D ie Integration von Solarmodulen in die Gebäudehülle (BIPV) ist ein schwieriges Geschäft. Spezialisierte Unternehmen tun sich schwer. Erst kürzlich musste Solarnova aus Hamburg in die Insolvenz gehen. Zuvor waren Anbieter wie Soltecture oder Unisolar aus dem Markt ausgeschieden. Schüco hat mittlerweile seine Werke für Dünnschichtmodule geschlossen, der Preisverfall bei der polykristallinen Konkurrenz machte den wirtschaftlichen Betrieb unmöglich.
Solargeneratoren ins Dach oder in die Fassade zu integrieren ist sinnvoll. Aber es ist nicht einfach, weil an die Zulassung der Paneele und Befestigungssysteme sehr hohe Ansprüche gestellt werden. Die Zulassung als Bauteil nach den Vorschriften des Deutschen Instituts für Bautechnik in Berlin kostet einen Haufen Geld. Demgegenüber steht ein überschaubarer Markt, der nur im Zeitlupentempo aus den Kinderschuhen kommt. Vermutlich wird sich das erst mit der neuen EU-Richtlinie ändern. Sie schreibt ab 2020 für jedes neue Gebäude vor, dass es seine Energie selbst aufbringen muss. Bis dahin sind es noch sechs lange, zähe Jahre. Immerhin: Das Geschäft mit Carports ist in Gang gekommen, ein kleiner Lichtstreif am Ende des Tunnels.
Dennoch halten einige Unternehmen am schwierigen Geschäft fest. So hat Masdar PV im thüringischen Ichtershausen seine Modulfertigung um spezielle Paneele für die BIPV erweitert. „Wir haben bereits mit unserer bestehenden Technik viele Erfahrungen in der Herstellung von BIPV-Modulen gesammelt“, sagt Gisela Wolters, COO bei Masdar PV. „Mit der neuen Produktionslinie setzen wir diese Erfahrungen nun für unsere Kunden ein.“ Masdar PV in Thüringen ist eine 100-prozentige Tochter des Masdar-Konzerns in Abu Dhabi. Um künftig große Glastürme der Scheichs mit Solargeneratoren zu veredeln, hat Masdar die ausrangierten Modullinien von Schüco gekauft. Schüco hatte in Osterweddingen bei Magdeburg eine Fabrik für Dünnschichtmodule aus Silizium errichtet, die unter dem Markennamen Malibu lief. Mittlerweile ist das Werk dicht, Schüco hat sich gänzlich aus der Modulproduktion zurückgezogen. Als Vertriebspartner wollen die Bielefelder jedoch weiterhin im BIPV-Geschäft mitmischen: über den Fassadenbau, in dem Schüco traditionell sehr stark ist und eigene Montagesysteme entwickelt hat.
Auch Glashersteller stehen Masdar zur Seite, um den BIPV-Markt mit geeigneten Produkten in Schwung zu bringen. Dazu gehören beispielsweise Euroglas, die Glaswerke Arnold, der asiatische Großkonzern AGC und Pressglas aus Polen.
Seit Mai 2013 läuft die Linie in Ichtershausen. Masdar PV hat auch alle Zertifizierungen von Schüco übernommen. Künftig bietet Masdar seinen Kunden eine breite Palette von integrierbaren Modulen an, in individuellem Design mit variabler Größe, Transparenz, Farbe und Aufbau. Gemeinsam mit der Bauindustrie will das Unternehmen an normkonformen Integrationskonzepten arbeiten, es strebt die baurechtliche Zulassung der BIPV-Module an. Zwischenzeitlich gingen die ersten Sondermodule auf die Reise nach Schweden, wo sie in einem Gebäude verbaut werden sollen.
Seit 2009 produziert Masdar PV in Thüringen. Die Araber fertigen Dünnschichtmodule aus Silizium. Sie bestehen aus einem Sandwich aus hauchdünnen amorphen und mikrokristallinen Siliziumschichten. Ihr Spitzenwirkungsgrad beträgt zehn Prozent. Das ist deutlich weniger als bei CIS- oder polykristallinen Modulen. Aber die Fertigung läuft in einem vollautomatisierten Prozess mit kurzen Taktzeiten. Deshalb sind die Kosten deutlich geringer. Die Dünnschichtmodule lassen sich auf Dächern und auf Freiflächen installieren.
Mehrfache Beschichtung auf Wunsch
Als einziger Anbieter kann Masdar PV sehr große Solarmodule herstellen, mit bis zu 5,7 Quadratmetern Fläche. Die Kapazität der Fabrik in Ichtershausen beträgt 80 Megawatt, unter den Modulherstellern sind die Araber eher ein kleiner Fisch. Die Pläne für eine baugleiche zweite Fabrik in Abu Dhabi wurden mittlerweile auf Eis gelegt. Immerhin: Die Fabrik im Erfurter Vorort ist gut ausgelastet.
