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Reparieren statt tauschen

Der Wechselrichter heißt so, weil er mindestens ein Mal im Laufe der Lebensdauer einer Solaranlage gewechselt werden muss, kalauert man gern in der Photovoltaikbranche. Tatsächlich gibt es nur wenige Geräte, die 20 oder 25 Jahre lang klaglos durchhalten. Deshalb preisen gerade größere Investoren in Solaranlagen mindestens einen Tausch des Wechselrichters in die Investitionssumme ein. Dann sind sie auf der sicheren Seite bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Anlage.

Doch so einfach ist die Welt manchmal dann doch nicht. Denn selbst wenn Geld für den Tausch eines Wechselrichters nach zehn Jahren vorhanden ist, bleibt es oft eine Herausforderung, ein passendes Ersatzgerät zu finden. Die technologische Entwicklung in der Photovoltaikbranche ist dynamisch und innerhalb von zehn Jahren kann sich viel ändern.

So laufen viele Dünnschichtanlagen mit Wechselrichtern mit einem Trafo. Solche Wechselrichter werden nicht mehr hergestellt. „In größeren Anlagen ist in der Regel mehr als ein Wechselrichter verbaut. Wenn dann ein Gerät kaputtgeht, das es als Ersatz nicht mehr gibt, passen meist die gesamte Anlagensteuerung sowie die Überwachungskommunikation nicht mehr. Diese müssten dann auch erneuert werden“, beschreibt Dennis Logemann das Problem. Er ist Geschäftsführer von Hilker Repair. Das Tochterunternehmen von Hilker Solar im westfälischen Rahden hat sich auf die Reparatur von Leistungselektronik spezialisiert.

Fehlende Ersatzgeräte waren ein Grund für Hilker Solar, defekte Wechselrichter nicht mehr nur auszutauschen, sondern zu reparieren. Dazu kommt noch das Ziel, der Ressourcenverschwendung Einhalt zu gebieten. Denn in der Regel landen die defekten Geräte als Elektroschrott auf dem Müll, bestenfalls werden die einzelnen Materialien recycelt.

Die Elektrotechniker von Hilker Repair tauschen dabei nicht einfach nur Platinen aus. Sie blicken tief in den Wechselrichter hinein, setzen den Lötkolben an und reparieren ihn auf Bauteilebene. Zunächst hat das Unternehmen, das Solaranlagen installiert und wartet, bei den eigenen Kunden angefangen. „Wir wollen nicht nur Solaranlagen verkaufen, sondern bleiben für unsere Kunden in allen Belangen Ansprechpartner über die gesamte Lebensdauer des Generators hinweg“, betont Logemann die Grundlage, auf der Hilker Repair arbeitet.

Nach den in zwei Jahren gesammelten Erfahrungen im Reparaturmetier hat Hilker den Service auch für andere Anlagenbetreiber deutschlandweit geöffnet. Dazu arbeiten die Rahdener mit Kooperationspartnern wie Secondsol zusammen.

Auf der Suche nach dem eigentlichen Fehler schauen die Mitarbeiter tief in den Wechselrichter hinein.

Foto: Hilker Repair

Auf der Suche nach dem eigentlichen Fehler schauen die Mitarbeiter tief in den Wechselrichter hinein.

Die Nachfrage zieht an

Der Anlagenbetreiber kann über den Onlinemarktplatz von Secondsol eine Reparatur des Wechselrichters beauftragen. „Wir leiten diesen Auftrag direkt an Hilker Repair weiter. Dort übernehmen die Mitarbeiter die Abwicklung“, erklärt Stefan Wippich, Geschäftsführer von Secondsol. „Damit entwickeln wir unsere Dienstleistungsplattform weiter, auf der der Installateur, ohne im Netz lange suchen zu müssen, eine Anlaufstelle hat, bei der er auch eine Wechselrichterreparatur beauftragen kann.“ Zudem arbeitet Hilker mit dem Kölner Sachverständigenbüro für Photovoltaikanalgen Nüsperling zusammen. Hier geht es vor allem um die Abwicklung von Versicherungsschäden.

Inzwischen landen jedes Jahr mehrere Tausend Wechselrichter auf den Tischen in der Werkstatt in Rahden. „Wir haben mit zwei Elektrotechnikern in der Werkstatt angefangen und inzwischen reparieren zehn Mitarbeiter Wechselrichter und andere Komponenten wie beispielsweise Datenlogger. Wir mussten die Räume der Werkstatt schon zwei Mal erweitern, und für dieses Jahr planen wir einen zusätzlichen kompletten Neubau, der noch größer als die bisherige Fläche ist, auf der wir reparieren“, beschreibt Logemann die Dynamik der Nachfrage.

