Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und seine Chefin haben unterschätzt, dass sich der politische Wind gedreht hat. Grundsätzlich. Politik wird in Deutschland nicht mehr von oben herab verordnet. Die Bürger wollen mitreden, sie nehmen ihre Belange selbst in die Hand. Der Untertan wird mündig, übt den aufrechten Gang. Und blickt weiter, als die Strategen von SPD und Unionsparteien. Die derzeit nicht mehr zu bieten haben, als die Wahrung überkommener Besitzstände.
Das klare Votum der Länderkammer dürfte die Pläne Gabriels zunichtemachen, die EEG-Reform bis Mitte Juni durch den Bundestag zu peitschen. Und es ist ein Vorgeschmack auf den Widerstand, den die geplanten Ausschreibungen von Solarparks erzeugen werden. Im Grunde genommen ist Gabriel auf der ganzen Linie gescheitert. Vor allem an sich selbst, und an seiner zentralistischen Auffassung vom Staat: Regieren per Ordre de Mufti, das funktioniert nicht mehr.
Gabriels Hoffnung, die ökosoziale Energiewende heimlich, still und leise zu beerdigen, hat sich nicht erfüllt. Auch sein Wunsch, dass Brüssel bei den Ausnahmen für die klimaschädigende Industrie und die fossil-nuklearen Erzeuger von Treibhausgasen und Radioaktivität stille hält, wird sich nicht erfüllen. Erst ein halbes Jahr im Amt, hat er die EEG-Reform derart kläglich vergeigt, dass man beinahe Mitleid haben kann. Doch halt: Er hat sich die Sache selbst auf den Tisch gezogen. Und steht nun da wie Philipp Rösler, sein Vorgänger im Amt, heute nicht einmal mehr eine Fußnote wert.
Seinen Kredit bei den Bürgern und in der Wirtschaft hat Sigmar Gabriel endgültig verspielt. Längst sind Windkraft, Photovoltaik und Biomasse in der Gesellschaft angekommen. Niemand kann gegen die Menschen in diesem Land regieren, nicht auf Dauer. Erneuerbare Energien garantieren niedrige Preise für Strom und Wärme, bringen Arbeit in die Regionen und geben dem Wohlstand Deutschlands eine langfristige und solide Basis – das versteht jedes Kind. Das versteht auch jeder Erwachsene, wenn er nur will.
Und vielleicht, eines fernen Tages, versteht es auch Sigmar Gabriel. Wenn er im Hinterstübchen eines verstaubten Parteilokals der Sozis dicke Krokodilstränen vergießt und an seinen Memoiren schreibt. Die dann bestimmt kein Mensch mehr lesen will.