Derzeit rollt ein 30-Megawatt-Auftrag für einen Kunden in Südafrika von den Bändern. Für eine zweite Linie in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Modulwerken von Bosch/Solarworld gibt es bereits Planungen, vorbehaltlich der Marktentwicklung.
Die Dünnschichtmodule werden vom Deckglas ausgehend beschichtet. Das Glas ist 3,2 Millimeter dick, es wird von einem belgischen Lieferanten beigesteuert. Das Floatglas hat 5,7 Quadratmeter Fläche, jede Scheibe wiegt rund 100 Kilogramm. Zunächst wird der transparente Frontkontakt aufgebracht und durch Laser in rund 2.500 Einzelzellen geschnitten. Danach erfolgt die Aufbringung der amorphen und mikrokristallinen Siliziumschichten. Masdar nutzt die Maschinentechnik von Applied Materials, mittlerweile hat sich der Fabrikausstatter aus diesem Geschäft verabschiedet. Vier PECVD-Automaten laufen in einer Linie, die Scheiben werden in Stapeln in die Abscheidekammern eingebracht. Zwei Linien laufen parallel.
Erst wird die amorphe Zelle abgeschieden, dann die mikrokristalline Zelle. Die Abscheidung erfolgt mit gasförmigem Silan, das anschließend eine teure Abgasaufbereitung (Abatement) durchläuft. Weil die Strukturen homogener und feiner sind, dauert die Abscheidung der mikrokristallinen Schicht länger als bei der amorphen Lage. Das Silizium-Sandwich ist nur 1,5 bis 2 Mikrometer dick. Die Zellen werden auch in diesem Prozessschritt mit Lasern geschnitten.
Keine separate Verlötung
Als Rückelektrode wird schließlich eine metallische Platte aus Aluminium, Nickel, Vanadium und Silber aufgesputtert. Ihre Dicke misst nur wenige Nanometer. Die Reihenverschaltung der Zellen erfolgt über die Kontaktierung der Rückseitenelektrode mit den Zellen des Frontkontakts. Auf diese Weise ist keine separate Verlötung notwendig. Anschließend werden die Randbereiche des Moduls isoliert, elf bis zwölf Millimeter. Auch dabei kommt ein Laser zum Einsatz, der wie ein Hobel wirkt. Im Laminator wird der Halbleiter mit PVB-Folie verschweißt, erst im Rollenlaminator zur Vorvernetzung der Folie, dann im Autoklaven (zwei Stunden bei 14 Bar und 22 Grad Celsius), um die Folien zu vernetzen. Es folgt die Verlötung der Seitenkontakte mit Kupferband auf der Rückseiten.
20 Stunden im Durchlauf
Jedes Modul läuft rund 20 Stunden durch die Fertigung, von der Glaswäsche bis zu den abschließenden Tests und der Kommissionierung für den Vertrieb. Zur Montage der großen Paneele werden sechs Backrails aufgebracht, verzinkte Profile aus Stahl. Neben dem Vollformat bietet Masdar PV auch Halbformate und Viertelformate an. Amorphe Großmodule liefern zwischen 430 und 440 Watt Solarleistung.
Mikromorphe Paneele mit doppelter Beschichtung (amorph und mikrokristallin) erreichen 550 bis 560 Watt. Mit solchen Modulen lassen sich auch auf Dächern sehr große Anlagen realisieren. Ein Beispiel ist das Solarkraftwerk auf einem der größten Logistikzentren Europas, der „City of Books“ in der Nähe von Mailand. Dort wurden rund 3,44 Megawatt installiert.
Dünnschichtmodule aus Silizium
Erfolgreich in warmen Ländern
Masdar PV ist mit seinen großformatigen Solarmodulen aus Siliziumdünnschicht vor allem in sonnigen Ländern des Südens erfolgreich. Wo ausreichend Flächen zur Verfügung stehen und die Arbeitskosten in der Montage nicht allzu hoch sind, werden größere Anlagen gebaut. Ein Beispiel ist der Solarpark im indischen Roorkee, rund 180 Kilometer nördlich von Neu-Delhi. Dort gingen rund 11.000 Solarmodule ans Netz. Da die Leistung der Dünnschichtmodule nur wenig von der Umgebungstemperatur abhängt, ist der Ertrag auch in heißen Regionen stabil und hoch. Auch sind diese Module gegenüber diffusem Licht und partieller Verschattung robuster als kristalline Module. Der Solarpark leistet rund ein Megawatt. In Roorkee verbaute Masdar PV seine amorphen Viertelmodule, mit jeweils 1,4 Quadratmetern Fläche.
