Die Boomzeit der Photovoltaikbranche in Deutschland liegt gut vier Jahre zurück. Anders als heute wurden zwischen 2010 und 2012 im Schnitt jährlich 7,5 Gigawatt Solarleistung neu installiert. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Anlagenteile getauscht werden müssen. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von technischem Verschleiß über Planungs- und Installationsfehler bis zu Diebstahl oder Sicherheitsmängeln. Der Austausch von Komponenten, neudeutsch Repowering genannt, ist dabei komplexer, als eine vollkommen neue Anlage auf der grünen Wiese zu errichten.
Eine neue Anlage wird so geplant, dass alle Komponenten miteinander harmonieren. Einzelne Bauteile auszutauschen ist eine technische Herausforderung, schließlich hat die Photovoltaikbranche einen der kürzesten Innovationszyklen überhaupt. Wer Module oder Wechselrichter ersetzen will, muss Komponenten am Markt suchen, die ähnliche Kennwerte aufweisen. Verfügen die Ersatz- oder Neumodule beispielsweise über die gleiche Leerlaufspannung oder identischen Kurzschlussstrom, passen sie sich relativ problemlos in den String ein.
Ob sich das Repowering finanziell lohnt, ist erst einmal zweitrangig, sofern der Austausch beispielsweise aus Sicherheitsgründen zwingend notwendig ist. Ähnlich wie bei einer Neuinstallation steht die Reparaturinvestition entsprechend vergüteten Kilowattstunden gegenüber. So lässt sich exakt ermitteln, wann sich die Erneuerung amortisiert haben wird.
Dokumentation fehlt teilweise
Die Boomjahre haben bei einigen Anlagen bereits sichtbare Spuren hinterlassen. So kann es sein, dass die Baudokumentation nur noch wenig mit der realen Anlage gemein hat oder sogar in Teilen beispielsweise gänzlich vergessen wurde. Eine nachträgliche Erfassung ist sehr aufwendig. Deshalb wird eine Dokumentation oft erst korrigiert oder aufgesetzt, sobald ein Fehler auftritt. Dieser Umstand macht eine rasche Analyse und erneute Instandsetzung bei einem notwendigen Repowering mühselig. Damit muss die Branche leben – es ist die Kehrseite des schnellen Zubaus vergangener Jahre.
Anders als vor fünf oder sechs Jahren verfügt heutzutage jede Anlage über ein Monitoringsystem, mit dessen Hilfe der Anlagenbetreiber aktuelle Daten für Strom, Spannung und Leistung überwacht. Die Firma Maxsolar mit Hauptsitz im bayrischen Traunstein bietet als technischer Betriebsführer ein solches Controlling an: Pro Monat oder Quartal können Eigentümer und Investoren die realen Ertragswerte mit den prognostizierten Werten vergleichen lassen und bewerten, welche Erträge die Anlage wirklich erbringt.
Defekte Wechselrichter
In dieser Funktion betreute Maxsolar als Generalunternehmer eine Freiflächenanlage in Zeilarn zwischen Passau und München. Die Anlage ging im Jahr 2009 in Betrieb und verfügt über eine Leistung von 760 Kilowatt. In diesem Jahr trat ein Mangel auf, der schnellstmöglich behoben werden musste: Bei zwei der insgesamt sieben Zentralwechselrichter funktionierte die Kommunikationsplatine nicht mehr. Der Netzbetreiber konnte dadurch die Anlagenleistung nicht mehr ferngesteuert reduzieren, wie es die EEG-Novelle seit 2014 verlangt.
Ein sofortiger Austausch scheiterte daran, dass der ursprüngliche Wechselrichter nicht mehr am Markt verfügbar und eine Reparatur sehr aufwendig und damit unverhältnismäßig teuer war. Darüber hinaus war die Leistung des Wechselrichters ohnehin nicht mehr besonders gut. Verglichen mit dem heutigen Standard lag sein europäischer Wirkungsgrad bei nur 93 Prozent, etwa fünf Prozentpunkte unter Marktniveau. Der Kunde entschied sich folgerichtig für neue Wechselrichter. Die erste Berechnung von Maxsolar ergab eine Amortisationszeit der Maßnahme von nur zweieinhalb Jahren.
