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Ein leichter Parcours

Solarstrom im Auktionsverfahren vermarkten – das klingt kompliziert, soll aber schon bald Realität werden. Ab September will die Ispex AG aus Bayreuth mit einem Online-Auktionsverfahren für Anbieter von Photovoltaikstrom an den Start gehen. Gestützt auf einschlägige Erfahrungen hat sich der unabhängige Energiedienstleister dieser Aufgabe gestellt.

Seit 2006 vermittelt Ispex Strom in Auktionen, vornehmlich für industrielle Großabnehmer von Strom und Gas, die auch beim Energiemanagement und bei der Energiebeschaffung beraten werden. Weil die Vertriebswege einfach und standardisiert gestaltet sind, bietet das Modell sowohl Energieversorgern als auch Großabnehmern Vorteile. Letztere können mit geringem Aufwand einen Energieliefervertrag schließen, Anbieter über standardisierte Vertriebswege Energie anbieten. „In der Startphase ging es wirklich nur um Großverbraucher. Ab einer Gigawattstunde Energie wurden über die Ispex individuelle Energielieferverträge geschlossen“, erzählt Unternehmenssprecher Jürgen Scheurer.

Erprobtes Modell

Jetzt gibt es auch kleinere Einheiten im Angebot. Lieferverträge ab 20.000 Kilowattstunden sind möglich. Auf der Auktionsplattform des Unternehmens werden Lieferverträge ab 500.000 Kilowattstunden geschlossen. Das Handelsvolumen der Ispex beträgt rund vier Gigawattstunden pro Jahr. 560 Energielieferanten sind auf der Plattform angemeldet.

2.500 Auktionen von insgesamt 25.000 Lieferstellen wurden bisher durchgeführt. Auf Basis dieser Vielzahl an Auktionen und gehandelten Mengen erstellt Ispex auch einen monatlichen Energiepreisindex, der einen realistischen Marktpreis für Industrie und Gewerbe darstellt.

Jürgen Scheurer beschreibt die Grundidee des Geschäftsmodells: „Das Verfahren ermöglicht Markttransparenz. Abnehmer müssten die Versorger einzeln anfragen und Preisvergleiche anstellen. Das bedeutet Aufwand. Und ob am Ende wirklich für den jeweiligen Abnehmer der bestmögliche Preis gefunden wird, bleibt ungewiss.“

Daniel Beuschel, Projektleiter für das Auktionsverfahren der Direktvermarktung, geht auf die Details ein: „Für die Vermittlung von Wind- und Solarstrom haben wir die Idee noch einmal weiterentwickelt. Wenn heute ein Betreiber einen Direktvermarkter sucht, bekommt er nicht nur drei verschiedene Preise, sondern auch drei verschiedene Verträge. Diese muss er lesen, eventuell von einem Anwalt gegenlesen lassen und mit seiner Bank durchsprechen. Das bedeutet einen recht großen Aufwand. An dieser Stelle haben wir angesetzt. Schließlich managen wir eine Vielzahl von geprüften Energielieferverträgen.“

Auf Standardvertrag geeinigt

In einem ersten Schritt wurden die verschiedenen Direktvermarkter dafür gewonnen, sich auf einen Standardvertrag zu einigen. Das heißt für den Energieanbieter, der die Plattform nutzen will, dass er keine Verträge mehr vergleichen muss. Lediglich der Preis unterscheidet sich. Er wird durch die Auktion festgelegt. Für Betreiber, die Energie über die Plattform anbieten wollen, gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, einzelne Bedingungen zu modifizieren, zum Beispiel was Bürgschaften oder zusätzliche Dienstleistungen betrifft. Sobald der Direktvermarkter ein Gebot abgibt, hat er damit auch diese modifizierten Bedingungen akzeptiert.

Inzwischen gibt es rund ein Dutzend Direktvermarkter, die sich beteiligen und auch den Standardvertrag akzeptiert haben. Auch Anlagenbetreiber haben bereits Interesse an dem Angebot signalisiert. Direktvermarktungsverträge werden in der Regel für ein Kalenderjahr geschlossen, Anlagenbetreiber stellen ihre Angebote meist im Herbst ein. „Der Markt ist doch sehr einheitlich getaktet. Durch die Laufzeit von Januar bis Dezember finden die meisten Auktionen von September bis Ende November statt. Eine Woche vor Ende November ist der Stichtag“, beschreibt Beuschel die Rhythmik in diesem Geschäft. „Bei Neuanlagen, die unterjährig fertiggestellt werden und in die Direktvermarktung gehen, wird dann eben für das erste Jahr ein Rumpfjahrvertrag gemacht.“

Der Prozess einer Auktion ist weitgehend automatisiert. Ganz praktisch: Die Betreiber füllen ein Datenblatt aus, entscheiden, von wann bis wann der Vertrag laufen und wann das Angebot verauktioniert werden soll. Zum Beispiel ist Freitagnachmittag oder Montagfrüh eher ungünstig. Die Auktion läuft dann jeweils an einem Tag in einer vorher bekannt gegebenen Zeitspanne.

