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Zwei-Leiter-Topologie

Gute und schlechte Module

Abhängig von der Topologie einer Photovoltaikanlage verursacht eine inhomogene Leistungsverteilung zwischen den Solarmodulen unterschiedlich starke Auswirkungen auf den Gesamtertrag. Derzeit übliche Anlagentopologien stellen Modulverschaltungen mit zentralem Wechselrichter, Strangwechselrichter oder Modulwechselrichter dar. Eine inhomogene Leistungsverteilung kann beispielsweise durch Modul-Mismatching, durch Verschmutzungen oder Teilverschattung der Solarmodule hervorgerufen werden.

Die zuverlässigste und kostengünstigste Verschaltung bezüglich der Investitionskosten weist die zentrale Topologie auf. Durch die Reihenschaltung der Module entstehen große Ertragseinbußen bei inhomogenen Leistungsverteilungen zwischen den Solarmodulen.

Aufbau des Simulators für acht Miniaturmodule.

Foto: HTWK Leipzig

Aufbau des Simulators für acht Miniaturmodule.

Mismatch aussteuern

Durch eine Anlagenkonfiguration mit Strangwechselrichtern können die Auswirkungen ungleicher Modulleistungen auf den Gesamtertrag der Solaranlage verringert werden. Zudem können unterschiedliche Modulleistungen bei der Anlagenplanung berücksichtigt und Solarmodule gleicher Leistungsklassen zu einem Strang zusammengefasst werden.

Die optimale Anpassung an eine inhomogene Leistungsverteilung der Solarmodule wird durch die dezentrale Topologie erreicht, bei der jedes Solarmodul einen eigenen Wechselrichter besitzt. Dadurch werden eine sehr flexible Anlagenplanung und eine einfache Erweiterbarkeit einer bestehenden Solaranlage ermöglicht.

Jedes Modul wird am Maximum Power Point (MPP) betrieben, sodass die negativen Effekte einer inhomogenen Leistungsverteilung eliminiert werden. Zudem kann das Monitoring jedes einzelnen Solarmoduls erfolgen. Der Nachteil besteht in hohen zusätzlichen Investitionskosten und in einem geringeren Wirkungsgrad der Wechselrichter.

Ein neuartiger Ansatz zur Steigerung des Ertrags einer Photovoltaikanlage mit Strangtopologie stellt das Zwei-Leiter-System dar. Dabei erfolgt die Verkabelung der Solarmodule mit zwei voneinander unabhängigen Leitungen.

So können durch eine variable Verschaltung der Solarmodule Stränge mit Modulen ähnlicher Leistung anpassbar an aktuelle, die Modulkennlinie beeinflussende Gegebenheiten – wie beispielsweise Bestrahlung, Temperatur und Alterungszustand – konfiguriert werden. Erste Simulationsuntersuchungen bezüglich des Zwei-Leiter-Systems wurden bereits durchgeführt. Sie sind dokumentiert in Mielcarek, P.: Effizienzgewinn durch verschaltbare Photovoltaik Systeme, erschienen in: Erneuerbare Energien und Energieeffizienz, Band 21, 2013.

Strangtopologie mit teilverschatteten Strings.

Foto: HTWK Leipzig

Strangtopologie mit teilverschatteten Strings.
Zwei-Leiter-System mit einem „guten“ und einem „schlechten“ Strang.

Foto: HTWK Leipzig

Zwei-Leiter-System mit einem „guten“ und einem „schlechten“ Strang.

Module verschalten sich intelligent

Damit kann in Abhängigkeit von den aktuellen Modulleistungen ein „guter“ Strang der leistungsstärkeren Solarmodule und ein „schlechter“ Strang der schwächeren Module gebildet werden. Der Vorteil besteht in geringeren Kosten gegenüber der dezentralen Topologie bei gleichzeitig höheren Erträgen im Vergleich mit der Strangtopologie.

