Zwölf Paragrafen, dazu ein kurzer Anhang – insgesamt fünf Seiten im Bundesgesetzblatt vom Ende März 2000: So kam das Gesetz über den Vorrang Erneuerbarer Energien in die Welt, später als Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgekürzt. Ein Dutzend Paragrafen! Ganze fünf Seiten! Erinnert Euch!
Eingezwängt zwischen Drogen und Fahrerflucht
Eingezwängt zwischen einer Novelle des Bundesbetäubungsgesetzes und einer Anpassung des Straßenverkehrsrechts war das EEG gut versteckt. Das kurze politische Tauwetter zwischen Helmut Kohl und Angela Merkel reichte aus, um die Energiewende in Gang zu bringen.
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Die Grünen – eine weitsichtige Gruppe um Hans-Josef Fell – und Sozialdemokraten um Hermann Scheer brachten das EEG seinerzeit auf den Weg. Nicht unumstritten in den eigenen Reihen, wobei vor allem Scheer oft bei seinen eigenen Genossen auf Unverständnis stieß. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) war ein bekennender Lobbyist der Kohlekonzerne.
Es ließ sich nicht stoppen
Aber die Energiewende florierte, ganz im Gegensatz zum erwähnten Bundesbetäubungsmittelgesetz und dem Straßenverkehr. Die Legalisierung von Cannabis bleibt noch immer ein Streitpunkt, und bei Tempo 130 legen sich die Unionsparteien weiterhin quer, als drohe der Untergang des Abendlandes. Doch manchmal geht es auch in der Politik nach vorn. Sogar in der Politik.
Dr. Franz Alt: Die solare Weltrevolution ist im Gange
Dagegen das EEG: Die Energiewende ließ sich einfach nicht stoppen. 25 Jahre später erreichte der jährliche Zubau der Photovoltaik in Deutschland fast 17 Gigawatt. In Europa wurden 2024 fast 66 Gigawatt neu installiert, weltweit 452 Gigawatt. In Worten: vierhundertzweiundfünfzig Gigawatt! Hat das im Jahr 2000 irgendjemand geahnt?
Kaum mehr als eine vage Idee
Zwölf Paragrafen markierten kaum mehr als eine vage Idee. Aber eine zündende Idee, getragen von Mut, Weitsicht und profunder Kenntnis der Spielregeln in den Energiemärkten. Das Gesetz war so zukunftsweisend, dass es nicht einmal in der bleiernen Zeit unter Angela Merkel (CDU) gekippt werden konnte.
Markus Söder: Letzter Taliban der Atomkraft
Bis aufs Messer wurde die Energiewende bekämpft, von Verhinderern wie Rainer Brüderle (FDP), Philipp Rösler (FDP), Sigmar Gabriel (SPD), Brigitte Zypries (SPD) oder Peter Altmaier (CDU). Namen – längst vergessen! Denn die Energiewende kam trotzdem voran, wurde zäh getrieben durch Tausende, Hunderttausende. Einmal mehr aufstehen als hinfallen – ein Vierteljahrhundert lang. Auf Dauer regiert niemand gegen den Wandel in der Welt.
Die FDP ausgeschwitzt
Mittlerweile hat das Wahlvolk die FDP ausgeschwitzt, außer Gerede hatten Christian Lindner und seine Hustentruppe nichts zu bieten. Friedrich Merz (CDU) steht diese Erfahrung möglicherweise noch bevor. Sein Gerede von der Kernfusion entpuppte sich als Konfusion. Markus Söder tappt durchs Dunkel vergangener Zeit, wenn er die Renaissance der Atomkraft beschwört. Russisches Gas fällt als Energieträger aus. Auch das ist ein Fakt, den mancher ihrer Parteigänger erst noch akzeptieren muss.
AKW: Das Aus ist erst der Anfang
Die Energiewende ist unumkehrbar. Erneuerbare Energien und Wohlstand sind untrennbar miteinander verbunden. Das gilt auch für den Wärmesektor oder den Straßenverkehr, bislang die Stiefkinder der Politik. Das gilt auch für politische Kräfte, die sich gegen den Fortschritt stemmen. Sie haben keine Chance, nicht auf lange Sicht.
Weniger ist mehr!
