Fußball ist der Deutschen Lieblingssport Nummer eins. Keine andere Sportart schafft eine derart hohe emotionale Bindung, kein anderes Spiel fasziniert so weite Gruppen der Bevölkerung quer durch alle Schichten. Vom Bauarbeiter bis zur Bundeskanzlerin, Männer und Frauen, vom Kind bis zum Rentner: Fußball schafft Verbundenheit und Identifikation. Konzerne wie Audi und die Allianz-Versicherung haben das Fußballsponsoring deshalb schon lange für ihr Marketing entdeckt. Jetzt versuchen Photovoltaikfirmen, Herz und Hirn der Fußballfans zu erobern.
Die einen hielten den zotteligen Vierfüßer mit dem weit aufgesperrten Maul und der roten Schleife in der Mähne für einen Drachen, die anderen konnten den „traditionellen chinesischen Löwen“ darin erkennen. Auf jeden Fall fiel der Tanz auf, den der gelbrot behaarte Löwe mit dem FC-Bayern-Bären in der Halbzeitpause des Spiels München – 1. FC Kaiserslautern Ende Januar aufführte.
Für die Einlage verantwortlich war der chinesische Photovoltaikhersteller Yingli Green Energy. Er gab an diesem Tag bekannt, dass er zur laufenden Bundesligasaison als Premiumpartner des deutschen Rekordmeisters einsteige. In Bayern, wo das Thema Migration seit dem Sarrazin-Buch heiß diskutiert wird, könnte man Yingli somit als „Sponsormit Migrationshintergrund“ bezeichnen. Der große chinesische Modulhersteller steht nun in einer Reihe mit den weiteren Premiumsponsoren Lufthansa, Audi, Allianz, Adidas und der Hypovereinsbank. Hauptsponsor des Fußballclubs ist die Telekom.
Bis Ende Juni 2014 darf Yingli wie die deutschen Traditionsunternehmen mit dem FC Bayern München Marketing machen. Fußballzuschauer sehen den Namen auf Banden und Tickets. Yingli bekommt Zutritt zu VIP-Logen, und im Fan-Shop wird der Hersteller Produkte vertreiben. Ob die Bayern-Fans dort demnächst Photovoltaikanlagen kaufen können, bleibt abzuwarten.Gemeinsam werden außerdem Projekte wie Solaranlagen auf dem Stadiondach oder dem Trainingscenter geprüft, wie Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, auf der Präsentation des neuen Premiumsponsors sagte. Weder er noch Yingli äußerten sich über die Höhe des Budgets. In Medienberichten war von einem einstelligen Millionenbetrag im Jahr die Rede.
Präsenz im Hauptmarkt
Deutschland ist für Yingli wie für viele andere Photovoltaikhersteller der Hauptmarkt. So machte Yingli-Vizepräsident Jason Liu kein Geheimnis daraus, dass das Unternehmen mit dieser Marke- tingmaßnahme seinen Namen hierzulande bekannter machen will. Dass die Rechnung aufgehen wird, davon ist er überzeugt.
Einen Testlauf unternahm Yingli bereits, indem es die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika sponserte. 26 Milliarden Zuschauer verfolgten die Fußball-WM. Wie viele davon den Namen Yingli am Spielfeldrand wahrnahmen, ist nicht bekannt. Rebecca Jarschel, Marken-Managerin von Yingli Europe, bewertete das Engagement jedenfalls positiv: „Wir haben seitdem einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad. Nicht nur die Branche, sondern auch die Endkunden sind auf uns aufmerksam geworden.“ Messbar sei der Erfolg durch die „gestiegene Zahl von Anrufen und E-Mails“. Seit Januar sei dies auch im süddeutschen Raum festzustellen, ergänzt sie zufrieden.
