erkenntnisse zu dieser Problematik liegen aber noch nicht vor.
Rahmen nicht anbohren
Ein umlaufendes Gitter oder Lochblech lässt sich außerdem nur an den Modulen selbst befestigen, wozu man den Modulrahmen anbohren muss. Damit gefährdet man die Garantie. Zusätzlich wird die Luftzirkulation behindert, was wiederum der Leistung abträglich ist. Alles in allem kann eine derartige Einzäunung nur die zweitbeste Lösung sein.
Vergrämungsmaßnahmen mithilfe von Lichtblitzen oder Ultraschall helfen nur begrenzte Zeit, danach setzt ein Gewöhnungseffekt ein. Darüber hinaus ist es auch schwierig, einen zuverlässigen, unterbrechungsfreien Betrieb dieser Störgeräte über die Nutzungsjahre einer Photovoltaikanlage zu gewährleisten.
Während die Regulierung des eigentlichen Schadens im Allgemeinen keinen Anlass zu Diskussionen gibt, führt die ermittelte Höhe der Ertragsausfallerstattung oft zur nächsten Enttäuschung beim Anlagenbetreiber. Zur Berechnung ist nämlich der Zeitpunkt des Schadensereignisses bestimmend, ab dem der Ausfall entschädigt wird – je nach Vertrag, aber typischerweise für drei Monate.
Diese drei Monate sind im normalen Schadensfall ausreichend, um den gesamten Zeitraum beginnend mit dem Schadenereignis über den Anlagenstillstand während der Reparatur bis zur Wiederinbetriebnahme abzudecken.
Monitoring ist unverzichtbar
Wie oben ausgeführt, kann man jedoch bei Marderschäden typischerweise davon ausgehen, dass der Schaden bereits lange Zeit vorher eingetreten sein kann, sodass die Ausfallzeiten manchmal die entschädigungsfähige Zeit übersteigen. Dies ist ein weiteres Argument für das Verwenden einer leistungsfähigen Monitoringlösung.
Abschließend einige Empfehlungen für alle Anlagenbetreiber:
- Buschwerk und Bäume direkt am Gebäude, die bis zur Traufe reichen, sind unbedingt zu entfernen oder zurückzuschneiden. Dadurch wird dem Marder der Zugang zum Dach erschwert.
- Die Photovoltaikanlage sollte man regelmäßig kontrollieren, auch auf sonstige Spuren und Hinterlassenschaften der Tiere in der Nähe.
- Bei Unstimmigkeiten im Anlagenbetrieb ist sofort zu reagieren. Falls wirklich ein Marderschaden vorliegt, bleibt er begrenzt, ebenso die Reparatur.
- Falls nicht vorhanden, sind Gestellerdung (Potenzialausgleich) und Anlagenmonitoring unbedingt nachzurüsten.
Der Autor
Joachim Kleine
ist Diplomingenieur für Elektrotechnik sowie Gutachter für Photovoltaik, durch den TÜV zertifiziert. Er ist eingetragener Elektroinstallateur und Geschäftsführer der Cirrus-Solar GmbH in Augsburg.