Ladesäulen und Wallboxen enthalten genauso wie Elektroautos eine Vielzahl von empfindlichen elektronischen Komponenten. Damit diese stets sicher und zuverlässig arbeiten, müssen sie gegen Überspannungsimpulse und Blitzeinwirkungen geschützt werden. Schließlich befindet sich ein Großteil der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge außerhalb von Gebäuden.
Deshalb sind sie besonders durch direkte oder indirekte Blitzeinschläge gefährdet. Für einen wirksamen Schutz vor Blitzeinschlägen und Überspannungsimpulsen sind daher mehrere aufeinander abgestimmte Schutzmaßnahmen und -vorrichtungen erforderlich.
Dabei unterscheidet man zwischen äußerem und innerem Blitzschutz. Eine umfassende Schutzwirkung gegen direkte Blitzeinschläge wird nur mithilfe eines äußeren Blitzschutzsystems erreicht. Die Fangeinrichtung eines äußeren Blitzschutzsystems hat die Aufgabe, Blitze einzufangen, den Blitzstrom sicher zur Erde abzuleiten und im Erdreich zu verteilen.
Der innere Blitzschutz wiederum soll eine gefährliche Funkenbildung innerhalb der Anlage verhindern und gefährliche Spannungsunterschiede verringern. Denn diese Spannungsunterschiede, die während einer Blitzentladung auftreten, übersteigen häufig die Isolationsfestigkeit der elektrischen Komponenten der Ladeinfrastruktur. Deshalb müssen geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Für einen wirksamen Schutz werden zwei Systeme benötigt: ein leistungsfähiges Potenzialausgleichs- und Erdungssystem sowie ein mehrstufiges, aufeinander abgestimmtes System von Überspannungsschutzgeräten.
Blitzschutz ist Pflicht
Außer durch blitzbedingte Überspannungsimpulse wird die Ladeinfrastruktur auch durch menschengemachte Schalthandlungen gefährdet. So können bei Schalthandlungen gefährliche Überspannungsimpulse entstehen, die sich auf elektrischen Leitungen ausbreiten und Betriebsmittel vorzeitig altern lassen. Auch das Starten und Stoppen von Ladevorgängen ist solch eine Schalthandlung mit oft hohen Überspannungsimpulsen. Mit Überspannungsschutzgeräten können Beschädigungen durch Überspannungsimpulse verhindert und die vorzeitige Alterung von Betriebsmitteln kann vermieden werden.
Der Überspannungs- und Blitzschutz ist längst nicht mehr neu. Seit Jahrzehnten schützen Unternehmen ihre Industrieanlagen vor Überspannungen. Seit 2016 ist – laut VDE-Vorschriften – Überspannungsschutz auch im privaten Haushalt bei jeder Neuerrichtung oder umfassenden Änderung der elektrischen Anlage verpflichtend. Das gilt für alle fest installierten Betriebsmittel, zu denen auch Ladesäulen und Wallboxen zählen.
Doch nicht nur die Wallboxen und Ladestationen im Ein- und Zweifamilienhaus müssen einen Überspannungs- und Blitzschutz mitbringen. Im Oktober 2019 wurde die VDE 100 um den Teil 722 [1] ergänzt. Darin werden die Anforderungen an die Ladeinfrastruktur festgelegt. Demnach müssen öffentlich zugängliche Ladeeinrichtungen ebenfalls gegen Überspannungsimpulse geschützt werden.
Teil 722 der VDE 100 geht zwar nicht genauer auf den geforderten Überspannungsschutz ein. Aber in der Norm VDE 0100 Teil 443 [2] wird beschrieben, wann ein Überspannungsschutz installiert werden muss – etwa bei Auswirkungen auf öffentliche Einrichtungen, Gewerbe- und Industrieinstallationen. Wie die Überspannungsschutzgeräte beschaffen sein müssen, ist wiederum in der Norm VDE 0100 Teil 534 [3] geregelt.
