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Die Handschrift des Zieglers

Bis 1972 war das Wort „Ziegler“ die offizielle Berufsbezeichnung für Handwerker, die Ziegel herstellen, egal ob Dach- oder Mauerziegel. Inzwischen wurde daraus der Industriekeramiker. Sprechen Mitarbeiter von Nelskamp über ihre Arbeit, sprechen sie auch schon mal von sich selbst als Ziegler. Ein gewisser Stolz auf ihr Handwerk schwingt dabei mit.

Und so trägt auch das Indachsystem MS5 PV ganz klar die Handschrift des Zieglers, wie Christian Bremer, Leiter der Solarsparte bei Nelskamp, betont. Die Abkürzung MS steht dabei für Muldenschiebeziegel. Der MS5 ist ein sehr großer Dachziegel, aus Westerwälder Ton bei sehr hohen Temperaturen gebrannt. Anders als bei anderen Indachsystemen, deren Rahmenkonstruktion aus dem fertigen System ein Indachsystem macht, ist beim Produkt aus dem Hause Nelskamp der Dachziegel selbst die Montagefläche und das Montagesystem für die Module. Dafür wird der Ziegel in der Herstellung auf besondere Weise geformt.

Im oberen Teil, rund zehn Zentimeter unter der Oberkante, wird aus dem Ton eine Wölbung aufgeschoben, unter der das Modul eingesteckt wird. Darunter wird in der Mitte ein rund 40 mal 30 Zentimeter großes Rechteck plattgedrückt, die spätere Aufnahmefläche für das Modul. Das Modul liegt also auf dem Ziegel, unter sich immer noch eine massive Schicht gebrannter Ton.

Die Dachhaut unter dem Modul ist damit regen- und feuersicher. Ebenfalls schon bei der Herstellung des Ziegels wird eine Wasserleitlinie in den Ziegel eingepresst. Bei starkem seitlichen Regen oder wenn der Wind Regenwasser nach oben zwischen Modulkante und überlappende Ziegelwölbung drückt, fließt eindringendes Regenwasser über diese Ablaufrinne ab. Die Mindestdachneigung für dieses System beträgt 25 Grad. Jeweils sechs Ziegel nebeneinander nehmen ein Modul auf, eine eigens für Nelskamp entwickelte und produzierte monokristalline Modulvariante, rund zwei Meter breit und 40 Zentimeter hoch. Bei einem der Ziegel wird ein kleines Rechteck im Wasserstrahlverfahren ausgeschnitten – exakt und ohne ungewollteAbbrüche.

Auf dieser Öffnung liegt dann die Anschlussdose des Moduls und die Kabel können durch den Ziegel geführt werden. An der Unterkante werden die Module mit dem Ziegel verschraubt. Jeweils zwei Schraublöcher sind bereits im Ziegel angelegt, die Halterung ist am Modul befestigt.

Schnittstelle hinter dem Dämmpaket

Die Module kommen aus der Ideenschmiede PA-ID, einem Unternehmen aus Kleinostheim, das für Nelskamp auch die Steuerung und Robotik der Produktionsanlagen liefert. Die in Fernost hergestellten Laminate werden speziell für Nelskamp weiterverarbeitet. Für ein Kilowatt Leistung sind zehn Quadratmeter Dachfläche mit Ziegeln und Modulen notwendig.

Verlegt werden kann das System natürlich vom Dachdecker. Er belegt das Dach mit den Ziegeln, montiert an den vorgesehenen Flächen auch die Module und führt die Anschlusskabel durchs Dach. Als Schnittstelle zur Übergabe an den Elektriker oder Heizungsbauer empfiehlt Nelskamp die Stelle hinter dem Dämmpaket.

MS5 auch als Hybridvariante

„Der Dachdecker soll möglichst auch die Dachdurchdringung ausführen, natürlich mit ordentlichen Dichtmanschetten“, empfiehlt Bremer. So ist die fachgerechte Dachdeckung am besten gewährleistet. Der Zeit- und damit Kostenaufwand für den Dachdecker sei gering, versichert Bremer.