Strikte Anschlussbedingungen
Bei dieser vorteilhaften Prognose konnte es leider nicht bleiben: Beim Austausch mussten nämlich die technischen Anschlussbedingungen (TAB) des Netzbetreibers Bayernwerk berücksichtigt werden, der unter anderem die Richtlinien für den Anschluss von Erzeugungsanlagen ans Stromnetz neu geregelt hatte. Dies machte es erforderlich, dass sogar eine neue Übergabestation errichtet werden musste, die die Kosten des Repowerings deutlich erhöhte.
Die Wechselrichter der Anlage in Zeilern waren nur bis 600 Volt zugelassen. Durch die Bauteile floss deshalb ein höherer Strom als heute üblich. Der Technologietrend geht jedoch zu höheren Spannungen und kleineren Strömen, weshalb die komplette Stringverkabelung verändert werden musste. Maxsolar hat daraufhin eine Umverkabelung von ursprünglich 16 auf 26 Module in Reihe durchgeführt und die Spannung dementsprechend erhöht.
Umverkabelung spart Kosten
Das Fazit bei dieser Anlage: Die Umverkabelung des gesamten Solarparks war kostengünstiger, als neue Repowering-Umrichter zu besorgen, die höhere Ströme vertragen. Trotz aller Auflagen beträgt die Amortisationszeit bei der zweiten konservativen Berechnung immer noch weniger als fünf Jahre, ein gut zu überschauender Zeitraum für einen Investor.
Bei einem anderen von Maxsolar betreuten Projekt in Aufroth östlich von Regensburg wurden Tracker von der DC-Seite her umverkabelt. Hier waren 14 Module in Reihe geschaltet. Anhand einer Verschattungssimulation wurde nun berechnet, dass neu verlegte Kabel den Ertrag deutlich erhöhen.
Nach dem erfolgreichen Umbau ist von der Verschattung nur noch ein String betroffen, zuvor hatten beide Strings keinen Strom mehr geliefert (siehe Grafik Seite 35). Das erfreuliche Resultat: Die Umbaumaßnahmen werden sich sehr wahrscheinlich schon innerhalb von nur zwei Jahren refinanzieren.
Bei einer dritten Anlage in Aichach bei Augsburg mit 4,2 Megawatt Leistung fiel dem Betreiber ein enormer Ertragsverlust auf, und er veranlasste Stringmessungen, um die schadhaften Anlagenteile zu identifizieren. Die Überprüfung ergab, dass ein Teil-Repowering von Dünnschichtmodulen notwendig geworden war. Ein Modulwechsel ist allerdings deutlich aufwendiger, als Wechselrichter oder Kabel zu ersetzen.
Warum der Aufwand?
In der Anlage wurden schrittweise 1.500 Module mit rund 118 Kilowatt Leistung demontiert und zu einem Unternehmen geschickt, das die Garantieabwicklung für den Modulhersteller übernommen hat. Dort wird mit sogenannten Flash-Tests jedes einzelne Modul überprüft und anschließend entschieden, welches ersetzt werden muss und welches nicht. Anschließend werden die neuen und die noch funktionstüchtigen Module wieder im Feld installiert.
Der teure und zeitintensive Versand der Module war nötig, um zum einen Garantieansprüche vom Hersteller geltend zu machen und zum anderen dem Anlagenbetreiber die alte EEG-Einspeisevergütung zu erhalten. Der Austausch von Modulen beeinflusst nämlich – anders als das Repowering anderer Komponenten – direkt die ihm garantierte Vergütung. Jedes Modul verfügt deshalb laut Gesetz über eine registrierte Seriennummer. Wird es ersetzt, geht der Vergütungsanspruch eigentlich verloren. Das EEG 2014 legt jedoch fest, unter welchen Bedingungen der Anspruch unter Umständen fortbestehen kann und welche Anforderungen die neuen Module zu erfüllen haben.
