Sonnenstrom ist Solidarstrom: Ulrich Vollert kam über die Nachrichtentechnik bei Siemens zur Photovoltaik. Das war 1984. Bis heute blieb der der Branche treu – und baut Anlagen in Afrika.
Seit 1984 war ich bei Siemens für die Stromversorgung von Richtfunkanlagen zuständig. Die Repeater in den Strecken in Afrika und Südamerika mussten höchstverfügbar laufen, deshalb kam der Stromversorgung besondere Bedeutung zu. Das war damals ein Problem. Ich war ausgebildeter Wirtschaftsingenieur und habe mich in die alternativen Energien eingearbeitet, wie sie damals bezeichnet wurden.
Je nach Region wurden die Repeater aus dem Stromnetz und Batterien versorgt, die vier Stunden Netzausfall überbrücken sollten. Viele Länder hatten jedoch so häufig Netzausfälle, dass zusätzlich noch Dieselgeneratoren als Backup eingesetzt wurden.
Seit 1981 lief Test mit Solarzellen
Seit 1981 lief bei Siemens ein erster Pilotversuch mit Solarzellen. Das waren vier Module mit jeweils 110 Watt auf dem Dach eine Containers, der auf dem Hohenpeissenberg stand. Das war wohl der erste Feldversuch mit Photovoltaik überhaupt, damals steckte das Fraunhofer ISE noch in den Anfängen.
1982 hat Siemens schließlich eine komplette Richtfunkstrecke im Sinai mit Solarstrom versorgt. Der Stromverbrauch pro Station betrug zwar nur 50 Watt, doch zur Sicherheit erhielt jede Station einen Dieselgenerator.
Sonnenstrom für die Batterien
So gut wie jede Stromversorgung hatte zur Sicherheit auch Batterien. Genauer gesagt Bleibatterien. Die Siemens Stromversorgung nutzte als erste im größeren Umfang auch Blei-Gel-Batterien, die seinerzeit von der Firma Sonnenschein auf den Markt gebracht wurden.
Schon 1987 war Windkraft bei Siemens ein Thema. Neben dem großen Growian wurden damals speziell für entlegene Nachrichtenübertragungsstrecken auch kleinere Windräder entwickelt. Allerdings mit wenig Glück. Bereits drei Monate nach der Installation fegte ein Jahrhundertorkan alle vier Windräder von den Masten.
Um die Schwachstellen herauszufinden, kam bei Mercedes in Stuttgart ein weiteres Windrad zum Test in den Windkanal. Während des Tests lösten sich Drahtseile aus der Verankerung. Das Windrad flog in alle Richtungen und verursachte hohe Schäden am Windkanal. Nach einer schwierigen Besprechung wurde dann jegliche Weiterentwicklung von kleinen Windkraftanlagen in unserer Abteilung eingestellt.
Die Photovoltaik gehörte zu Interatom
Wohl auch aus Imagegründen wurde Photovoltaik in der 1980er Jahren bei der Siemens-Sparte Interatom angelagert, die damals das Geschäft mit AKW-Technik führten. Ich erinnere mich an die extreme Knappheit beim Silizium. Mitte der 90er Jahre mussten wir manchmal ein halbes Jahr auf Solarmodule warten.
Ab 1993 stieg der Solarzubau durch das 1.000-Dächer-Programm. Siemens hatte damals die größte Modulfabrik und produzierte schon Solarwechselrichter.
Win-Win für alle Beteiligten
Man brauchte Pioniergeist. Auch eine nachhaltige Energieversorgung muss wirtschaftlich tragbar sein, sonst ist sie nicht wirklich nachhaltig. Dies erfordert die Schaffung von Win-Win-Situationen für alle Beteiligten - einschließlich der Umwelt. Man sollte keine Angst vor großen Projekten haben, immer über den Zaun schauen und Krisen immer auch als Chance erkennen. Außerdem sollte man gut in Physik sein und Einfühlungsvermögen entwickeln können.
Während meines gesamten Berufslebens beschäftigte ich mich mit Photovoltaik, bis 2007 bei Siemens. Dann in kleineren Solarunternehmen und schließlich als Selbstständiger. Derzeit plane ich Photovoltaikanlagen zur Elektrifizierung von Dörfern in Afrika.
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