Live aus dem Kloster Banz: Beim Forum Bauwerkintegrierte Photovoltaik in Bad Staffelstein wird deutlich, dass Solarfassaden zunehmend zu Handwerkszeug der Architekten werden. Die Zahl der Projekte im Neubau und in der Modernisierung wächst, Baubranche und Solarindustrie nähern sich an.
Rund 80 Teilnehmer kamen zum 7. Forum Bauwerkintegrierte Photovoltaik ins Kloster Banz nach Bad Staffelstein. Im Unterschied zu früheren Jahren stand nicht mehr die Steigerung des Stromertrags aus Photovoltaikfassaden im Mittelpunkt, sondern „die Integration in dezentrale Versorgungskonzepte“, wie es Heinz Hullmann ausdrückte. Der Architekturprofessor aus Hamburg eröffnete die Tagung, die als Vorkonferenz zum 30. PV-Symposium stattfindet.
Zu Beginn der Vorträge skizzierte Josef Rechberger von Ertex Solar aus Österreich kurz den Stand der Technik bei opaken und semitransparenten Solarmodulen. Bisher ist Sunways aus Konstanz in der Entwicklung neuartiger Fassadenmodule aus monokristallinem oder polykristallinem Silizium führend gewesen. Doch das Unternehmen musste Insolvenz anmelden. Ob die aufwändige BIPV-Produktstrecke unter dem neuen Investor Shunfeng aus China fortgeführt wird, steht in den Sternen. Auch aussichtsreiche Versuche mit Siliziumdünnschicht bei Schott Solar und Schüco sind mittlerweile eingestellt. Bosch experimentiert mit CIS-Fassaden, die aber nicht transparent sind.
Fassaden mit Standardzellen
Rechberger sieht in klassischen Standardmodulen mit weitem Abstand der Waferzellen aus Silizium eine gewisse Zukunft, auch wenn diese Bauweise mit Einbußen bei der Solarleistung einhergeht. Auf maximale Erträge komme es nicht mehr an, da die meisten neueren Projekte ohnehin auf den Eigenverbrauch des Solarstroms ausgelegt sind.
Christian Renken von der Hochschule in Bern hat sich eingehend mit dem Planungsprozess von Solarfassaden befasst. „Der Schritt von der Photovoltaik zum selbstverständlichen Bauteil für Fassaden ist längst nicht getan“, kommentierte er. „Bei rund 80 Prozent der Architekten ist die Photovoltaik noch nicht angekommen.“ Dennoch bewertete er die wachsende Anzahl von Referenzen als ermutigenden Trend, dass sich die gebäudeintegrierte Photovoltaik aus der Nische heraus entwickelt. Ein Massenmarkt sei jedoch nicht in Sicht. Willi Ernst von der Biohaus Stiftung wies daraufhin, dass lediglich bei solaren Dachziegeln ein eigener Markt entstanden sei, „damit wurden schon etliche Megawatt aufgebaut“, wie er betonte.
Möglichst kompakte Modulfelder
Die eidgenössischen Forscher aus Bern haben etliche Solarfassaden analysiert. „Die Fassade zeigt die Handschrift des Architekte, sie gibt dem Gebäude ein individuelles Gesicht“, erläuterte Christian Renken. „Dass sie sich nach den Gegebenheiten der Photovoltaik richten müsste, wird von vielen Architekten als zynisch empfunden.“
Am Beispiel der Solarfassade eines Wohnhochhauses im schweizerischen Sihlweid konnte er zeigen, dass die auf allen vier Gebäudefassaden angebrachten Photovoltaikmodule erhebliche Deckungsbeiträge für die Energieversorgung der Bewohner erbringen. Die Ertragskurve wandert im Tagesverlauf von der Ostfassade nach Süden und weiter nach Westen, auch der nördliche Teil bringt einige Stromerträge. „Bis zu 80 Prozent des Sonnenstroms kann man direkt im Gebäude nutzen“, meinte Renken. „Der solare Deckungsgrad erreicht rund 50 Prozent.“ Zum Vergleich: Bei einem normalen Wohnhaus mit Südanlage sind es zwischen 15 und 20 Prozent.
Renken sieht vor allem zwei Aufgaben für Architekten und Anlagenplaner: Zum Einen ist frühzeitig zu klären, was mit dem Sonnenstrom im Gebäude passieren soll. „Zum Anderen sind die Solarmodule möglichst kostengünstig in die Fassade einzubinden“, empfahl Renken. „Das bedeutet, dass die Photovoltaik bereits in die Vorplanung der Fassade einzubeziehen ist. Sonst läuft es darauf hinaus, sie später mit hohem Aufwand und Kosten in eine bereits geplante Fassade zu adaptieren.“
Er verwies auch darauf, dass der Fassadenbauer in der Regel keine Erfahrungen und Kenntnisse mit der DC-Verkabelung der Module hat. „Man sollte die Modulfelder möglichst kompakt planen, das senkt den Aufwand für die Verkabelung“, riet er. „Zudem muss der Solarplaner genau die fachgerechte Verkabelung überprüfen. Das betrifft die Zugentlastung der Kabelbäume, thermische Überhitzung, die Führung über Metallkanten oder möglicher Tierfraß.“ Wenn die Fassade einmal fertiggestellt ist, sei es in der Regel später sehr aufwändig, Schäden in der DC-Verkabelung zu reparieren. (Heiko Schwarzburger)