„Einfacher geht’s nicht“

Die Daten zur Auktion, also Anlagendetails und eventuelle Vertragserweiterungen, sind aber bereits vorher einsehbar, sodass sich ein Interessent informieren und auch kalkulieren kann. Per E-Mail werden die Beteiligten über alle relevanten Schritte informiert.

Ist eine Auktion beendet, bekommen Betreiber und Höchstbietender einen Vertrag als PDF-Datei übersandt. „Einfacher geht’s derzeit nicht“, bringt es Jürgen Scheurer auf den Punkt.

Plant ein Projektierer für einen Kunden eine größere Anlage, will er natürlich bereits in der Planungsphase den voraussichtlichen Preis für eine Kilowattstunde wissen, um die Wirtschaftlichkeit entsprechend darstellen zu können. Geht der Strom über die Auktion in die Direktvermarktung, ist das natürlich nicht möglich.

Geringer Aufwand für Betreiber

„Im EEG gibt es zwei Zahlen, die EEG-Vergütung und die Vergütung für Direktvermarktung. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Zahlen. Diese Mitte versuchen wir zu optimieren, sprich: zugunsten des Anlagenbetreibers zu verschieben“, führt Scheurer aus.

Dem Anlagenbetreiber soll ein doppelter Nutzen entstehen. Er soll erstens den bestmöglichen Preis erzielen und zweitens keinen großen Aufwand haben. „Beim Aufwand bieten wir schon einen ganz großen Gewinn. Der Betreiber macht einmal die notwendigen Angaben, ein Anruf genügt, und die Auktion wird gestartet. Im zweiten Jahr hat er dann schon praktisch keinen Aufwand mehr. Den Prozess kann man sehr kompakt runterbrechen.“

In Ermangelung anderer konkreter Preise wird der Planer einer Anlage, die für Direktvermarktung vorgesehen ist, auch den voraussichtlichen Wert für die Direktvermarktung annehmen. Nur mit der EEG-Vergütung zu kalkulieren, wird eng. Allerdings hängt der Preis auch von der Marktentwicklung ab. „Derzeit haben wir eine Situation, in der die Direktvermarkter versuchen, ihre Portfolios zu vergrößern beziehungsweise ganz bestimmte Segmente hinzuzugewinnen, zum Beispiel Anlagen in einer bestimmten Region oder mit einem bestimmten Lastgang. Sie sind entsprechend auf Kundenjagd, was sich auch in der Vergütung zeigt“, weiß Daniel Beuschel.

Doch diese Marktrallye wird nicht ewig andauern. Im Herbst wird sich das eventuell schon ändern. Das bedeutet aber auch, dass Angebote, die jetzt auf den Markt gebracht werden, sicherlich bessere Konditionen erreichen als solche, die erst am Jahresende gemacht werden.

Kunden auf dem Silbertablett

Auch der Direktvermarkter profitiert vom Einkauf per Auktion. Er muss die Anlage nicht selbst inspizieren und Daten erheben. Er bekommt den Kunden samt Vertrag auf dem Silbertablett serviert. Er muss nur noch einen Preis kalkulieren. Nimmt ein Direktvermarkter an einer Auktion teil, kann er so viele Gebote abgeben, wie er will. Allerdings nur in eine Richtung, also nach oben, ähnlich wie bei Ebay. Am Schluss steht ein Siegergebot fest. Ispex veröffentlicht nicht den Meistbietenden, aber die Schritte, in denen geboten wurde. Der Direktvermarkter gewinnt also die Möglichkeit, sich zu vergleichen.

Die Preisdifferenzen der einzelnen Angebote liegen im Tausendstel-Cent-Bereich. Dadurch schafft Ispex Markttransparenz für die Direktvermarkter untereinander, aber auch für die Betreiber. Sie bekommen die wirklich beste Vergütung. Würden sie selbsttätig verschiedene Gebote einholen, wäre das wegen des Aufwandes nur bei drei oder vier Direktvermarktern möglich. Ob der Betreiber dann wirklich den bestmöglichen Preis erzielt, kann er nicht wissen.

Neutraler Vermittler

Ispex setzt viel daran, sowohl der Angebots- als auch der Nachfrageseite viel Komfort und praktikable, einfache Prozesse anzubieten. Daniel Beuschel fasst diese Anstrengungen noch konkreter: „Wir laden Erzeugungslastgänge hoch. Der Direktvermarkter sieht also genau, was die Anlage im letzten Jahr produziert hat. Bei Neuanlagen gibt es die Möglichkeit, Gutachten anzuhängen oder andere Zusatzinformationen. Bei Eigenverbrauchsanlagen können wir auch die Verbrauchslastgänge dagegenhalten.“ Doch wer jetzt Datenflut vermutet, liegt falsch.

Betreiber müssen nur die Daten angeben, die die Direktvermarkter brauchen. Ispex hat dafür die Bedürfnisse der Direktvermarkter evaluiert und auf einen Nenner gebracht. Um die Direktvermarkter zu schützen, sind die Verträge so gestaltet, dass Betreiber eine Informationspflicht haben. Sie müssen dem Direktvermarkter alle relevanten und vorhersehbaren Ereignisse melden.

