Photovoltaik und Architektur – warum passt das immer noch nicht so gut zusammen, wie Sie es sich wünschen?
Aus zwei Gründen, einer bezieht sich auf die Architekten, der andere auf die Solarbranche. Photovoltaik ist bisher durch die Marktmechanismen vorrangig auf Kosteneffizienz getrimmt, und dabei haben die Entwickler ästhetische Aspekte oft außer Acht gelassen. Der Markt hat das auch gar nicht gefordert. Es geht aber auch anders. Es zeigt sich, dass mit fast den gleichen oder nur etwas höheren Kosten Photovoltaikelemente sehr ästhetisch hergestellt werden können, ohne dass sie dadurch teure Einzelanfertigungen werden müssen. Dazu ist hauptsächlich etwas Umdenken nötig. Ein einfaches Beispiel ist die dunkle statt der weißen Tedlar-Folie. Schon erscheint das ganze Modul dunkel und homogener.
Die gibt es inzwischen ja schon häufiger.
Ja. Das gibt es inzwischen häufiger, weil mittlerweile hauptsächlich polykristalline Zellen eingesetzt werden und da die Zwischenräume kleiner sind als bei monokristallinen Zellen. Dadurch befürchtet man nicht mehr, dass sich durch die dunklen Zwischenräume das Modul zu sehr aufheizt. Der Temperaturfaktor ist nicht mehr so ausschlaggebend, um deswegen hässliche Module machen zu müssen. Schillernde blaue Zellen, die irgendwie weiß umrandet und damit oft Fremdkörper an Gebäuden sind, müssen nicht mehr sein. Aber man kann ja noch weitergehen, und das geschieht noch zu wenig. Es ist zwar so, dass die kristalline Zelle und damit auch das kristalline Modul dunkelblau bis schwarz ist, aber mit Dünnschichtmodulen sind ja auch schon ganz andere Farberscheinungen möglich. Cadmiumtellurid schimmert leicht grünlich, amorphes Silizium schimmert immer etwas rötlich, und man kann durch Auswahl der entsprechenden Technologie eine Farbgebung wählen, die dann am besten mit dem Gebäude harmoniert.
Das wissen Architekten nicht?
Architekten haben nach meiner Erfahrung bis auf wirklichwenige Ausnahmen noch zu wenig Wissen über solartechnische Eigenheiten und Besonderheiten. Oft scheitert also eine gelungene Integration daran, dass die vom Architekten vorgegebenen Maße eine Integration kostengünstiger Standardelemente verhindern. Dann müssen sie wieder Kompromisse eingehen oder auf teure Sonderanfertigungen zurückgreifen. Sie müssen also mehr Wissen haben über die verschiedenen Techniken, die es gibt, etwa über die gängigen Formate. Außerdem gibt es Wissenslücken um Anstellwinkel und Ausrichtung, so dass diese Größen bei der Planung oft nicht richtig berücksichtigt werden.
Das hört sich sehr drastisch an. Wie kommen Sie zu diesem Schluss?
Zum Beispiel durch meine Erfahrung aus der Jury beim Solar Decathlon in Madrid, aber man sieht es auch bei vielen Bauten mit gebäudeintegrierter Photovoltaik. Die erfahrenen Architekten, die auch in den diversen Jurys in Madrid aktiv waren, waren sehr an Erfahrungsaustausch mit uns interessiert und wollten wissen, welche technischen Lösungen es gibt. Aber obwohl sie alle eine lange Beziehung zu Solararchitektur haben, besitzen sie nur ein Teilwissen, mit dem sie bestimmt die Hälfte der Möglichkeiten, die die Solartechnik bietet, nicht berücksichtigen können.
In den teilnehmenden Teams sollten Architekturstudenten und Solarexperten zusammenarbeiten. Haben Sie bei denen das Gleiche beobachtet?
Es gab da deutlich sichtbar ähnliche Probleme. Etliche Teams haben nötige Feinabstimmungen wahrscheinlich aus Unwissenheit nicht vorgenommen. Und das, obwohl sie wirklich als Teams Solartechnik und Architektur zumindest gleichzeitig geplant haben oder planen sollten und deshalb eigentlich die Möglichkeit dazu hatten. Beispiele wie falsche Modul-Anstellwinkel, die dann zu gegenseitiger Beschattung der Module führen, zeigen das, ebenso die erschreckend häufig vorkommendefast horizontale Montage der Module. Es gab andererseits aber auch sehr gute Beispiele, bei denen die beiden Technologien, also Solartechnologie und die Architektur, sehr gut aufeinander abgestimmt waren. Einige, wie der sogenannte Wurm von katalanischen Teilnehmern, hatten dann aber wieder so verwegene Lösungen, dass sich schon in der Bauphase zeigte, dass sie nicht langlebig sein können. Das Team hat ein Modul selber mit Kunststoff auf einem Metallblech verkapselt, um es auf eine gebogene Holzoberfläche montieren zu können. Das kann nicht gutgehen, die Module waren schon in Madrid verkratzt. Bei diesem Haus zeigt sich allerdings auch, was alles möglich ist, wenn die Architekten die Grundlagen und Formate der Solartechnik kennen. Im Prinzip folgen die Module in der Rasterung der Rippenstruktur der Holzkonstruktion, aber sie folgen ihr eben nicht ganz genau. Das hätte besser aneinander angepasst werden können und wäre dann ein Beispiel für einen erfolgreichen Prozess der gegenseitigen Abstimmung gewesen.