Bis Ende 2013 waren die Modullinien in Ichtershausen mit Aufträgen nach Südafrika ausgelastet. Das Unternehmen lieferte 30 Megawatt für ein 100-Megawatt-Projekt. Am Kap werden die großen Solarmodule mit 5,7 Quadratmetern Fläche installiert. In Südafrika werden ausschließlich amorphe Dünnschichtmodule verbaut. Sie werden ohne Backrails und Anschlussdosen verschifft, deren Montage vor Ort erfolgt. Weil die Paneele so groß sind, erhalten sie zwei Anschlussdosen, jeweils eine für den Pluspol und eine für den Minuspol. Das erleichtert die Verkabelung. Die Anschlussdosen werden direkt auf die Querverschaltung montiert. Sie haben keine Bypassdioden, weil sich die Verschattung kaum ungünstig auf die Stringerträge auswirkt. Jedes Großmodul erhält auf der Rückseite sechs Backrails zur Versteifung und Montage.
Ende 2012 hatte Masdar PV rund 15 Megawatt in Mauretanien gebaut. Etwa die Hälfte der Modulproduktion geht in die Mena-Region, wo die arabische Muttergesellschaft die Projekte betreut.
Boehme Systems Vertrieb GmbH
Cocu PV: Metallschindeln erzeugen Sonnenstrom
Das Dach neu eindecken und zugleich die energetische Gesamtbilanz des Gebäudes verbessern: Mit diesem Ziel sanierten die Besitzer eines Einfamilienhauses in Linz (Österreich) die Dachfläche ihres Eigenheims (siehe Foto). Zum Einsatz kam Cocu PV. Die Schindel mit integrierter Photovoltaik deckt nicht nur das Dach, sondern erzeugt zugleich Energie.
Das ursprüngliche Satteldach des Gebäudes wies Schäden auf und sollte durch eine moderne Metalleindeckung ersetzt werden. Der Wunsch der Besitzer war eine optisch ansprechende, nachhaltige Lösung. Als Alternative zur klassischen Eindeckung nebst zusätzlicher Montage einer Photovoltaikanlage entschieden sie sich für die solaren Dachziegel der Baureihe Cocu PV, die von Boehme Systems angeboten werden. Dabei ist ein flexibles Solarmodul in die Metallschindel integriert.
Zunächst wurde die rund 145 Quadratmeter große Dachfläche abgedeckt und die Schalung kontrolliert. Anschließend wurde das Dach mit einer diffusionsoffenen Folie versehen. Nach dem Aufbau einer Lattung inklusive Konterlattung erfolgte die Montage der Photovoltaik sowie der Dacheindeckung – und zwar in nur einem Arbeitsschritt. Auch werden die Lasten für die Dachkonstruktion minimiert.
Aufgrund ihrer Abkantung werden die Cocu-PV-Schindeln einfach ineinandergeschoben und mit Clips befestigt. Die einzelnen Elemente sind mit einer Montagefolie versehen. Um ein einheitliches Gesamtbild zu erzeugen, werden Aussparungen mit Dummy-Schindeln eingedeckt. So entsteht eine geschlossene, optisch ansprechende Dachfläche. In Linz werden mit Cocu PV zukünftig rund 3.800 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt. Dies entspricht dem durchschnittlichen jährlichen Stromverbrauch des Haushalts.
Schüco International
Bauaufsichtliche Zulassung für Montagesysteme
Das Deutsche Institut für Bautechnik hat eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Schüco-Montagesysteme erteilt. Geprüft wurden Klemmhalter für die Befestigung von Solarmodulen und Solarkollektoren auf Basisprofilen des Bielefelder Unternehmens. Die Zulassung wird unter der Nummer Z-14.4-687 geführt. Somit sind diese Verbindungen als geregelte Bauprodukte einzustufen. Das Zertifikat regelt die Verbindungen zwischen Basisprofilen und Klemmhaltern durch One-Turn-Kombinationen oder Verbindungen aus Schraube und Nutstein sowie die Verbindungen zwischen Schüco-Klemmhaltern oder verschiedenen Solarelementen. Das können gerahmte und ungerahmte Solarmodule und Solarkollektoren sein.