Gefährdung beurteilen
Doch wie sollte der Überspannungsschutz einer Ladesäule oder Wallbox aussehen? Dabei spielen sowohl der räumliche Aufbau als auch die Anordnung der Ladepunkte in der Ladeinfrastruktur eine Rolle. Sie haben einen großen Einfluss auf die zu erwartenden Belastungen durch Überspannungsimpulse und Blitzströme.
Deshalb sollte für jeden Ladepark eine individuelle Gefährdungsbewertung durchgeführt werden. Denn nur so können geeignete Überspannungsschutzgeräte sowie bestmögliche Einbauorte gewählt werden. Eine fachgerecht durchgeführte Gefährdungsbeurteilung erleichtert die Entscheidung, ob an einem Einbauort Typ-1- oder Typ-2-Überspannungsschutzgeräte eingesetzt werden sollten. Auch die Verlegung der Anschlussleitungen der Geräte kann die Schutzwirkung erheblich beeinflussen. Deshalb ist eine fachgerechte Installation von Überspannungsschutzgeräten von großer Bedeutung. Auch die Hersteller der Geräte geben hier entsprechende Empfehlungen.
Kommunikationswege schützen
Wird mit direkten Blitzeinschlägen und energiereichen Blitzströmen gerechnet, sollten leistungsstarke Überspannungsschutzgeräte vom Typ 1 zum Einsatz kommen, wie beispielsweise das Valvetrab EV T1/T2 von Phoenix Contact. Ist kein äußeres Blitzschutzsystem vorhanden oder erforderlich, erreichen auch kostengünstige Überspannungsschutzgeräte vom Typ 2 eine gute Schutzwirkung. Eingesetzt werden sie in Unterverteilungen, Ladesäulen und Wallboxen – wie etwa das Typ-2-Überspannungsschutzgerät Valvetrab EV T2 von Phoenix Contact.
In den Ladesäulen werden außerdem zahlreiche Komponenten mit 24 Volt Gleichstrom versorgt. Der Schutz der 24-Volt-Spannungsversorgung kann zum Beispiel mit einem Überspannungsschutzgerät vom Typ 3 erfolgen. In Ladeparks und bei Ladesäulen, die öffentlich zugänglich sind, müssen auch die Komponenten für die Kommunikation mit einem Abrechnungssystem geschützt werden. Diese kommunizieren zum Beispiel über eine Ethernetverbindung. Für deren Absicherung wird ein Überspannungsschutz vom Typ D1 empfohlen.
Vorteile von Komplettsystemen
Insgesamt ist der Überspannungs- und Blitzschutz der Ladeinfrastruktur komplex. Deshalb ist es die einfachste Variante, aufeinander abgestimmte Komponenten zu nutzen, wie sie Hersteller anbieten. So hat Phoenix Contac mit Charx sein breites Angebot an Ladetechnikkomponenten sowohl für die Elektrifizierung von Fahrzeugen als auch für den Aufbau einer leistungsstarken und zuverlässigen Ladeinfrastruktur aufeinander abgestimmt.
Alle Komponenten im Paket Charx wurden speziell für den Einsatz in Anwendungen der Elektromobilität entwickelt. Sie schützen aber nicht nur die Ladesäule und das Elektroauto vor Überspannungen. Die geschützte Stromversorgung ermöglicht auch einen unterbrechungsfreien Ladevorgang.
Auf diese Weise ist die Ladeinfrastruktur von Elektrofahrzeugen gut geschützt. Denn sie ist so komplex wie das Elektroautos selbst. Von der Stromversorgung über Komponenten zur optischen Anzeige des Ladevorgangs bis hin zu Leitungen für die Ethernet-Kommunikation finden sich zahlreiche sensible Komponenten in den Ladestationen. Diese gilt es zu schützen – für eine lange Lebensdauer der Ladeinfrastruktur und für die Sicherheit der Benutzer. Um die Mobilitätswende auch in puncto Ladeinfrastruktur zu meistern, ist es vorteilhaft, wenn möglichst viele der eingesetzten Komponenten aufeinander abgestimmt und daher aus einer Hand sind.