Was sind die gelungensten Beispiele für eine gute Abstimmung?
Zum Beispiel das Haus der Universität aus Valencia. Die haben eine sehr schöne Fassade entwickelt, die mit Dünnschichtelementen perfekt abgestimmt war. Sie ist sehr ästhetisch und bautechnisch auch sehr gut ausgeführt. Sie ist für mich ein Beispiel für eine Entwicklung, die sofort so in Serie gehen könnte.
Was ist daran das Innovative?
Die Anpassung der Solartechnik an die Architektur. Das Team hat die Formate und den modularen Aufbau so entwickelt, dass man damit eine ästhetisch gewünschte Rasterung realisieren kann. Die Bautechniker haben dazu das Wandhaltesystem geschaffen, in das kleine Module eingeklebt werden können, deren Formate extra dafür definiert wurden. Solartechniker haben berücksichtigt, dass, wenn sie nicht so große Elemente bauen, Architekten sie besser integrieren können. Und die Architekten haben berücksichtigt, dass man so und so viele Module in Reihe schalten muss, damit der String gut funktioniert, und darauf Höhen und Formate abgestimmt.
Sind das nicht die teuren Sonderanfertigungen, die man vermeiden sollte?
Nein, denn durch die Wahl der Technologie, glasgetragenes, einfaches amorphes Silizium, war ein Zuschnitt der Module ohne Eingriff in die technischen Eigenschaften möglich. Das ist heute auch bei der Produktion von solchen Modulen gängige Praxis. Ein ganz anderes Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit ist das Haus des Teams aus Bordeaux, das eine sehr dominante Solaranlage auf dem Dach hat. Das ist eine Kombination von eigens entwickelten Hybrid-Konzentratormodulen, die Wärme und Strom gleichzeitig erzeugen. Auf den ersten Blick ist es ein Fremdkörper auf dem Haus. Aber die Anpassung der Haltestruktur an das Gebäude, aus Beton geformte Speichenräder, die die Solaranlage tragen und gleichzeitig Auflast sind, und die gleichzeitige Anpassung des Daches daran, sanft geschwungen, abfallend auf das Dachrad hin, sind für mich da ein sehr schönes Beispiel. Eine Besonderheit ist die sehr präzise Steuerung, die auch die Studenten entwickelt haben. Die Nachführung misst sehr exakt sowohl Einstrahlung wie auch die Temperaturen und lässt dann in einer zweidimensionalen Bewegungdas Rad präzise vor- und zurückrollen. Bei diesem Beispiel war glaubhaft, dass sich Architekten und Solartechnik-Studenten wirklich keine Kämpfe geliefert haben, sondern gemeinsam das Beste herausgeholt haben.
Können Sie die Erfahrung vom Decathlon wirklich auf die Zusammenarbeit bei realen Bauprojekten übertragen?
Ja, in zweierlei Art. Einmal das, was ich schon gesagt habe, dass beide Seiten viel intensiver in der Planungsphase in Dialog treten müssen und sich der architektonische wie der solartechnische Entwurf in einem gemeinsamen Prozess aneinander anpassen müssen. Das ist die optimale Vorgehensweise bei der Errichtung von solartechnisch versorgten Häusern. Der zweite Weg ist der, dass dabei beide Seiten Grundsätze voneinander lernen müssen. Raster, die in der Architektur gängig sind oder aus technischen Notwendigkeiten oder ästhetischen Empfindungen sich immer wiederholen, müssen Solartechniker kennen, um daran Neuentwicklungen anzupassen oder die richtigen Formate aus ihrem Portfolio auszusuchen.Es hat beim Wettbewerb übrigens eine Tendenz gegeben, die mir sehr gefallen hat. Erstaunlich viele Teams haben Kombimodule gebaut, also Photovoltaikmodule mit thermischen Elementen, die die Wärme vom Modul nehmen und die thermische Energie in Kühlsysteme einspeisen. Das ist aus der Wettbewerbssituation entstanden. Die Häuser stehen in einem heißen Klima und brauchen eine aktive Kühlung. Ich glaube, dass der Markt dem auch folgen wird und solche Photovoltaik-/Thermiemodule auf dem Vormarsch sind.