Solar Frontier
https://www.solar-frontier.eu/
Starke Erträge von großem Carport
In den ersten sechs Monaten hat die Photovoltaikanlage am Al-Midra Tower im saudi-arabischen Dhahran rund 8.500 Megawattstunden Solarstrom produziert. Dort hat der japanische Hersteller Solar Frontier seine Solarmodule aus Kupfer-Indium-Sulfid (CIS) installiert. Das Gebäude und die anliegenden Flächen gehören dem Mineralölkonzern Saudi Aramco. In Dhahran liegt die Wiege der arabischen Ölförderung. Dort wurde schon 1038 die erste kommerzielle Bohrung eingebracht. Unlängst hatte Solar Frontier auf einem Parkplatz von Saudi Aramco in Dhahran rund 10,5 Megawatt Solarleistung installiert. In Spitzenzeiten kann die Sonneneinstrahlung in der Stadt im Durchschnitt mehr als sieben Kilowattstunden pro Quadratmeter und Tag erreichen. Damit zählt diese Region zu einer der sonnenreichsten weltweit. Allerdings stellen die extreme Hitze und der Wüstensand höchste Anforderungen an die Solarsysteme, insbesondere an die Solarmodule. Insgesamt bedecken die Module mehr als 4.450 Parkplätze. Das entspricht einer Fläche von 16 bis 18 Hektar. Die Solarenergie deckt nicht nur den gesamten Strombedarf des Gebäudes bei Tag, sondern liefert auch Stromüberschüsse ins Netz.
In Deutschland
Großer Solarpark bei Gotha
Im thüringischen Gotha hat Masdar PV einen Solarpark mit 11,7 Megawatt Leistung aufgebaut. Dort kommen großflächige mikromorphe Module mit 5,7 Quadratmetern Fläche zum Einsatz. Rund 50.000 Module wurden auf dem früheren Militärgelände installiert, davon 17.320 Großmodule. Mit einem jährlichen Ertrag von 10,5 Millionen Kilowattstunden produziert der Park genug Strom, um rund 2.500 Vier-Personen-Haushalte zu versorgen. Darüber hinaus spart das Sonnenkraftwerk Emissionen in Höhe von jährlich 9.300 Tonnen, was dem Ausstoß von über 4.000 Mittelklassewagen entspricht. Der Solarpark wurde geplant und errichtet von dem in den Vereinigten Arabischen Emiraten beheimateten Systemintegrator Enviromena Power Systems, der schon an einer Reihe weiterer Solarprojekte als Kooperationspartner von Masdar mitwirkte. Unter anderem errichteten die beiden Unternehmen einen Zehn-Megawatt-Solarpark in Masdar City in Abu Dhabi. Aufgrund der Modulgröße wurde der Park in Gotha innerhalb von sechs Wochen fertig. Neben den Modulen von Masdar PV wurden Wechselrichter von SMA verwendet. Krinner und Puk Solar lieferten die Fundamente und Trägersysteme. Die über 100 Kilogramm schweren Solarmodule wurden mit Kran und Sauger bewegt und in die Unterkonstruktion gelegt.
Kurz nachgefragt
„Wir haben 13 Prozent im Visier“
Neben Masdar PV bietet auch Oerlikon Solar mikromorphe Siliziummodule an, als schlüsselfertige Fabriken (ThinFab). Heute gehört das Unternehmen zu Tokyo Electron (TEL), einem japanischen Anlagenhersteller für die Halbleiterindustrie und Flachpaneldisplays. Welche Wirkungsgrade erzielen Sie aus den mikromorphen Modulen?
Gerhard Dovids: Zurzeit erreichen wir 10,8 Prozent, die wir unseren Kunden vertraglich zusichern und garantieren. Unsere Ingenieure und Wissenschaftler haben aber zwischen 12 und 13 Prozent im Visier, die mit mikromorpher Technologie erreichbar sind. Demnächst sind wir so weit, zumindest auf kleinen Laborzellen. Bis die neuen Wirkungsgrade in der Pilotproduktion laufen, dauert es ungefähr ein Jahr. Das ist wenig, wenn man bedenkt, dass alle Maschinen und Prozesse in der Fabrik angepasst werden müssen. Uns hilft es sehr, dass wir TEL als Partner haben. Das japanische Unternehmen ist ein wichtiger Hersteller von Anlagen für die Fertigung von Flachpaneldisplays. Wir können auf ein großes Wissen zurückgreifen.
Wie viele Ingenieure und Techniker arbeiten an der nächsten Generation von Dünnschichtmodulen aus Silizium?
Bei uns in Trübbach arbeiten ungefähr 350 Leute. Davon sind etwa zwei Drittel Ingenieure, Wissenschaftler und Techniker, die sich mit der Entwicklung und der Verbesserung der Maschinen und Anlagen befassen. Dazu kommt unser Labor in Neuchâtel, wo weitere 15 bis 20 Wissenschaftler tätig sind. TEL hat in Japan in diesem Jahr ein neues Forschungszentrum eröffnet, mit 100 bis 120 Leuten. Auch dort laufen Anlagen von uns, wird zur Photovoltaik geforscht. Über den Daumen gepeilt kann man sagen, dass weltweit rund 300 Leute in der Entwicklung neuer oder besserer Photovoltaiktechnik tätig sind.