Demnach müssen entweder ein technischer Defekt oder gravierende Sicherheitsmängel vorliegen. Weiterhin bleibt bei einem Diebstahls ebenfalls die Vergütungsfähigkeit der Anlage (auch mit neuen Modulen) mit der Vergütung zum Zeitpunkt der ursprünglichen Inbetriebnahme bestehen. Hierfür sind allerdings in jedem Fall bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen und projektspezifische Nachweise zu erbringen. Im Falle eines Diebstahls wäre dies beispielsweise der Polizeibericht, bei einem technischen Defekt der Module im Sinne von einer Leistungsdegradation kann dies beispielsweise mit Kennlinienmessungen der betroffenen Module oder der Strings belegt werden.
Modulleistung nicht erhöhen
Die EEG-Clearingstelle hat mittlerweile detaillierte Vorgaben veröffentlicht, in welchem Rahmen sich die Nachweisführung bewegen muss. Weiterhin gilt es zu beachten, dass bei Veränderung der Leistung in jedem Fall die Bundesnetzagentur davon in Kenntnis gesetzt werden muss.
Sollte die Leistung der neu installierten Module in Summe höher als die ursprüngliche Leistung sein, so muss außerdem berücksichtigt werden, dass die Differenz nur nach dem zum Zeitpunkt der neuen Inbetriebnahme gültigen Satz vergütet wird. Für Eigenverbrauchsanlagen gilt die einzige Ausnahme der strengen Regulierung; ihre Leistung darf beim Repowering um bis zu 30 Prozent steigen.
Ähnlich wie beim ersten Netzanschluss obliegt dem Netzbetreiber auch bei der erneuten Inbetriebnahme nach dem Repowering die Kontrollpflicht: Er erhält alle Dokumente, bei denen es Änderungen gab; das Schaltbild, den Elektroübersichtsplan, die Datenblätter der Module und Wechselrichter sowie entsprechende Zertifikate. Meist übernimmt der technische Betriebsführer die Kommunikation für den Anlageneigentümer.
Um einen technischen Defekt überhaupt dokumentieren zu können, wird meist ein externer Gutachter mit einer Kennlinienmessung beauftragt. Auch ein Reporting aus dem Monitoringsystem kann als Nachweis gelten.
Da Repowering ein noch junges Geschäftsfeld ist, fehlt es derzeit allen beteiligten Akteuren an Erfahrung. Aber auch wenn der Aufwand für den Betreiber in einem wirtschaftlichen Rahmen bleiben sollte, muss der Defekt in jedem Fall für den Netzbetreiber nachvollziehbar sein. Er entscheidet, welche Nachweise genügen und was zu tun ist.
Ein notwendiges Repowering sollte deshalb idealerweise schon vorab mit dem Netzbetreiber in einem ergebnisoffenen Dialog besprochen werden.
Und noch ein zugegebenermaßen launischer Akteur mischt beim Repowering entscheidend mit: Bei einem Diebstahl oder Defekt von Anlagenkomponenten sind Betreiber gezwungen, diese umgehend zu ersetzen. Gibt es jedoch zeitlichen Spielraum und soll das Repowering aufgrund ökonomischer Überlegungen durchgeführt werden, bieten sich bei erster Betrachtung die Wintermonate an.
Wie lange warten?
Die geringeren Sonnenstunden scheinen den Ertragsausfall von vornherein zu minimieren. Diese Annahme ist trügerisch, weil eine Montage bei einer Aufdachanlage im Winter witterungsbedingt schwieriger ist und auch länger dauert. Es kann durchaus sinnvoll sein, im Herbst oder bei Frühlingsbeginn aufs Dach zu steigen.
Klar ist aber: Bei einem technischen Mangel kann eine Reparaturmaßnahme selbstverständlich nicht aufs Wetter warten – Sicherheit geht vor.