Bis zu 70 Prozent Ersparnis

Die Nachfrage hat bisher jedes Jahr um 30 bis 50 Prozent zugelegt. Inzwischen ist die Kunde, dass Wechselrichter reparabel sind, nicht nur bei Installateuren, Wartungs- und Betriebsführungsdienstleistern oder großen Solarparkbetreibern angekommen, sondern auch bei Versicherungen. Schließlich spart die Reparatur viel Geld im Vergleich zum Neukauf.

Denn da die Rahdener nur Bauteile tauschen, belaufen sich die Kosten einer Reparatur auf durchschnittlich zwischen 350 und 600 Euro. „Damit spart man im Vergleich zur Neuanschaffung zwischen 50 und 70 Prozent der Kosten“, rechnet Dennis Logemann vor.

Vor allem bei kleinen Wechselrichtern wird eine Reparatur wirtschaftlich eng, weil hier die Anschaffungskosten niedriger sind. Doch der Anlagenbetreiber muss dabei auch die Kosten einrechnen, die ein eventueller Umbau der Solaranlage mit sich bringt, wenn ein neuer Wechselrichter installiert wird.

Schäden sind unterschiedlich

Die Schäden, mit denen die Geräte in Rahden ankommen, sind vielfältig. „In den Wechselrichtern sind elektronische Bauteile, die irgendwann ihren Lebenszyklus beendet haben“, sagt Dennis Logemann. „Häufig sind die Relais defekt. Diese sind für eine bestimmte Anzahl von Schaltungen ausgelegt. Im Laufe der Zeit kann der Kontakt festbrennen und dann schaltet das Relais nicht mehr.“

Aber auch Elektrolytkondensatoren (Elkos) sind Wackelkandidaten, wenn es um die Langlebigkeit von Wechselrichtern geht. Diese gasen mit der Zeit aus, was zu einem Leistungsabfall führt. Solche Bauteile sind in vielen Einzelkomponenten der Wechselrichter enthalten. „Wir sehen das schon, wenn wir den Deckel abnehmen“, sagt Logemann. „Denn die Elkos blähen sich regelrecht auf. Wenn sie nicht rechtzeitig ausgetauscht werden, können sie platzen. Dann tritt das Elektrolyt aus, das weitere Schäden verursacht und bis hin zum Totalschaden führen kann.“

Manchmal ist es nur ein Lüfter, der ausgetauscht werden muss. Aber nicht selten sind auch ganze IGBT-Module sowohl auf der Gleich- als auch auf der Wechselstromseite betroffen. Denn das ist die Komponente, die am meisten leisten muss und entsprechend thermisch stark beansprucht ist. „Die IGBT-Module sind in der Regel mit einer Wärmeleitpaste an einen Kühlkörper gepresst. Diese Paste altert oder verflüchtigt sich. Sie kann dann die Wärme nicht mehr zum Kühlkörper abführen und dann kann es passieren, dass die IGBT-Module platzen“, weiß der Hilker-Repair-Chef.

Fehlerursache beheben

Zusätzlich werden in jedem Gerät alle Verschleißteile und kritischen Elemente überarbeitet. Die Mitarbeiter in Rahden haben inzwischen viel Erfahrungen gesammelt und kennen die Schwachstellen der Geräte. Sie erneuern beispielsweise auch die Wärmleitpaste prophylaktisch und tauschen Kondensatoren aus, auch wenn der eigentliche Schaden ein defektes Relais ist.

Zudem suchen sie akribisch die Ursache des Fehlers. Denn wenn nur ein defektes Bauteil ausgetauscht und nicht die eigentliche Fehlerursache behoben wird, kann diese das neue Bauteil innerhalb kürzester Zeit wieder beschädigen.

Es kommen aber auch viele Geräte mit Überspannungsschäden aufgrund von Blitzeinschlag bei Hilker an. Hier prüfen die Elektrotechniker vor allem die Schadensursache und welche Bauteile tatsächlich betroffen sind. Das macht Hilker Repair in Zusammenarbeit mit der Prüffabrik, die ebenfalls in Rahden angesiedelt ist. Auftraggeber sind hier in der Regel die Versicherungen. Auch bei Überspannungsschäden besteht häufig die Möglichkeit, das Gerät zu reparieren.

