In Amerika und dem Vereinigten Königreich sind sie seit Jahren bekannt, in den deutschsprachigen Märkten fristen sie eher ein Nischendasein: die Mikrowechselrichter, auch Modulwechselrichter genannt. Nach dem Vorbild der DC-Optimierer, wie sie Solaredge vor zehn Jahren auf den Markt gebracht hat, verlagern sie das MPP-Tracking direkt ans Modul.
Im Unterschied zu den DC-Optimierern übernehmen die Mikrowechselrichter zudem die Leistungsumsetzung von DC zu AC. Das bedeutet: Die Module werden über eine gemeinsame AC-Leitung verschaltet und mit dem Netz verbunden. Oder das Gebäude wird mit Wechselstrom versorgt. Der klassische Stringwechselrichter entfällt.
Enphase ist Platzhirsch in Übersee
Am weitesten vorgeprescht in Europa mit dieser Technologie ist Enphase Energy, die im vergangenen Jahr breit in den deutschen Markt einstiegen. In Amerika und UK ist Enphase der Platzhirsch, zumal dort die einphasige Elektroversorgung und sehr verwinkelte Dächer (vor allem in UK) regelrecht dazu einladen, mit den Modulzwergen zu bauen.
Denn wie bei Power-Optimierern vereinfachen die IQ-7 von Enphase die Planung und bieten zahlreiche Sicherheitsfunktionen, bis hin zur Abschaltung der Module im Brandfall. In München zeigte Enphase in diesem Jahr die neuen IQ-8, die im Stammmarkt Amerika bereits seit Längerem verfügbar sind.
Batterie baut Inselnetz auf
Zusammen mit der Enphase-Batterie können diese Mikrowechselrichter auch ohne Frequenzsynchronisation vom Stromnetz agieren, also Inselanlagen aufbauen. Zwar dominiert noch das Geschäft mit netzsynchronen Anlagen, doch die Nachfrage nach echter Autarkie steigt – auch bei Enphase.
Deshalb baut Enphase seine Kapazitäten in Europa deutlich aus. Bei der Elektronikfirma Flex im rumänischen Timisoara werden ab kommendem Jahr die Mikrowechselrichter für den europäischen Markt hergestellt. Damit entfällt der Import aus Übersee und Enphase macht sich von den Verwerfungen der internationalen Lieferketten ein Stück weit unabhängig.
Solarnative: passt in den Modulrahmen
Besonders pfiffig ist die Innovation, die Solarnative in München vorstellte: Der Mikrowechselrichter ist so konstruiert und kompakt, dass er im Modulrahmen verschwindet. Das junge Unternehmen aus Frankfurt am Main präsentierte den Power Stick, der zu den Finalisten des diesjährigen Intersolar Awards zählte.
Der Power Stick INV-350 ist das Resultat von langer Entwicklungsarbeit. Erfinder der Technologie ist Henk Oldenkamp, der den kleinsten Wechselrichter der Welt entwickelt hat. Oldenkamp und sein Team sitzen in Kassel.
Ausgefeilte Hochfrequenztechnik
Dank ausgefeilter Hochfrequenztechnik und konsequentem Abspecken wird der Mikrowechselrichter in den Rahmen handelsüblicher Photovoltaikmodule integriert. Der Metallrahmen dient als Kühlfläche.
Geschäftsführer von Solarnative ist Dr.-Ing. Julian Mattheis. Bereitwillig erläutert er das innovative Produkt: „Wir werden die Mikrowechselrichter ab dem ersten Quartal 2023 ausliefern“, stellt er in Aussicht. „Wir sind von der enormen Nachfrage hier in München überrascht.“ Vor allem die Anbieter von Balkonmodulen suchen händeringend nach Mikrowechselrichtern, um die kleinen Guerillasysteme an die Steckdosen ihrer Kunden zu bringen.
Schwimmend gelagert
Der Modulzwerg von Solarnative passt sogar in einen schmalen Modulrahmen mit 32 Millimetern. Er wiegt nur 250 Gramm. „Die Platine im Mikrowechselrichter ist schwimmend gelagert“, erklärt Mattheis. „Auch das Gerät selbst ist im Rahmen schwimmend gelagert, damit keine Temperaturspannungen entstehen. Unser Wechselrichter übernimmt auch die Bypassdiode der Zellstrings im Modul, damit lassen sich die Module vereinfachen.“
Der kleine Wechselrichter wird mit einem Megahertz getaktet. Die Kommunikation im Modulstring läuft mit 600 Kilohertz auf der Powerline, zusätzliche Verkabelung für die Kommunikation ist also nicht erforderlich.
Keine EMV-Probleme befürchtet
Intensiv haben sich die Entwickler mit Vorgaben zur EMV befasst. Darunter versteht man die Abstrahlung störender Frequenzen, weil der Modulstring wie eine Antenne wirkt.
Von DC-Optimierern ist das Problem bekannt, auch wenn es nur sehr selten auftritt. „Unsere Powerline-Kommunikation funktioniert nur in einem durch Filter stark geschützten Bereich des Netzes, also nur zwischen Wechselrichtern und Gateway“, erklärt Mattheis. „Daher können wir mit sehr geringen Signalamplituden arbeiten. Wir haben deshalb nur eine sehr geringe Abstrahlung.“
DC-Schleifen werden vermieden
Die Strahlung durch die Taktung im Wechselrichter wird durch das Aluminiumgehäuse fast vollständig innerhalb des Geräts gehalten. „Die lang gestreckte Form fungiert wie ein Wellenleiter“, meint Mattheis. „Er würde nur sehr wenige Wellenlängen durchlassen. Zudem haben wir hier starke Filter eingebaut.“ Im Unterschied zu DC-Optimierern laufen bei Solarnative die Leitungen stets im selben AC-Kabel hin und zurück. Es entstehen keine Schleifen wie bei DC-Strings, die wie Antennen wirken und störende Frequenzen auskoppeln können.