Greentech
Wann sich Repowering lohnt
Die Firma Greentech hat ein neues Programm entwickelt, mit dem der Anlagenbetreiber schnell zu einer Entscheidung kommen kann, ob und wie er veraltete Anlagenkomponenten austauscht. Mit dem Programm kann der gesamte Repoweringprozess begleitet werden bis hin zur Qualitätskontrolle.
Der Hamburger Betriebsführer von Solaranlagen Greentech hat ein Berechnungstool für das Repowering von Photovoltaikgeneratoren entwickelt. Zwar ist diese Art der Optimierung von Solaranlagen in den letzten Jahren immer wieder durchgeführt worden. Doch am Anfang steht immer eine kaufmännische Bewertung, ob sich der Tausch von Modulen oder anderen Komponenten lohnt.
Der Anlagenbetreiber muss dabei viel Geld in die Hand nehmen, kann aber durch das Repowering auch die Anlage zurück in die Wirtschaftlichkeit führen. Zudem muss die Umrüstung strukturiert durchgeführt werden, sodass die Ertragsausfälle so gering wie möglich bleiben. Greentech hat sich mit dem neuen Berechnungstool darauf konzentriert, den technischen Prozess einer Anlagenoptimierung kaufmännisch zu strukturieren und systematisch zu begleiten.
Maxsolar
Innovative Konzepte mit Speicher
Der Projektierer Maxsolar mit Hauptsitz im bayerischen Traunstein wurde 2009 als Ingenieurbüro gegründet. Fokus war die Errichtung und Optimierung von Photovoltaikanlagen. Sowohl Aufdach- als auch Freiflächenanlagen installiert die Firma weltweit und erstellt ganzheitliche Energiekonzepte.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt zudem auf der Integration von Speichertechnologien. Maxsolar kooperiert dafür eng mit der Schwesterfirma Smart Power in der zweiten Niederlassung im Technologiezentrum Garching. Hier werden länderübergreifende Forschungsaufträge unter anderem auch mit Österreich umgesetzt.
Anwälte GGSC
Repowering für Photovoltaikanlagen
Das Repowering einer Bestandsanlage kann die Rentabilität einer Anlage verbessern – und zwar insbesondere in der Eigenversorgung. Der Vorteil hierbei: Bestandsanlagen sind von der EEG-Umlage befreit. Zudem lässt sich bei Photovoltaikanlagen mit mehr als 750 Kilowatt Leistung durch ein Repowering der Verlust der EEG-Vergütung für das gesamte betroffene Kalenderjahr im Falle einer teilweisen Eigenversorgung vermeiden. „Eine Teileigenversorgung ist möglich“, erklären die Berliner Anwälte von Gaßner, Groth, Siederer & Collegen, kurz GGSC. Dies könne die Wirtschaftlichkeit einer Anlage erhöhen, weil die installierte Leistung einer Bestandsanlage durch eine Erneuerung, Erweiterung oder Ersetzung um bis zu 30 Prozent zu erhöhen sei. Und dies laut GGSC, ohne den Status als Bestandsanlage zu verlieren, auch das zusätzliche Leistungspotenzial falle unter den Bestandsschutz.
Bestandsanlagen sind nach dem EEG 2014 und EEG 2017 vor allem solche Anlagen, die vor August 2014 zur Eigenerzeugung genutzt wurden. „Eine Anlage, die die Anforderungen einer Bestandsanlage einmal erfüllt hat, bleibt Bestandsanlage“, verkünden die Anwälte. Und zwar auch dann, wenn sie zwischenzeitlich ausschließlich zur Drittbelieferung eingesetzt wurde. Der Anteil des eigenerzeugten Stroms kann demnach jederzeit erhöht werden. Als Erweiterung gilt im Übrigen auch: eine neu hinzugebaute Solarstromanlage.
Der Autor
Simon Mayer
ist technischer Leiter bei der Firma Maxsolar. Er studierte Maschinenbau an der TU München und arbeitet seit 2010 bei dem bayrischen Projektierer aus Traunstein. Repowering sieht Mayer als ein stark wachsendes Thema.