Ohne zentrale Steuerung, aber nicht kopflos. Ein Schwarmspeicher ermöglicht die autonome Stromversorgung. Skalierbar, robust und ohne Wartung hilft er bei vielen Einsätzen in Katastrophengebieten. Das hat auch Potenzial in Industrieländern.
Sie sind selbstlernende, schlaue Netze, aber keine herkömmlichen Smart Grids: Schwarmnetze verwalten die Energie in Knotenpunkten. Sie setzen auf eine komplett dezentrale Architektur, um auf schwankenden Energiebedarf zu reagieren. Jede Netzkomponente lernt dabei, sich an den aktuellen Netzstatus anzupassen, indem sie die Parameter überwacht. Das Verhalten der Komponente wird mithilfe künstlicher Intelligenz ausgerichtet. Im Gegensatz dazu benötigen herkömmliche Smart Grids eine zentrale Architektur, um Erzeugung, Speicherung und Verbrauch zu erfassen.
In Entwicklungsländern werden jährlich fast 27 Milliarden US-Dollar ausgegeben, um Licht und Lademöglichkeiten für Mobiltelefone zu betreiben. Hinzu kommt ein Marktpotenzial von 3,1 Milliarden US-Dollar für die netzferne Solarindustrie bis 2020. Das haben die Analysten von Bloomberg in ihrem Off-Grid Solar Market Trends Report 2016 berechnet. Inselnetze sind aber auch in Industrieländern gefragt: Sie haben demnach ein Potenzial von 23 Milliarden US-Dollar bis 2024. Die Nachfrage für Mikronetze ist da.
Strom für die Wasseraufbereitung
Der bekannte Hersteller von Steckverbindern Stäubli Electrical und das Schweizer Start-up Power Blox arbeiten bereits seit dem Sommer 2017 eng zusammen. Unter Eidgenossen versteht man sich eben. Dabei haben Alessandro Medici und Armand Martin das junge Unternehmen erst im Sommer 2015 gegründet. Ihnen war klar, dass bei der Elektrifizierung von Haushalten oder kleinen Unternehmen in ländlichen Gebieten eine einfache Installation entscheidend ist. Die Geräte müssen ausfallsicher und robust sein. So entstand der Power Blox.
Techniker von Hilfsorganisationen verwenden die roten Würfel bereits in vielen Projekten. „Zuverlässige Elektrizität ist für fast alle Ziele der nachhaltigen Entwicklung sowie für alle Katastropheneinsätze unerlässlich“, weiß Matthias Mack, Manager für erneuerbare Energien bei Stäubli. Die Energiewürfel wurden unter anderem von einem Schweizer Hilfswerk in Indonesien eingesetzt, um Strom für die Wasseraufbereitungsanlagen und in Notunterkünften während des Tsunami-Hilfseinsatzes zu generieren. Der Powerwürfel stellt dabei ein komplettes Energiesystem bereit, das neben den herkömmlichen fünf und zwölf Volt Gleichstrom auch 230 Volt Wechselstrom liefert. Alle erforderlichen Komponenten sind in der roten Box kombiniert.
Endlos stapeln
Das modulare Konzept ermöglicht das Errichten einer netzfernen Insellösung wie auch die Versorgung einzelner Geräte durch einfaches Stapeln der Würfel, bis die erforderliche Leistung und Kapazität erreicht ist. Das Risiko der Über- oder Unterdimensionierung wie bei herkömmlichen Systemen kann damit vermieden werden. Bei mehr Strombedarf wird einfach eine weitere Box eingestöpselt.
Durch eine patentierte Schwarmtechnologie kann das Netz durch einfaches Zusammenstecken der einzelnen Würfel installiert werden – ohne technische Planungs- oder Installationsarbeiten. Wie bei einem Fischschwarm in der Natur stellen sich alle Komponenten ohne eine zentrale Steuerung auf die Umgebungsbedingungen ein.
Autonom, skalierbar, dezentral
Jeder Würfel verfügt dabei über 200 Watt Wechselstrom und kann Strom für Licht, den Kühlschrank, einen Fernseher oder Handy und Laptop liefern. Die Würfel können von einer optional vorgesehenen Solaranlage oder von jedem anderen Generator angetrieben werden.
Das System ist für viele Anwendungen in der Energietechnik interessant, weil es völlig autonom, skalierbar, dezentralisiert arbeitet und weder einen technischen Hintergrund noch eine Konfiguration oder Wartung erfordert. Jeder kann ein Schwarmnetz erstellen, um eine Schule, ein Krankenhaus oder eine ganze Stadt zu versorgen. (Niels Hendrik Petersen)
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