Mittlerweile gibt es das MS5 PV auch als Hybridsystem unter dem Namen MS5 2Power. Optisch gibt es keinen Unterschied zwischen beiden Systemen. Die Entwickler haben es geschafft, einen dünnen Wärmetauscher in das System zu integrieren, der vollflächig hinter dem Modul liegt. Das Anliegen der Konstrukteure ist klar, wie Bremer erklärt: „Man kann eine Dachfläche nur einmal belegen. Die Industrie forscht aufwendig, um die Wirkungsgrade zu verbessern. Wir hängen einen Wärmetauscher hinter das Modul und bekommen zweieinhalb Mal mehr Leistung heraus.“

Ganz konkret kommen beim MS5 2Power zu den 100 Watt elektrischer Leistung noch einmal 256 Watt Thermieleistung. Und das bei einer Dicke von 25 Millimetern, also keineswegs klobig. An der Montage ändert sich nichts. Der Dachdecker verlegt auch hier ein Modul auf jeweils sechs Dachziegel und führt alle Anschlüsse durch den Ziegel mit Ausschnitt durch die Dachhaut, neben den elektrischen Kabeln in diesem Fall auch die Solaranschlüsse. Aber natürlich ist ein Hybridsystem sehr viel komplexer in der Planung und Ausführung. Jetzt kommen ein Pufferspeicher und eine drehzahlgesteuerte Hocheffizienz-Umwälzpumpe samt Solarstation und Steuerung ins Spiel, die richtig dimensioniert und gesteuert werden wollen. Dabei kann das System bei der relativ simplen Trinkwasserunterstützung zum Beispiel mit Gasbrennwertgeräten kombiniert werden.

Aber auch bei komplexeren Konzepten bis hin zur Wärmeableitung in Schwimmbäder, zur Regeneration von Erdkollektoren oder Eisspeichern in Verbindung mit Wärmepumpen kann das System vielfältige Aufgaben übernehmen. Das führt zu sehr effizienten Heizsystemen, wie sie in Plusenergie- und Nullenergiehäusern gebraucht werden oder einfach nur zur Verbesserung der EnEV-Werte. Die angebotene Komplettlösung ist mit Komponenten eines Herstellers ausgestattet. Individuelle Systemauslegungen sind jedoch möglich, und in diesem Falle auch mit allen Heizsystemen kombinierbar. Die Kombination mit einer Wärmepumpe ist in den meisten Fällen die Idealkombination. Denn wird mehr Wärme aktiv verbraucht, kann das System seine Vorteile noch besser ausspielen.

Fachregeln des Dachdeckerhandwerks

2011 hat der Zentralverband des deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) sein Merkblatt Solartechnik überarbeitet. Darin findet sich eine sehr klare Vorgabe zu Indachanlagen, die für Hersteller solcher Lösungen enorme Bedeutung hat: „Unter Indachanlagen, welche die Deckwerkstoffe flächig ersetzen und deren fachregelkonforme Regensicherheit herstellerseitig nicht gegeben ist, sind wasserdichte Unterdächer anzuordnen.“ Frank Engelmann, Schulungsleiter bei Nelskamp, weist eindringlich auf die Konsequenzen hin: „Ein wasserdichtes Unterdach bedeutet ein Dach unterm Dach, eine vom Aufwand her bedeutende Position.“ Die Erstellung eines wasserdichten Unterdachs ist sowohl vom Materialaufwand als auch in der Verarbeitung deutlich aufwendiger als eine einfache Unterdeck- oder Unterspannbahn, egal ob überlappend, verklebt oder verschweißt.

Erfolge bei hochwertigen Eigenheimen

Ein Nachweis der Regendichtigkeit ist nicht unbedingt einfach, denn der Test muss nachvollziehbar und reproduzierbar sein. Und auch nach Jahren, wenn die Rahmen vielleicht verschmutzt oder vermoost sind, muss ihre Wasserableitung einwandfrei funktionieren. In der Praxis werden also mitunter Systeme verbaut, die nach den Vorgaben des ZVDH einer zusätzlichen Unterdachkonstruktion bedürfen, diese aber häufig nicht haben. Zwar wird das nur dann zum Problem, wenn es tatsächlich Regenschäden gibt und der Kunde den Schaden bei der Versicherung geltend machen will, dennoch wäre es ratsam, diese Vorgabe zu beachten.