Jarschel geht offenbar davon aus, dass Yingli „eine Art Vorreiterfunktion“ mit dem Fußballsponsoring und der Endkundenwerbung erfülle. Kyocera ist allerdings schon vor einigen Jahren auf die gleiche Idee gekommen. Der japanische Modul- und Elektronikhersteller war von Anfang 2005 bis Mitte 2009 Hauptsponsor des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. „Wir waren Trikotsponsor und überall präsent“, erinnert sich Daniela Faust, Pressesprecherin der deutschen Niederlassung Kyocera Fineceramics. Nach ein paar Jahren sei der Bekanntheitsgrad aber nicht mehr zu steigern gewesen. So lautet ihre Erklärung dafür, dass Kyocera 2009 beschloss, die Borussen künftig nur noch als Co-Sponsor zu unterstützen. Die Trikots in der Saison 2010/2011 schmückt nun der Postbank-Schriftzug. Kyoceras Logo ist seither auf Banden zu sehen.
Weite Kreise
So zieht das Fußballsponsoring auch in den unteren Ligen Kreise. Schüco International aus Bielefeld ersetzte im vergangenen Jahr die Krombacher Brauerei als Hauptsponsor des Zweitligisten Arminia Bielefeld. Der Systemanbieter Sunos Solarpower begann zur Zweitligasaison 2010/2011, den VfL Osnabrück zu sponsern. Winaico aus Creglingen unterstützt seit August 2010 den Drittligisten FC Heidenheim mit einem nicht näher bezifferten Geldbetrag. Winaico ist das deutsche Tochterunternehmen des taiwanesischen Herstellers Win Win Precision Technology. Und Abel Retec, Photovoltaikprojektierer aus Engelsberg im bayerischen Landkreis Traunstein, sponsert eine ortsansässige Herrenmannschaft „mit einem fünfstelligen Betrag“.
Die Beweggründe werden, passend zum Fußball, gern emotional eingefärbt.So schwärmt Sunos in einer Mitteilung von den „echten Typen und echten Gefühlen“ des VfL und betrachtet sein Unternehmen schon als „Teil der VfL-Familie“. Dieter Prütz, Geschäftsführer der Lila-Weiß-Marketing GmbH, fädelte die Kooperation zwischen Sunos und dem VfL Osnabrück ein. Er argumentiert mit der „logischen Verbindung von umweltfreundlicher Energieerzeugung und sauberen Leistungen im Sport“.
Winaico versucht, das Sponsoring des FC Heidenheim rational zu begründen. „Wir haben beide Freude an der Leistung. Außerdem belastet diese Sportart nicht die Umwelt und fasziniert Menschen auf der ganzen Welt – ähnlich wie die Photovoltaik“, sagt Marketing-Managerin Katharina Link. Letztlich ist die Motivation aber für alle die gleiche: „Wir wollen unsere Bekanntheit steigern“, bringt Frank Hemme, Geschäftsführer von Sunos, es auf den Punkt.
Regional verankert
Sunos ist derzeit dabei, eine Firmengruppe quer durch Deutschland aufzubauen. „Wir gründen laufend neue Gesellschaften und wollen regional bekannt sein“, berichtet Hemme. Die Sponsoren profitieren von ihrer Präsenz auf Banden, im Clubmagazin und auf den Internetseiten. Noch präsenter sind sie, wenn sie eine Anlage auf dem Stadion bauen können.
Winaico tat dies auf dem Stadiondach des 1. FC Heidenheim, Sunos in der Osnatel-Arena in Osnabrück. „Man darf auch das Netzwerk nicht vergessen“, sagt Daniela Faust von Kyocera. Keine Nation neigt mehr zur Vereinsmeierei als die Deutschen. Hier treffen sich die Entscheider. Wer eine Anlage bauen will, hat den Projektierer gleich neben sich auf der Tribüne oder in der Vereinskneipe.
Die Fußballvereine wiederum profitieren von dem Geldsegen. Arminia Bielefeld hatte beispielsweise gerade ein riesiges Loch in der Vereinskasse zu stopfen, als Schüco einsprang. Für den TuS Engelsberg steht der Imagegewinn im Vordergrund, den der Solarsponsor mit sich bringt. Für den FC Bayern München muss sich derweil zeigen, ob der Löwentanz auch tatsächlich das Glück und die Freude bringt, wie es die Tradition in China verheißt. Zumindest in diesem Jahr ist der Meistertitel in weite Ferne gerückt. Da hilft auch ein neuer Premiumsponsor nichts.