Der Nachteil besteht im zusätzlichen Verkabelungsaufwand für den zweiten Strang. Zudem muss ein geeignetes Verfahren implementiert werden, welches die Solarmodule vermisst, anhand der momentanen Leistung sortiert und die Verschaltung auf die Stränge ermöglicht. Im Rahmen des Forschungsprojekts „String Optimization“ wird an der HTWK Leipzig eine solche variable Verschaltung von Solarmodulen zur Ertragssteigerung von Solaranlagen untersucht.

Die Testanlage in Leipzig

Um inhomogene Leistungsverteilungen zwischen den Solarmodulen einer Photovoltaikanlage nachbilden und veranschaulichen zu können sowie die Auswirkungen auf den Gesamtertrag zu untersuchen, wurde ein Versuchsstand im Labormaßstab realisiert. Dieser besteht aus einem Sonnensimulator, einem intern variabel verschaltbaren Solararray und einer SMU (Source-­Measurement­-Unit – elektronisches Multifunktionsgerät) zur Kennlinienermittlung.

Die Nachbildung der Umwelteinflüsse erfolgt anhand einer individuellen Variierung der Solarzellenleistungen, welche durch unterschiedliche Beleuchtungsstärken der jeweiligen Beleuchtungseinheit des Solarmoduls erreicht wird.

Grenzen der Standardflasher

Kommerziell erhältliche Flasher sind zur Vermessung von Solarmodulen unter vergleichbaren Standardtestbedingungen konzipiert. Als Anforderungen bestehen eine möglichst hohe Übereinstimmung der emittierten Strahlung mit dem Sonnenspektrum sowie eine Bestrahlungsstärke von 1.000 Watt je Quadratmeter.

Ein Simulator für Minimodule

Zudem soll eine homogene Bestrahlung über die gesamte Messfläche und Messdauer hinweg erfolgen. Aufgrund der großen Wärmeentwicklung können Flasher oft nicht dauerhaft bzw. nur mit hohem konstruktiven Aufwand bezüglich der Wärmeableitung betrieben werden.

Flasher verursachen aufgrund der hohen Anforderungen bezüglich des Spektrums sowie der Homogenität der Strahlung hohe Investitionskosten. Es erfolgt eine homogene Bestrahlung der Testfläche.

Die Zielstellung des realisierten Laborversuchsstandes bestand in einem dauerhaft betreibbaren Sonnensimulator für miniaturisierte Solarmodule, welcher eine variable Ansteuerung der Bestrahlung jedes einzelnen Solarmoduls ermöglicht.

Beleuchtung durch LED

Deshalb erfolgte der Aufbau eines eigenständig entwickelten Versuchsstandes, welcher sich aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen im Aufbau sowie bezüglich des emittierten Spektrums und der erheblich geringeren Investitionskosten deutlich von einem Flasher unterscheidet.

Der Sonnensimulator des realisierten Versuchsstands besteht aus acht Beleuchtungseinheiten, welche jeweils aus einer LED-Lampe, einer Plankonvexlinse zur Lichtfokussierung sowie diversen Armaturen zur Befestigung bestehen.

Als Lichtquelle kommen LED-Lampen vom Typ „Ledvance Coin 50“ zum Einsatz. Solche LED werden üblicherweise in Shops und Museen verwendet. Sie sind platzsparend, kostengünstig und aufgrund des integrierten Kühlkörpers dauerhaft betreibbar.

Kennlinien eines gemessenen Solarmoduls in Abhängigkeit vom eingestellten Verschattungsgrad.

Foto: HTWK Leipzig

Kennlinien eines gemessenen Solarmoduls in Abhängigkeit vom eingestellten Verschattungsgrad.
Ausschnitt aus der Benutzeroberfläche zur Ansteuerung der LED-Leuchten.

Foto: HTWK Leipzig

Ausschnitt aus der Benutzeroberfläche zur Ansteuerung der LED-Leuchten.

Ansteuerung der Verschattung

Die eingesetzten LED-Treiber vom Typ „TCI DC Minijolly BI“, welche die LED-Lampen mit einem konstanten Gleichstrom versorgen, besitzen zur Dimm-Ansteuerung eine 1–10-Volt-Schnittstelle. Dabei entspricht eine Steuerspannung von zehn Volt der vollen Helligkeit der LED-Leuchte und von einem Volt dem niedrigsten Leuchtniveau.

