Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Großprojekte zur Gewinnung von Wasserstoff bekanntgegeben, die zwischen Deutschland, Luxemburg und Frankreich gefördert werden sollen. Das sollte eigentlich geräuscharm über die Bühne gehen. Wie so oft, wenn Peter Altmaiers Beamte – auch als Energiewendeblocker bekannt – im Kleingedruckten versteckte Fußangeln ausgetüftelt haben.
Doch sofort regte sich Protest, schließlich kennen Umweltschützer und die Branchen der erneuerbaren Energien ihre Pappenheimer. Olaf Brandt, Vorsitzender des Bundes für Naturschutz und Umwelt (BUND) hakte sofort ein: „Grenzüberschreitende Wasserstoffnetze bergen die Gefahr, dass die Nutzung von Wasserstoff aus Atomenergie gefördert wird“, kritisierte er. „Die Bundesregierung muss jetzt umgehend darüber aufklären, aus welchen Energiequellen die Stahlindustrie im Saarland versorgt werden soll.“
Ein neues Geschäftsmodell für französische Schrottmeiler?
Brandt fordert: Sollte dabei Wasserstoff eingesetzt werden, der mit französischem Atomstrom produziert wurde, muss die Förderung der saarländischen Projekte gestoppt werden. Deutschland dürfe den Atomausstieg nicht durch die europäische Hintertür rückgängig machen.
Dass es solche Begehrlichkeiten gibt, ist bekannt. Auch der Versuch, Atomkraft über das Thema CO2-Minderung wieder salonfähig zu machen. Dabei verursacht kaum eine Technologie mehr Kohlendioxid, als die Atomenergie.
Die gesamte Kette der Wertschöpfung betrachten
Denn betrachtet man die gesamte Wertschöpfungskette vom Uranbergbau über die militärische Sicherung der Lagerstätten (zum Beispiel in Mali) über die Urananreicherung bis zur Verstromung, dürften sich weit mehr klimaschädliche Gase anhäufen, als in anderen Energietechnologien.
Je komplexer eine Technologie ist, desto höher ist der technische Aufwand, also der Aufwand an Material und Energie, um sie zum Laufen zu bringen – und am Laufen zu halten. Und den ganzen Schrott hinterher wegzuräumen.
Atomtechnik verwüstet die Erde
Obendrein verwüstet der Uranbergbau die Natur, hinterlassen die Atommeiler ihre strahlenden Abfälle als unlösbare Aufgabe für kommende Generationen. Nicht nur, wenn sich der Reaktor im Supergau zerlegt – siehe Tschernobyl oder Fukushima.
Umweltzerstörung gehört in dieser Branche zum Tagesgeschäft, betrachtet man die gesamte Kette der Wertschöpfung und des Rückbaus. Es wird sogar toleriert, dass die radioaktiven Ausdünstungen der Meiler die Fallzahlen für Leukämie in die Höhe treiben, vor allem unter Kindern und Jugendlichen in unmittelbarer Nachbarschaft der Kraftwerke.
Atomkraft ohne CO2 ist ein Märchen
Dass die Atomkraft sauber sei, ist ein Märchen. Dass sie kein Kohlendioxid freisetzt, stimmt einfach nicht, nicht einmal für den Prozess der Hitzeentwicklung im Reaktor, um den Dampf für die Turbinen zu entwickeln. Denn man muss das entstehende Kohlendioxid dieser Technologie ansetzen, nicht allein die thermische Verwertung der Neutronen. Die Rede ist vom Carbon Footprint der Atomtechnik.
Ohne komplizierte und sehr aufwändige Technik für den Reaktor, für das Reaktorgebäude, für die primären und sekundären Systeme des Atomkraftwerkes, für den Bergbau und die Anreicherung in den Zentrifugen, für den Transport der Erze, Brennstäbe und Castoren sowie für die Endlagerung ist die Neutronenspaltung unmöglich. Alle diese Prozesse verschlingen Unmengen an Material und Energie – die nachweislich nicht aus sauberen Quellen stammt.
Betreiber kennen den Carbon Footprint nicht
Freilich, den Carbon Footprint ihrer Technologie haben die Betreiber der Atomkraftwerke bisher nicht ermittelt. Kein Wunder: Dann würde die Lüge von der sauberen Stromerzeugung sehr schnell enttarnt.
Die Bilanz des Kohlendioxids dürfte sogar schlechter ausfallen als für Kohlekraftwerke: Weil der Uranbergbau viel aufwändiger ist. Weil der Rückbau des Atomkraftwerks mindestens soviel Aufwand verursacht wie der Neubau.
Weil die Endlagerung der Brennstäbe eine eigene Industrie braucht, einen zusätzlichen teuren Wirtschaftszweig, den andere Energieerzeuger gar nicht kennen.
Schrottreife Meiler sollen weiterlaufen
Kohlendioxid hin, Kohlendioxid her: Atomkraft ist und bleibt tödlich und riskant. Die abgeschriebenen Meiler in Frankreich und Belgien sind schrottreif. Abschalten wollen sie die Betreiber nicht, bekommen sie doch enorme Fördersummen, verdienen sie doch riesige Summen, weil die Kosten für den Bau längst abbezahlt sind.
Eine Frage: Warum bringt niemand das Geld auf, um neue Atomreaktoren zu bauen. Antwort: Weil sie mit Sonnenstrom und Windstrom nicht mehr konkurrenzfähig sind. So hat sich der französische Staatskonzern EDF mit Händen und Füßen gesträubt, das neue Atomkraftwerk Hinkley Point in Großbritannien zu bauen.
Kein Atomstrom ohne Subventionen
Denn trotz der enormen – und von der EU genehmigten – Förderung durch die Regierung Ihrer Majestät wird dieses Kraftwerk niemals wirtschaftlich laufen. Nicht im Geschäft mit elektrischem Strom. Da ist der Zug abgefahren, da bestimmen Windkraft und Sonnenstrom die Preise – die ganz ohne Bergbau, Brennstoff und Endlager auskommen.
Also soll der Wasserstoff ein neues Geschäftsfeld öffnen. Damit die alten Meiler noch ein paar Jahre laufen. Oder um neue, handlichere Atomeier zu begründen.
Atomkraft ist ohne Subventionen unmöglich. Erst recht nicht, wenn man die ganze Sauerei, die Umweltschäden und die Gesundheitskosten einberechnet, die sie verursacht.
Bundesregierung spielt mit gezinkten Karten
Bislang hat sich die Bundesregierung nicht eindeutig positioniert, Wasserstoff nur aus erneuerbaren Energien zu importieren oder zu fördern. Im Gegenteil: Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat die Kriterien der „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) so gestaltet, dass allgemein „CO2-armer“ Wasserstoff gefördert wird. Somit stellt sie die Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien mit Erdgas und Atomkraft gleich.
Schwarzes Signet auf gelbem Grund
Wasserstoff aus natürlichen Vorkommen wird als weißer Wasserstoff bezeichnet. Speichergas aus Sonnenstrom oder Windkraft nennt man grünen Wasserstoff.
Wasserstoff aus Erdgas ist blauer Dunst, um die Energiewende zu vernebeln. Deshalb wird er als blauer Wasserstoff bezeichnet.
Unser Vorschlag: Wasserstoff aus Atomkraft wird gelb gekennzeichnet, mit schwarzem Signet auf gelbem Grund. Dann weiß jeder sogleich, was Sache ist.
Profunde Informationen zum Uranbergbau bietet der BUND hier.