Seit gut einem Jahr ist das Indachsystem MS5 PV auf dem Markt. Besonders im hochwertigen Eigenheimmarkt findet Nelskamp seine Kunden. Gemeinsam mit dem Anbieter Weber Haus, der schon lange mit Nelskamp kooperiert, wird das System interessierten Endkunden angeboten. Aber auch andere Musterhäuser von namhaften Herstellern sind inzwischen mit den Energiedachprodukten von Nelskamp ausgestattet. Die Fertighausanbieter wiederum werden getrieben von den Endkunden, für die das Thema Energieeffizienz immer wichtiger wird. Bei Niedrig- oder Plusenergiehäusern passt dieses Angebot einfach gut ins Konzept der Häuslebauer. Bereits seit 2011 hat Nelskamp sein Aufdachsystem 2Power im Angebot.

Hybrid auch bei Aufdachangebot

Auch hier setzt das Unternehmen auf Hybrid. Wie beim MS5 PV ist das System als reine Photovoltaikanlage erhältlich oder in Kombination mit Thermie. Hinter dem monokristallinen Laminat liegt dann ein Vollflächenwärmetauscher. Das Modul mit Wärmetauscher, einem flachen, leichten Absorber, ist 45 Millimeter dick, hat 260 Watt elektrische Leistung und 720 Watt thermische Leistung. Es wiegt 23 Kilogramm ohne Flüssigkeit im Wärmetauscher und ist damit gerade mal drei Kilogramm schwerer als ein Standardmodul.

Das Handling auf der Baustelle ist vergleichbar mit Standardmodulen. Von einer Person kann es gehoben werden, von zwei Personen – was empfehlenswert ist – erst recht. Ist nach erfolgter Montage Flüssigkeit im Wärmetauscher, kommen noch einmal anderthalb bis zwei Kilogramm Gewicht hinzu. Auch bei diesem System bietet Nelskamp die komplette Peripherie mit an: Montagesystem, Umwälzpumpen, Steuerung und Pufferspeicher.

Individuelle Dimensionierung

Der Pufferspeicher ist die teuerste Komponente und auch eine sehr wichtige. Vor allem die richtige Dimensionierung für die individuelle Aufgabe ist wichtig. Das System führt bis zu 65 Grad Wärme vom Dach ab. Es wird aufgrund seiner Kombination mit dem darüberliegenden Photovoltaiklaminat nicht so heiß wie herkömmliche Kollektoren. Dennoch ist ein großes Puffervolumen notwendig, denn die Wassertemperatur im Pufferspeicher soll langfristig hoch gehalten werden.

Bei größeren Pufferspeichern ist aber der vorhandene Platz im Gebäude oft ein Problem. Einen 850-Liter-Speicher aufzustellen ist einfach nicht überall möglich. „Aus dieser Problematik heraus haben wir den 400-Liter-Speicher entwickelt und können jetzt Speichergrößen von 400, 600, 850, 1.000 und sogar 1.500 Liter anbieten, je nach Größe des Systems“, erläutert Bremer.

Mit Abtaufunktion

Außerdem betont er die Notwendigkeit der individuellen Auslegung: „Der Pufferspeicher ist ganz entscheidend, damit der Kunde die Wärme auch nutzen kann. Wenn er sich einen zu kleinen Speicher hinhängt, ist der nach nur wenigen Stunden am Tage voll. Den Rest des Tages hat der Kunde ein teures System auf dem Dach, das ihm nichts bringt. Hat er einen zu großen Speicher, ist die Temperatur unter Umständen nicht auf einem nutzbaren Niveau.“ Hat der Kunde ein großes Dach, ist es dann zuweilen sinnvoll, die Hybridmodule mit den optisch gleichen reinen Photovoltaikmodulen zu kombinieren.