Denn die Reparatur lohnt sich bei fast allen Geräten. „Wie haben eine Reparaturquote von fast 90 Prozent bei reparablen Schäden“, sagt Logemann. Vor allem die Geräte namhafter Hersteller sind meist reparabel. Schwieriger wird es bei Exoten, weil in solchen Fällen Hilker keine Bauteile bekommt. Denn viele Bauteile kommen meist direkt vom Hersteller. „Teilweise sind hier sehr spezifische Komponenten verbaut, die nur der Wechselrichterhersteller hat“, erklärt Logemann.

Bauteile vom Hersteller

Das war anfangs tatsächlich auch ein Problem. Viele Hersteller haben die Idee, die Inverter auf Bauteilebene zu reparieren, nicht ganz ernst genommen. Doch inzwischen hat Hilker eine Größenordnung im Reparaturbetrieb erreicht, dass die Hersteller mit dem Unternehmen zusammenarbeiten. „Teilweise sind wir inzwischen in Bereichen tätig, die die Hersteller überhaupt nicht mehr abbilden können – etwa weil sie selbst keine fertigen Platinen für ältere Geräte mehr am Lager haben“, sagt Logemann.

Damit ein Wechselrichter repariert werden kann, muss er aber zwangsläufig in Rahden landen. Denn nur hier ist das notwendige Equipment vorhanden, das weit über den Lötkolben hinausgeht. So nutzt Hilker in der Werkstatt ein umfangreiches Mess- und Analyseequipment zur Fehlersuche. Es gibt nicht nur das riesige Ersatzteillager, sondern die Elektrotechniker können hier außerdem den reparierten Wechselrichter auf Herz und Nieren prüfen.

Am Ende wird getestet

Vor Ort ist ein Gleichstromgenerator vorhanden, der Solaranlagen mit unterschiedlich hoher Leistung simulieren kann – passend für die unterschiedlichen Wechselrichter. Dadurch können die Mitarbeiter nach der Reparatur mehrmals die komplette Leistungskurve fahren und den Wechselrichter unter Volllast schalten lassen. Dadurch kann Hilker sicherstellen, dass die Geräte auch sicher funktionieren, wenn sie beim Kunden wieder in die Anlage eingebaut werden. Das geht vor Ort nicht, weil dann die Prüfung immer von der Sonneneinstrahlung abhängig ist“, erklärt Logemann. „Zudem hat die Solaranlage keinen Schutzmechanismus wie unser Teststand. Wenn der Wechselrichter an die Gleichstromleitung angeschlossen ist, fließt Strom und Spannung liegt an. Wenn dann etwas passiert, schaltet die Anlage nicht ab.“ Das kann weitere Schäden im Gerät verursachen. Der Teststand in Rahden hingegen schaltet dann sofort ab.

Um die Logistik so effektiv wie möglich zu gestalten, hat Hilker viele Mittel in die Struktur und die Digitalisierung investiert. Denn der Wechselrichter muss möglichst schnell wieder einsatzbereit beim Kunden ankommen.

Kostenvoranschlag ist obligatorisch

Dieser beauftragt die Reparatur entweder über ein Kontaktformular auf der Internetseite, eine Mail an Hilker oder einen Anruf in Rahden. Er kann den Reparaturauftrag aber auch über die entsprechenden Formulare von Partnern wie Secondsol starten.

Zunächst muss er angeben, welches Gerät und welches Modell er hat. „Dadurch können wir schnell reagieren“, sagt Logemann. „Denn dann wissen wir, wie groß und wie schwer das Gerät ist, und können die Abholung in die Wege leiten.“ Dazu muss der Anlagenbetreiber den Wechselrichter vom Fachhandwerker demontieren lassen.

Hilker verschickt bei Bedarf in der Zwischenzeit Verpackungsmaterial an den Kunden. Das sind in der Regel große Papppaletten, auf denen der Anlagenbetreiber den Wechselrichter mit Spanngurten festzurrt. Danach wird das Gerät im Auftrag von Hilker von einem Paketdienst oder einer Spedition beim Kunden abgeholt.

Wenn der Wechselrichter in Rahden ankommt, wird er zunächst auf Transportschäden hin überprüft. Der Mitarbeiter im Lager bucht das Gerät in den Prozessablauf bei Hilker ein und parkt es erst einmal im Lager. Dort muss es warten, bis es an der Reihe ist. Je nach Auftragslage dauert das vier bis fünf Werktage. Dann kommt der Wechselrichter in die Prüfung. Hier wird er komplett auf Herz und Nieren untersucht und die Defekte werden dokumentiert. Danach schickt der Mitarbeiter eine Handlungsempfehlung und grundsätzlich auch einen Kostenvoranschlag an den Kunden.