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Im Überblick
Schutzkonzept in drei Bereichen
Für den Schutz der Ladestationen vor Überspannungen oder Blitzen sind verschiedene Komponenten notwendig. Ableiter für die Stromversorgung der Ladestation, die Typ 1 und 2 kombinieren, sowie Typ-2-Ableiter sichern die Einspeisung des Stroms in die Akkus der Elektroautos gegen gefährliche Überspannungen durch Blitzeinschläge und Schalthandlungen aus dem Netz. Überspannungsableiter vom Typ 3 stellen darüber hinaus eine dauerhafte Funktion der zahlreichen sensiblen Komponenten innerhalb der Ladestation sicher. Die Kommunikationskomponenten werden meist über Ethernet angebunden und sollten ebenfalls abgesichert werden. Das ist mit einem Überspannungsschutz vom Typ D1 möglich.
Seed & Greet
Stromtankstelle am Autobahnkreuz
Am Autobahnkreuz Hilden entsteht derzeit eine große Ladestation für Elektroautos. Der erste Bauabschnitt des Ladeparks Seed & Greet ist schon fertig und in Betrieb. In Zukunft können hier 44 Elektroautos gleichzeitig vor Ort produzierten Ökostrom tanken.
Denn die Anlage besteht nicht nur aus Ladesäulen mit verschiedenen Ladeleistungen. Vielmehr sind die Ladesäulen mit Solarmodulen überdacht. Diese erreichen derzeit eine Gesamtleistung von 336 Kilowatt. Zusätzlich liefern noch zwei kleine Windräder Strom für die Elektroautos.
Nur wenn die Strommenge aus den beiden Kraftwerken nicht ausreicht, laden die Elektromobilisten mit Ökostrom aus dem Netz. Die üppige Ladeleistung, die vor Ort angefordert werden kann, liefern wiederum zwei große Speichercontainer.
Denn immerhin können die Elektroautofahrer an 28 Schnellladeplätzen ihre Akkus mit einer Leistung von bis zu 250 Kilowatt innerhalb weniger Minuten wieder füllen. Da bleibt nicht viel Zeit, um das 150 Quadratmeter große Café und Bistro mit Biobackstube zu besuchen.
Diese Zeit haben aber die Elektroautofahrer, die an den vier Ladeplätzen tanken, die den Strom mit einer Leistung von 22 Kilowatt in die Akkus der Autos schieben. Für die Mitarbeiter und Mieter des Gebäudekomplexes, der gerade zusätzlich zum Ladepark entsteht, stellt der Betreiber zudem noch zwölf Ladeplätze mit einer Leistung von sieben Kilowatt
zur Verfügung. Schließlich können sie über den gesamten Tag hinweg ihre Autos an der Ladesäule langsam auftanken.
Der Strom kommt nicht direkt aus den Erzeugungsanlagen, sondern aus den Speichercontainern. Sie lagern einerseits den Strom aus den Solar- und Windkraftanlagen zwischen, um die Lastspitzen zu kappen, die durch das Laden der Fahrzeuge entstehen. Sie speichern andererseits aber auch grünen Strom aus dem Netz, wenn er besonders günstig ist, und entlasten das Stromnetz, wenn mehr Strom im Netz ist, als abgenommen wird.
Auf diese Weise amortisieren sich die Speicher innerhalb weniger Jahre, wie Gregor Hinz, Energieberater und technischer Generalplaner des Projektes, betont. Für das optimale Be- und Entladen der Zellen sorgt eine intelligente Batteriesteuerung.
Der weitere Ausbau des Ladeparks ist schon geplant. Am Ende umfasst die gesamte Anlage auf 12.000 Quadratmetern Fläche eine Photovoltaikleistung von mehr als 700 Kilowatt, die die insgesamt 114 Ladeplätze mit Strom versorgen.
Bis Ende 2022 soll auch der fünfstöckige Bürogebäudekomplex fertig sein, der neben dem Seed & Greet Café entsteht. Er wird verschiedenen Büromietern Platz bieten.