Was ist von der neuen Regierung zu erwarten? Ganz einfache Antwort: Weniger! Weniger Paragrafen, weniger Bürokratie, weniger Gängelung der Bürgerinnen und Bürger. Denn 25 Jahre später ist das EEG auf knapp 200 Seiten angewachsen, fasst mehr als 100 Paragrafen und endlose Anlagen. Nicht mitgezählt sind die zahllosen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz, im Strommarktdesign, Messstellenbetriebsgesetz, Mieterstromgesetz, Solarspitzengesetz und so weiter und so weiter.
Dr. Franz Alt: Solarstrom ist Sozialstrom!
Niemand blickt mehr durch. Die Energiewende verliert an Dynamik, denn bürokratische Hürden drohen sie zu ersticken. Lasst uns zur Idee anno 2000 zurückkehren! Das erste EEG hat die Menschen ermuntert, selbst Initiative zu ergreifen. Das Tor zu den Energiemärkten - bis dahin ein staatlich sanktioniertes Monopol der großen Energiekonzerne – wurde weit aufgestoßen.
Die Geburt des Prosumers
Es war die Geburtsstunde des Prosumers, auch wenn die technische Entwicklung zunächst auf Netzeinspeisung zielte. Die Energiewende wird sich dann voll entfalten, wenn diese einfache Idee wieder in den Mittelpunkt rückt. Daran könnte sich die neue Regierung beweisen! Nicht noch mehr Paragrafen, sondern radikal weniger! Nicht mehr finanzielle Förderung, sondern weniger Vorschriften!
Die Sonne und der Muskelprotz – für Arnie zum 77.
Technisch und ökonomisch sind wir heute in der Lage, die Energiewende vom Staat abzunabeln. Das ist der größte Gewinn nach 25 Jahren. Man könnte es ganz einfach machen. Ein Vorschlag: Wer mit seiner Anlage nicht ins Netz einspeist, braucht auch keine Genehmigung des Netzbetreibers mehr. Nulleinspeisung wird vereinfacht und somit belohnt!
Speicher – auch mobile Speicher – werden belohnt, denn sie senken die Kosten für den Netzausbau! Belohnt durch weniger Auflagen, nicht mit Geld. Lasst die Leute, lasst die Unternehmen machen!
Sachkenntnis und Fantasie
E-Wärme, E-Autos und Smart Meter werden belohnt, nicht künstlich verteuert und behindert. Mieterstrom wird vereinfacht, auch wenn die Union dafür über ihren Schatten springen müsste.
Agri-PV wird vereinfacht, weil sie die landwirtschaftlichen Betriebe gegen den Klimawandel stärkt. Gesetze und Verordnungen werden entschlackt und entrümpelt, alles nur eine Frage von Sachkenntnis und Fantasie.
Fukushima - zwölf Jahre später
Derzeit wird der CDU-Abgeordnete Andreas Jung aus Baden-Württemberg als nächster Bundeswirtschaftsminister gehandelt. Seit 20 Jahren sitzt er im Bundestag, ist seit Dezember 2021 klima- und energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion.
Der 50-Jährige gilt als Vertreter der bürgerlichen Mitte, katholisch, Vater von zwei Kindern. Man kann ihm zutrauen, diesen Job mit der nötigen Weitsicht auszufüllen, ohne ideologische Verblendung. Am Ende wird auch er an Ergebnissen und Fakten gemessen.
Auf die nächsten 25 Jahre!
Die neue Regierung hat es in der Hand, ihre Eignung zu beweisen. Es geht um Taten, nicht um Worte. Es geht um Politik für die Menschen in diesem Land. Die Klimakrise birgt enorme ökonomische und soziale Risiken. Parteien, die sich dieser Aufgabe nicht oder ungenügend stellen, haben keine Zukunft. Sie werden ausgeschwitzt wie die FDP. Wir werden es erleben.
Auf die nächsten 25 Jahre! Die Energiewende ist ein globaler Megatrend, der sich nicht mehr stoppen lässt. Aber sie ist kein Selbstläufer. Noch sind die Widerstände stark, die sich weltweit vor allem an den extremen Rändern der Gesellschaft sammeln.
Die Energiewende wird von Optimisten gemacht, jeden Tag neu. 25 Jahre EEG: Sage niemand, es gäbe keinen Grund zur Hoffnung!
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