Das Ersatzteillager ist üppig bestückt. Die Komponenten kommen in vielen Fällen direkt von den Herstellern der Wechselrichter.

Foto: Hilker Repair

Das Ersatzteillager ist üppig bestückt. Die Komponenten kommen in vielen Fällen direkt von den Herstellern der Wechselrichter.

Ersatzgerät finden

Dieser kann dann entscheiden, ob er die Reparatur tatsächlich in Auftrag gibt. Nur in seltenen Fällen raten die Techniker von Hilker von einer Reparatur ab – entweder weil sie nicht möglich oder komplett unwirtschaftlich ist. „Das ist in der Regel aber nur bei kleineren Wechselrichtern mit einer Leistung von drei bis vier Kilowatt der Fall“, weiß Logemann. „Denn dann kostet die Reparatur oft nicht weniger als ein Neugerät.“ Doch in den meisten Fällen lohnt sich die Reparatur.

Falls nicht, profitiert der Kunde von der Zusammenarbeit mit Secondsol. Wenn die Elektrotechniker von Hilker einen Wechselrichter nicht reparieren können oder dies nicht wirtschaftlich ist, bekommt der Anlagenbetreiber gleich einen Auszug aus dem Bestand passender Produkte, die bei Secondsol vorhanden sind. Andernfalls kann der Anlagenbetreiber dort auch aktiv nach einem Ersatzgerät suchen.

Reparaturdauer bleibt übersichtlich

Über die Ersatzteilsuche auf dem Marktplatz oder die PV-Ersatzteil-App bekommt der Betreiber vergleichbare Produkte angezeigt. Hier findet er nicht nur Angaben zu Leistungsdaten, sondern auch zur Art der Einbindung in das Solar- und Kommunikationssystem, zu Trackern und zur Einspeisetopologie. „Über den Marktplatz und die App können Installateure und Betreiber neue, gebrauchte sowie vom Hersteller generalüberholte Geräte finden“, sagt Stefan Wippich von Seconsol. Immer mehr Hersteller und Großhändler nutzen Secondsol zudem zum Verkauf von einerseits Geräten aus den aktuellen Produktlinien und andererseits von Restposten ausgelaufener Produktlinien.

Sollten die Handwerker bei Hilker den Wechselrichter reparieren können, geht das relativ schnell. Das hängt unter anderem vom ursprünglichen Auftrag ab. „Wenn ein Kunde gleich von vornherein einen gewissen finanziellen Betrag aufwenden möchte, geht das Gerät gleich nach der Prüfung in die Reparatur, wenn die veranschlagten Kosten in das Budget passen. Denn dann müssen wir nicht auf die Antwort des Kunden warten“, erklärt Logemann. Natürlich wird dann nicht der budgetierte Betrag fällig. Der Kunde zahlt nur so viel, wie die Reparatur tatsächlich auch gekostet hat.

Handwerker installiert repariertes Gerät wieder

Wenn alles fertig und durchgetestet ist, verschickt Hilker das Gerät wieder zum Kunden. Dieser muss dafür sorgen, dass der Wechselrichter vom Handwerker wieder installiert wird.

Bei einem optimalen Ablauf dauert die gesamte Prozedur im Schnitt etwa zehn Werktage. Das hängt allerdings von vielen Faktoren ab. Neben der Kommunikation des Kunden mit Hilker und der Auftragslage hängt das natürlich auch vom Reparaturaufwand ab. „Hier können wir keine pauschale Aussage machen, wie lange es dauert. Aber bei vielen gängigen Geräten können wir schon vorab eine Aussage treffen. Denn da haben wir schon Erfahrungen gemacht, welche Defekte meist auftreten und wie aufwendig die Reparatur ist“, erklärt Logemann. Aber die Mitarbeiter setzen alles dran, dass der Kunde nicht wochenlang ohne Wechselrichter dasteht.

Wenn das defekte Gerät in Rahden ankommt, hebt es ein Mitarbeiter aus der Verpackung und prüft es auf Transportschäden.

Foto: Hilker Repair

Wenn das defekte Gerät in Rahden ankommt, hebt es ein Mitarbeiter aus der Verpackung und prüft es auf Transportschäden.