Auslieferung ab Q1/2023
Solarnative bietet zunächst einen Wechselrichter pro Modul an, keine Duo-Variante für zwei Module pro Mikrowechselrichter. Netz- und Anlagenschutz sind integriert, das ist auch für Balkonmodule wichtig. Für das Monitoring und den Anschluss ans Netz braucht man ein Gateway. Im kommenden Jahr will Solarnative zunächst 200.000 Stück des Power Stick INV-350 ausliefern.
Drei Vertriebswege will der neue Anbieter entwickeln: zunächst den Absatz über Modulhersteller, die den Mikrowechselrichter in die Rahmen ihrer Module integrieren. Der Verkauf soll zudem an die Installateure erfolgen, über Großhändler der Elektrobranche und der Solartechnik.
Verkauf an Installateure
Der dritte Pfad sind die Systeme zur Balkonphotovoltaik, bei denen die Nachfrage derzeit abhebt. O-Ton Julian Mattheis: „Da werden wir gerade mit Anfragen überrannt.“
Solarnative hat für das kommende Jahr ein eigenes Batteriesystem in Aussicht gestellt. „Zunächst geht es erst einmal darum, die Fertigung und den Vertrieb aufzubauen“, bestätigt Mattheis. Die Produktion soll im Raum Frankfurt am Main angesiedelt werden.
Aeconversion: Geräte abgespeckt
Zumindest bei Balkonmodulen ist bislang die Firma Aeconversion aus Bad Sassendorf (bei Soest) vorneweg. Beharrlich verfolgen die Ingenieure und Entwickler des Unternehmens die Miniaturisierung der Leistungselektronik am Modul.
In München hatte Aeconversion seine Geräte weiter verschlankt. „Wir konzentrieren uns auf Balkonmodule“, erläutert Vertriebschef Aymeri R. Barrailh. „Für diese Anwendung sind Systeme mit Datenlogger und Gateways zu kompliziert.“ Aeconversion hat bereits rund 70.000 Mikrowechselrichter ausgeliefert.
Aeco 1: Smart Meter für Balkonsysteme
Neu in München wurde – neben den schlanken Modulzwergen – das Smart Meter Aeco 1 gezeigt. Es bietet das Monitoring für Balkonkraftwerke und passt auch für ältere Mikrowechselrichter von Aeconversion.
Fünf Meter Anschlussleitung sind integriert, das Smart Meter bringt die Ertragsdaten zur App. So kann der Solarkunde auf seinem Smartphone sehen, wie viel Energie die Anlage erzeugt.
Updates erweitern Funktionen
Die Smart Meter können auch mit fremden Mikrowechselrichtern laufen. Bis 3,5 Kilowatt (einphasig) lassen sich damit messen. „Über Updates werden wir die Möglichkeiten dieses intelligenten Geräts erweitern“, stellt Aymeri R. Barrailh in Aussicht. „Es wird auch tauglich für Smart Home.“
Im Juli begann die Produktion, die Auslieferung läuft bereits an. „Das Gerät wird in Deutschland hergestellt“, versichert der Vertriebsexperte. „Und ganz wichtig: Auch die Server mit den Ertragsdaten unserer Kunden stehen in Deutschland.“•
Bosswerk/Green Akku
Zwei neue Mikrowechselrichter für Balkonanlagen mit integriertem Wifi
Die beiden neuen Mikroinverter BW-MI300 und BW-MI600 von Bosswerk wurden speziell für steckerfertige Solaranlagen entwickelt. Bis 600 Watt Einspeiseleistung brauchen solche Systeme keine Genehmigung. Sie eignen sich besonders für alle, die tagsüber im Homeoffice arbeiten.
Die Modulzwerge liefern bereits ab 20 Volt aus dem Modul den benötigten Wechselstrom für die Hausversorgung (230 Volt). Die Modulleistung lässt sich über Wi-Fi auf Tablet, Smartphone oder PC anzeigen, speichern und auswerten. Die Schnellabschaltfunktion sorgt bei Netzausfall für Sicherheit.
Die beiden Inverter unterscheiden sich in ihrer Ausgangsleistung: Während der BW-MI300 bis zu 300 Watt ins Hausstromnetz einspeist, liefert der BW-MI600 bis zu 600 Watt. Die empfohlene Eingangsleistung vom Solarpaneel zum BW-MI300 beträgt 210 bis 400 Watt. An den BW-MI600 kann das Doppelte an Photovoltaikmodulen angeschlossen werden. Beide Wechselrichter entsprechen dem IP67-Schutzgrad und sind konform mit den wichtigen Normen VDE 4105-2018-11, VDE 0126, EN 50549, IEC 62109, CE und Inmetro.
Der BW-MI300 kostet 149 Euro, der BW-MI600 ist für 259 Euro zu haben. Beide Produkte sind im Onlineshop von Green
Akku erhältlich. Bosswerk gewährt zwölf Jahre Produktgarantie.
https://www.bosswerk.de/mikrowechselrichter
Video der PV Guided Tours
Jarno Wagner von Enphase: AC-Solarsystem mit Mikrowechselrichtern
Die Komplettlösung von Enphase Energy erlaubt es, Sonnenstrom zu gewinnen, zu nutzen und zu speichern. Bei Netzausfall baut der Speicher ein Mikrogrid auf. Wie das funktioniert, erfahren Sie in unserem aktuellen Video von Jarno Wagner, Geschäftsführer für Deutschland, Österreich und die Schweiz.