Eine mit Vogelkot gesprenkelte Anlage ist nicht nur ärgerlich, sondern auch beim Reinigen eine Herausforderung. Wird eine Solaranlage gar zum Nistort von Tauben, kann eine gründliche Beseitigung sowohl der Population als auch der Hinterlassenschaften sehr kostspielig werden.
Folgeschäden vorprogrammiert
Taubenkot ist aggressiv. Wenn er zu lange auf dem Modul liegt, kann es zu Veränderungen der Glasgüte kommen. Die Beschaffenheit der Gläser spielt dabei eine Rolle. Und je nachdem, wie dick und lange der Kot auflagert, kann ein chemisch-physikalischer Prozess im Glas initiiert werden. Wenn die Verschmutzung nachts feucht wird und bei Tagesanbruch nur langsam heruntertrocknet, reagiert das Glas durch die verschiedenen Aggregatzustände der Verschmutzung.
Weil die unter dem Vogelkot liegende Zelle partiell verschattet wird, kann es zu Verfärbungen und im weiteren Verlauf sogar zu Hotspots kommen. Dabei kann das Erscheinungsbild an der Oberseite ein anderes sein als auf der Rückseite. Wo sich ein kleines Pünktchen auf der Oberfläche zeigt, kann an der Unterseite ein großer schwarzer Schmorfleck sein.
Gläser verschmutzen unterschiedlich
Neben den Mindererträgen durch die Verschmutzung richten Tauben häufig noch weitere Schäden an. Sie haben eine solche Kraft, dass sie auch die Stecker der Solarkabel lösen können. Das berichtet Michael Mattstedt, ein Pionier der Solarreinigung.
Bereits 1999 fing er an, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sprach mit Experten aus dem Glaserhandwerk, mit Hochschulen und Modulherstellern, um die grundlegenden Eigenschaften von Glas zu verstehen. Seit 2007 ist er als Solarreiniger mit eigener Firma auf vielen Hundert Anlagen gewesen, hat Erfahrung mit Stäuben, Moosen, Flechten und Vogelkot gesammelt, hat verschiedene Methoden ausprobiert und eigene entwickelt. Mattstedt erzählt: „Module von Solarworld stechen beim Thema Anschmutzverhalten wirklich positiv hervor. Sie haben eine hohe handwerkliche Glasqualität und ein geringes Anschmutzverhalten.“ Er nennt sie auch ehrliche Gläser – frei von Beschichtungen oder Bearbeitungen. Manche Gläser haben die optimale Lichtdurchlässigkeit, sind aber gegenüber Umwelteinflüssen sehr anfällig.
Bei Anlagen, die im Laufe der Jahre erweitert wurden, könne man das ganz deutlich sehen, wenn Module verschiedener Hersteller auf dem Dach liegen. Auch die Rahmenschlitze spielen eine wichtige Rolle. Sind sie eng definiert und hervorragend verarbeitet, können sich Moose und Flechten nicht in den Schlitz hineinarbeiten. Sie treten zwar unter Umständen auf, sind aber leichter zu entfernen.
Der Nachwuchs bleibt am selben Ort
Ein Taubenproblem ist etwas ganz Spezielles: Tauben sind standorttreu und siedeln sich unabhängig von der Dachneigung an. Auch bei 35 Grad Neigung sitzen sie auf dem Modulrahmen und fühlen sich wohl. Sie lernen schnell, von einer Modulkante zur nächsten übers Glas zu schlittern. Unter dem Modul ist mit und ohne Kreuzschienen genug Platz zum Nisten. Dort ist es trocken, schattig und in der unwirtlichen Jahreszeit sogar beheizt. Tauben brüten zwei- bis dreimal pro Jahr und brauchen dafür keineswegs Wohlfühltemperaturen. Auch bei Temperaturen um die null Grad hat Mattstedt schon brütende Tauben erlebt. Der Nachwuchs bleibt am selben Standort wie die Elternpaare.