Und ein kleines Schmankerl gibt es auch noch: Das System hat eine Abtaufunktion an der Steuerungsanlage. Liegt also Schnee auf den Modulen, kann mit diesem Knöpfchen ein schnelles Abtauen erreicht werden. Das System zieht sich in diesem Fall Flüssigkeit aus dem kältesten Punkt im Speicher und bringt sie aufs Dach. Die Unterseite des Schnees taut und lässt den Schnee vom Dach rutschen. Neben der höheren Anzahl an Arbeitsstunden ist die Abtaufunktion insbesondere in Kombination mit Batteriesystemen von Vorteil, da sowohl Effizienz als auch die Lebensdauer von Batterien durch ein regelmäßiges Be- und Entladen verbessert wird.

Für den sozialen Wohnungsbau

Bei den Komponenten kooperiert Nelskamp unter anderem mit Waterkotte und Viessmann für die Wärmepumpe und mit einem Hersteller aus Dresden für die Pufferspeicher. Doch will man keine Hersteller oder Systeme außen vor lassen, alle Nelskamp-Produkte sind deshalb auch mit anderen Systemen kombinierbar. Als in Unterliederbach nahe Frankfurt die Wohnungsbaugesellschaft den Generalauftrag für ein Wohnprojekt mit 54 Wohneinheiten ausschrieb, stand auch der Energiefluss in den Gebäuden im Aufgabenheft.

Die sechs Wohnhäuser wurden im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtet und sollten möglichst nebenkostenneutral sein. Der Generalunternehmer B&O bekam den Auftrag, und mit ein bisschen Glück war in diesem Fall auch Nelskamp mit seinem 2Power-System mit im Boot. Insgesamt 168 2Power-Module sind auf den Dächern der Parkstadt Unterliederbach verbaut. Sie haben eine elektrische Leistung von 43,68 Kilowatt und eine thermische Spitzenleistung von 120 Kilowatt.

Mit dem Hybridkonzept im Einfamilienhaus ist Nelskamp immer dann erfolgreich, wenn der Kunde von vornherein ein Gesamtkonzept will. Beratungsintensiver wird es in der Argumentation immer dann, wenn der Kunde mit einer einfachen Fünf-Kilowatt-Photovoltaikanlage für rund 7.000 Euro liebäugelt. Ihn dann vom Angebot zu überzeugen, fünf Kilowatt elektrische plus sieben Kilowatt thermische Leistung für 12.000 bis 15.000 Euro zu installieren, erfordert viel individuelle Beratung und außerdem einen Anbieter oder Händler, der davon etwas versteht. Dass das System vor allem dann sinnvoll verbaut werden kann, wenn Dach und Heizung gleichzeitig saniert werden müssen, ist eine weitere Hürde im Verkauf.

Gewerkeübergreifendes Wissen gefragt

Aber gerade in diesen Fällen spielt das System seine Stärken aus. Gewerkeübergreifendes Wissen bei den ausschreibenden Stellen ist deshalb gefragt – und Heizungsbauer, die in diesem Segment ihr Angebot erweitern wollen.

Dass der Ziegelhersteller die Vorteile von Photovoltaik auf dem Dach zu schätzen weiß, zeigen auch seine eigenen Werksdächer. Im Werk Nibra, einem der modernsten Ziegelwerke Europas, wurde vor einigen Jahren eine 1,4-Megawatt-Anlage auf der Produktionshalle errichtet. Sie dient allerdings, wie so viele Anlagen aus dieser Zeit, ausschließlich der Volleinspeisung ins Netz. Mit dieser Investition begann im Hause Nelskamp auch die Energiedachentwicklung, die zu den jetzt am Markt verfügbaren Systemen führte.

Herausforderungen im Vertrieb

Das Unternehmen hat sich auf den Weg gemacht, mit seinen Produkten direkt vom Dach in den Heizungskeller vorzudringen. Das in vierter Generation familiengeführte Unternehmen bewegt sich hier in vertrieblichem Neuland.

Vor allem mit Schulungen und starken Partnern versucht man, den Markt zu erschließen. Erste Installationen im europäischen Ausland gibt es inzwischen auch. Vor allem in den Niederlanden ist das Interesse am System MS5 PV groß. Das System 2Power wurde im letzten Jahr vom Dachbaumagazin zum Produkt des Jahres 2014 gekürt, ebenfalls Ansporn und Unterstützung für den Vertrieb.

https://www.nelskamp.de/index.php/de/