Das Interesse ist da

Ispex ist kurz vor dem Start der Auktionen für Wind- und Solarstrom optimistisch. Die Direktvermarkter konnten relativ zügig gewonnen werden. Es gibt jetzt mehr teilnehmende Direktvermarkter, als ein Betreiber im Alleingang vergleichen könnte. Einige Direktvermarkter haben sich jedoch ganz bewusst gegen die Plattform entschieden. Zum einen weil sie denken, bei den Preisen nicht mithalten zu können. Zum anderen deshalb, weil sie in diesem Modell am Ende immer einen festen, über die Auktion festgelegten Preis pro Kilowattstunde zahlen müssen.

In der Direktvermarktung gibt es nämlich auch Vergütungsmodelle, die sich aus einem fixen Betrag und einer eventuellen Gewinnbeteiligung zusammensetzen. So wird das Risiko zum Teil auf den Anlagenbetreiber übertragen. „Doch eigentlich ist der Direktvermarkter der Profi im Stromhandel. Er weiß, wie das geht, und sollte zumindest für ein Jahr einen fixen Preis bieten können“, kommentiert Beuschel das Modell.

Die Resonanz bei den Betreibern ist überwiegend positiv. „Wir stoßen eine Tür auf, die es bisher nicht gab, aber die Auktionen sind auch etwas Neues. Besonders die großen Anlagenbetreiber wollen sich das erst mal anschauen. Doch es gibt bereits feste Zusagen von Betreibern, die die Plattform nutzen wollen“, beschreibt Beuschel die Reaktionen. Im Moment werden die Anlagendaten von den Betreibern zusammengetragen, die ihren Strom über die Plattform vermarkten wollen.

Mindestmengen gibt es nicht

Die ab 2016 zwingende Direktvermarktung für Neuanlagen ab 100 Kilowatt Leistung ist für Ispex ein weiterer Grund zum Optimismus. „Mindestmengen gibt es in unserem System nicht. Wir könnten rein theoretisch auch ein Portfolio von 100 Kleinanlagen auf einmal verauktionieren“, sagt Beuschel. Genau da sieht Ispex auch die Stärke seiner Dienstleistung, denn bei einer kleinen Anlage geht ein Direktvermarkter unter Umständen nicht mal ans Telefon. Über die Plattform kann er jedoch gleich mehrere zu einem Paket schnüren. „Wir packen die Anlagen in eine Auktion, jeder Betreiber bekommt einen individuellen Vertrag und natürlich auch einen individuellen Preis.“

Für jede Auktion bekommt Ispex eine Abschlussprovision, die vom Direktvermarkter gezahlt wird, wobei er diese Kosten in seine Preiskalkulation aufnimmt. Die Provision hängt von der Anlagengröße ab. Doch die Provision ist auf jeden Fall geringer als der Aufwand, den der Direktvermarkter sonst hätte. Er spart Geld, das er eventuell auch in Form einer höheren Vergütung an den Betreiber weitergeben kann. „Wir zwingen den Direktvermarkter durch das Auktionsmodell an seine Grenzkosten“, erläutert Beuschel.

Neben den Auktionen gibt es auch Ausschreibungen. Manche Betreiber bevorzugen diesen Weg, weil sie sich ihren Partner gern aussuchen und nicht einfach den Höchstbietenden als Vertragspartner haben wollen. Der Betreiber bekommt dann die besten drei Angebote und sucht sich eines davon aus. In diesem Fall rechnet Ispex mit dem Anlagenbetreiber ab.

www.ispex.de

BSW-Solar

Praxiswissen zur Stromvermarktung 2016

Ab Januar 2016 gilt für Neuanlagen ab 100 Kilowatt die verpflichtende Direktvermarktung. Ein Seminar des BSW-Solar bietet Installateuren und Planern das nötige Hintergrundwissen zur Direktvermarktung und zur Fernsteuerung. Die verpflichtende Direktvermarktung gilt bereits seit August 2014 für Neuanlagen ab 500 Kilowatt. Ab Januar 2016 ist sie auch für Neuanlagen ab 100 Kilowatt vorgesehen. Zudem gilt seit dem 1. April 2015 die Verpflichtung zur Fernsteuerbarkeit. Diese betrifft nicht nur neue Anlagen, sondern alle Anlagen, die von der Marktprämie profitieren möchten.

Die neuen Regelungen bringen sowohl wirtschaftliche, technische als auch vertragliche Fragestellungen mit sich. Wie setze ich die Fernsteuerbarkeit um, welche Fristen gibt es zu beachten, lohnt sich ein Vermarktungswechsel für eine Bestandsanlage, worauf ist bei der Wahl eines geeigneten Direktvermarkters zu achten und wie sieht die Vertragsbeziehung zwischen Direktvermarkter und Anlagenbetreiber aus? Zu diesen Fragen bietet der BSW-Solar am 18. September 2015 in Düsseldorf und am 1. Oktober 2015 in Stuttgart ein eintägiges Seminar an. Für BSW-Solar-Mitglieder kostet die Teilnahme 420 Euro, für Nichtmitglieder 660 Euro.

www.solarwirtschaft.de