Gewerbedächer besonders beliebt
Turtelt eine Taube auf der Anlage, muss das deshalb für den Betreiber ein Warnsignal sein. Wenn er jetzt nichts tut, nistet in zwei, drei Jahren eine ganze Kolonie unter der Anlage. Mit allem, was dazugehört: Gestank, verstopften Dachrinnen, verunreinigten Modulen und eventuell auch einem Befall der Nachbarhäuser.
Mattstedt findet den meisten und stärksten Befall auf Gewerbedächern. Und die Anfragen nehmen stetig zu: Inzwischen erreichen ihn mehrere pro Monat. Techniker und Sicherheitsbeauftragte in der Industrie sind oft gar nicht sensibilisiert für das Thema. Vor allem Schulen mit einer Solaranlage sind häufig befallen. Kein Wunder, weggeworfene Pausenbrote auf dem Schulhof sind geradezu ein Festmahl für die Tiere. In Kombination mit dem tollen Nistort auf dem Dach eine ideale Umgebung. Umso wichtiger ist die Vorsorge. Die beginnt mit einer regelmäßigen Sichtkontrolle der Anlage. Genau daran hapert es oft bei den meisten Anlagen, ob privat, gewerblich oder in der Landwirtschaft.
Lässt sich eine Taube auf der Anlage nieder, sollte sofort mit einer Vergrämungsmaßnahme begonnen werden. Wenn dieser Augenblick versäumt ist und die ersten Jungen schlüpfen, wird das Problem mit Sicherheit nicht mehr von allein verschwinden. Dann ist guter Rat teuer. Zunächst muss es eine Bestandsaufnahme geben: Wie weit ist die Population gediehen? Handelt es sich um ein frisches Nest oder fliegt die Taube erst an und entdeckt den Standort für sich? Oder sind gar schon mehrere Nester unter der Anlage?
Schraubt man die Module betroffener Anlagenteile ab, wird das ganze Ausmaß der Taubenansiedlung offensichtlich: Nester mit Eiern, Nester mit Küken, Nester mit Jungvögeln. Kadaver, mumifizierte Tauben und Berge von Taubenkot bis hoch an die Module. Die Solarkabel sind eingewachsen in eine stinkende, nasse Pampe. Steckverbindungen können auseinandergerissen sein. Hier werden alle blass, die so etwas das erste Mal sehen.
Einflugrinnen wirksam verschließen
Wenn man den Moment erwischt, in dem noch keine Jungvögel geschlüpft sind, darf man die Nester entfernen. In so einem Fall ist es dann auch relativ einfach, die Anlage zuzumachen, das heißt, die Einflugrinnen zu verschließen. „Jedoch auf keinen Fall mit Spikes“, betont Mattstedt. Deren Nutzen gehe gegen null.
Besser geeignet sind Lochbleche oder die U-förmigen Drähte mit mindestens zwei Millimeter Materialstärke. Das sind verschiebbare Drähte, die mit einem Band am Modulrahmen angebracht werden und die sich exakt an die Dachhaut anpassen lassen.
Mit dem Modulhersteller ist zu klären, ob geschraubt oder geklebt werden darf, um die Gewährleistung nicht zu verlieren, vor allem aber, um keinen Schaden am Modul zu verursachen. Nicht alle Anlagen können wirklich einfach geschlossen werden. Viele sind bis zum Ortgang verbaut. Mitunter stehen die Montagegestelle über die Module hinaus. Oder die Dachflächenfenster sind so umbaut, dass ein wirksamer Schutz nur mit großem Aufwand möglich ist. Diese Maßnahmen bedeuten erhebliche Kosten. Deshalb sollte ein Installateur schon bei der Neuinstallation vor allem in Städten bedenken, dass vielleicht später ein Taubenschutz notwendig wird, und die Anlage entsprechend bauen.
Wenn das Dach schon beim Aufmaß und der Planung Verunreinigungen durch Tauben aufweist, dann sollte am besten zusammen mit der Anlage ein Taubenschutz installiert werden.