In den jeweiligen Steuerstromkreisen platzierte Digital-Potenziometer ermöglichen es in Kombination mit einem Mikrocontroller, die Steuerspannung und damit die Beleuchtungsstärke jeder einzelnen LED zu variieren.

Die Schaltung zur Ansteuerung besteht aus einem Mikrocontroller und Digital-Potenziometern. Sie ermöglicht den drahtlosen Fernzugriff auf die Potenziometer-Werte und die damit verbundenen Dimmniveaus der einzelnen LED-Lampen.

Über eine Benutzeroberfläche kann man die LED-Lampen ansteuern, entweder anhand jedes Endgeräts, welches sich vor Ort befindet. Oder der Zugriff erfolgt über eine VPN-Verbindung per Webbrowser. So wird für jede LED-Lampe ein individueller Verschattungsgrad vorgegeben, welcher sich in der individuellen Beleuchtungsstärke widerspiegelt.

Acht Minimodule in der Anlage

Eine miniaturisierte Photovoltaikanlage besteht aus acht Mini-PV-Modulen mit einer Nennleistung von jeweils 180 Milliwatt. Sie ermöglicht die beliebige und variable Verschaltung jedes Moduls auf zwei verschiedene Stränge, um das Anlagenverhalten eines Zwei-Leiter-Systems zu untersuchen.

Die Ansteuerung der variablen Verschaltung der Module erfolgt durch Relaisbänke und wurde mittels Raspberry Pi realisiert. Die Kennlinienaufnahme der beiden Stränge erfolgt durch eine Source-Measurement-Unit (Keysight B2901A).

Aufgrund der eingesetzten LED-Lampen wird keine vollständige Nachbildung des Sonnenspektrums erreicht. Betrachtet man die Strom-Spannungs-Kennlinie eines einzelnen Solarmoduls für verschiedene Verschattungsgrade des Sonnensimulators, lässt sich mit steigendem Verschattungsgrad eine Verschiebung der Kennlinie analog zu real bestrahlten Solarmodulen bei sinkenden Bestrahlungsstärken feststellen.

Ein Ausblick

Aufbauend auf dem vorgestellten Konzept des Zwei-Leiter-Systems und dem realisierten Versuchsstand wird ein Verfahren zur automatisierten Entscheidungsfindung entwickelt, welches ein optimales Verschalten der Solarmodule vornimmt.

Zudem ist eine Potenzialuntersuchung im Vergleich mit den bestehenden Anlagentopologien angedacht. Darüber hinaus sollen weitere Untersuchungen bezüglich der Übertragbarkeit und Hochskalierung auf größere Photovoltaikanlagen erfolgen.

Das Wissenschafts- und Forschungsprojekt wurde unterstützt, gefördert und finanziert durch die Elstatik-Stiftung von Günter und Sylvia Lüttgens. Für diese Unterstützung danken die Autoren herzlich.

Die Autoren

Florian Senft
studierte an der HTWK Leipzig Wirtschaftsingenieurwesen mit den Schwerpunkten Produktionswirtschaft im Bachelor und Maschinenbau im Master. Seit Beendigung seines Studiums im April 2021 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Projektgruppe Industrielle Messtechnik an der HTWK Leipzig.

Foto: www.foto-zentrum-leipzig.de

Prof. Dr.-Ing. Mathias Rudolph
studierte an der TH Leipzig Elektrotechnik, Fachrichtung Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, und promovierte 1999 zum Dr.-Ing. Nach Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH sowie in Lehre und Forschung an der Professur für Systemtheorie der TU Chemnitz war er seit 2006 bei der Siemens AG in Erlangen als Entwicklungsingenieur tätig. Seit 2013 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Industrielle Messtechnik an der HTWK Leipzig.

Foto: Robert Weinhold/HTWK Leipzig

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