Viel, viel Wasser
Im schlimmsten Fall sitzen frisch geschlüpfte Jungtiere in den Nestern. Dann ist der Prozess sehr viel aufwendiger. Tauben sind Wirbeltiere und fallen unter das europäische Tierschutzgesetz. Deshalb muss zuallererst das Veterinäramt eingeschaltet werden. Die Ämter kennen die Falkner und Kammerjäger, die die Tiere fangen und eventuell fachgerecht töten dürfen. Sie erteilen auch die Freigabe für die geplante Maßnahme. Jedoch sind nicht alle Ämter mit dieser Thematik vertraut, auch das berichtet Mattstedt. Wenn Kadaver und Nester unter den Modulen sind, bleibt gar nichts anderes übrig, als die Module teilweise abzubauen.
Wurde der anstrengende Weg gegangen, die Nester sind entfernt und die Anlage taubensicher gemacht, sollte der Betreiber mit der Reinigung noch einige Wochen warten. Denn die Tauben werden den Standort noch für eine Weile anfliegen und ihre Ausscheidungen hinterlassen. Ärgerlich, wenn auf einer frisch gereinigten Anlage sofort wieder Taubendreck zu finden ist.
„Für die Reinigung gilt dann: gut einweichen, viel, viel Wasser“, rät Mattstedt. Tage mit bedecktem Himmel eignen sich gut. „Den Taubenkot schön einweichen, schichtweise abnehmen, gründlich nachreinigen, das sind mehrere Arbeitsschritte.“ Und nicht vergessen: auch die Rahmenschlitze von Moos und Flechten befreien, weil der Kot sonst in diesen Schlitzen verbleibt und seine aggressiven Inhaltsstoffe Dichtungen angreifen. Jeder Rand, jedes Püpschen ist ein Ankerpunkt für Neuverschmutzungen.
Weil sich im Vogelkot Krankheitserreger befinden, sind außerdem besondere Arbeitsschutzmaßnahmen notwendig. Die Reinigungskräfte müssen einen Ganzkörperanzug tragen und eine Atemmaske.
In seiner Tätigkeit hat Mattstedt schon viel gesehen und erlebt. Nicht nur die Verschmutzungen treiben ihn um, sondern vor allem die Sorglosigkeit der Betreiber. Er nennt eine ungeheuerliche Zahl: „95 Prozent unserer Neukunden mit Anlagen unter 100 Kilowatt haben noch nie etwas von der regelmäßigen technischen Prüfung nach VDE gehört.“ Kaum zu glauben. Für den Klimaschutz ist das doch ein wichtiger Baustein: Eine Anlage kann durchaus länger als 20 Jahre laufen. Umso wichtiger die regelmäßige Wartung und Pflege.
Sorglose Betreiber wachrütteln
„Das ist in den Köpfen überhaupt nicht drin. Ich erlebe Betreiber, die nur auf das Ende der Förderung nach 20 Jahren schauen. Wenn im 16. Jahr ein Schaden oder Taubenbefall festgestellt wird, wollen sie nicht handeln. Die Anlage hat sich ja eh schon rentiert und nach dem EEG kommt sie wieder vom Dach.“ Dabei verbrauche doch auch jeder Recycling-Vorgang Energie und ist mit einem Rattenschwanz an Umweltverschmutzungen verbunden. In 40 Prozent der Anlagen, die Mattstedt reinigt, sieht er Schäden: Delaminationen, Hotspots, Rahmenschäden, gelöste Kabel oder Stecker, durchgeschmolzenes Glas. Und die Besitzer sind stolz, weil die Anlage viele Jahre reibungslos lief und sie nichts investieren mussten. Für Mattstedt ist das ein Unding.
Ihm liegen nicht nur saubere Module am Herzen, sondern der verantwortungsvolle Umgang mit der technischen Anlage. „Denn eine dezentrale, regenerative Energieerzeugung in Bürgerhand ist ein wichtiger Baustein der global notwendigen Energiewende.“