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Ladeinfrastruktur

Große E-Laster aufladen

Noch ist der Markt klein. In Deutschland werden jedoch immer mehr rein elektrisch angetriebene Lkw zugelassen. Laut Statista fuhren im Jahr 2021 schon 32.210 Elektro-Lkw über Deutschlands Straßen. Ende 2023 waren 60.800 solcher Lastkraftwagen in Deutschland zugelassen.

Das ist fast eine Verdopplung der Laster, die mit Elektromotor in der Bundesrepublik unterwegs sind, auch wenn das Ergebnis nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das Segment immer noch eine Nische ist. Denn insgesamt waren laut Kraftfahrtbundesamt 535.620 Lkw mit einem Gewicht über 7,5 Tonnen in Deutschland zugelassen. Das sind die sogenannten N2- und N3-Fahrzeuge, für die die Bundesregierung in den nächsten Jahren eine öffentliche Ladeinfrastruktur aufbauen lassen will.

500 Kilometer am Tag

Damit bewegt sich der Anteil der Elektro-Lkw im Bereich von gut zehn Prozent des Gesamtbestandes. Immerhin ist damit der Anteil der Elektro-Lkw größer als derjenige der Elektro-Pkw. Denn Ende 2023 waren 1.408.681 rein batterieelektrisch angetriebene Pkw unterwegs. Das sind weniger als 2,7 Prozent des Gesamtbestands von gut 49 Millionen Pkw in Deutschland.

Dabei sind die Herausforderungen für den batterieelektrischen Betrieb von Lkw ungleich höher als die für einen Elektro-Pkw. Denn anders als der Pkw steht der Lkw in der Regel nicht 90 Prozent und mehr einfach herum und kann in Ruhe geladen werden. Die Lkw haben meist höhere Kilometerleistungen – 500 Kilometer pro Tag sind keine Ausnahme – und müssen auch kurzfristig wieder aufgeladen zur Verfügung stehen.

50.000 Ladesäulen fehlen – mindestens

Dazu kommt noch, dass der Stromverbrauch eines Lkw aufgrund des Eigengewichts und der Nutzlast viel höher ist als der eines Pkw. „Zudem werden Transportunternehmen nur eine Investition in batterieelektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge in Betracht ziehen, wenn diese genauso profitabel und reibungslos betrieben werden können wie konventionelle Fahrzeuge“, lautet ein zentrales Argument des Verbandes der europäischen Automobilhersteller (ACEA).

Damit spricht der Verband ein zentrales Thema an. Für Elektro-Lkw wird eine öffentlich zugängliche, aber vor allem flächendeckende Ladeinfrastruktur noch wichtiger als beim elektrischen Pkw-Verkehr. Der ACEA geht von einem Bedarf in Europa von mindestens 50.000 öffentlich zugänglichen Ladesäulen aus. Davon müssten etwa 35.000 Ladepunkte das Laden im Megawatt-Leistungsbereich (Megawatt Charging Systems – MCS) möglich machen.

350 Raststätten ausgewählt

Diese Anforderungen will die Bundesregierung zusammen mit den zuständigen Netzbetreibern angehen. Dazu soll in den nächsten Jahren an den Bundesautobahnen ein öffentlich zugängliches Schnellladenetz aufgebaut werden. Im ersten Schritt sollen rund 1.800 MCS-Ladepunkte und etwa 2.400 CCS-Ladepunkte (Combined Charging System) entstehen.

Damit will die Bundesregierung den Masterplan Ladeinfrastruktur II in die Tat umsetzen. „Wir schaffen damit jetzt die Voraussetzung dafür, dass die Mobilitätswende auch den Straßengüterverkehr erreicht“, erklärt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit Blick auf den Start des Ausbaus der Ladeinfrastruktur. „Unser Ziel ist, dass Lkw nur noch mit grünem Strom fahren.“

Die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) hat dazu 350 Raststätten entlang der Bundesautobahnen aufgelistet, an denen die Ladestationen aufgebaut werden sollen. Voraussetzung für die Eignung war unter anderem, dass die Raststätten weniger als drei Kilometer von der nächsten Autobahnauffahrt entfernt sein müssen. Außerdem muss es Stellplätze für N2- und N3-Nutzfahrzeuge geben. Der jeweilige Stellplatz pro Ladepunkt muss mindestens 3,50 Meter breit und 21,96 Meter lang sein sowie eine lichte Durchfahrtshöhe von mindestens vier Metern aufweisen, sollte der Stellplatz überdacht sein – etwa mit einer Solaranlage.

Ausschreibung startet im Herbst

Von diesen 350 Raststätten ist der größte Teil bewirtschaftet. Das heißt, dort werden die Ladestationen in der Regel von den Betreibern der Raststätten errichtet und betrieben. Doch die Liste enthält auch etwa 130 unbewirtschaftete Raststätten. Hier werden der Aufbau und Betrieb der Ladepunkte über ein Ausschreibungsverfahren vergeben. Dieses soll noch im Herbst 2024 starten.

Mit dem Start für den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw hat das Bundesverkehrsministerium auch die geplanten Regeln an diesen Ladesäulen sowie eine Verteilung der Standorte veröffentlicht. Außerdem stehen im veröffentlichten Projektexposé auch die Regeln für die Ausschreibung.

Hochleistungsladen ermöglichen

So erfolgt die Auftragsvergabe in Form von Losen. Das heißt, ein Bieter bewirbt sich um den Bau von Ladesäulen an mehreren Standorten. Dabei umfasst jedes Los 25 Standorte. In jedem der Lose sind sehr attraktive und weniger attraktive Standorte enthalten, um für alle ähnliche Bedingungen zu schaffen. Allerdings werden Standorte an gegenüberliegenden Autobahnraststätten im gleichen Los vergeben, um Synergien beim Bau zu ermöglichen.

Die Betreiber müssen das Laden mit CCS-Anschlüssen und einer Ladeleistung von mindestens 400 Kilowatt oder das Laden an MCS-Säulen mit mindestens einem Megawatt Leistung ermöglichen. Welche Ladesäulentechnik zu errichten ist, wird für jeden Standort vorgegeben.

Nach dem Bau der Ladesäulen müssen die Bieter die Anlagen auch betreiben. Die Vertragslaufzeit mit dem Bund beträgt dabei voraussichtlich acht Jahre mit einer Verlängerungsoption um weitere vier Jahre.

Den eigenen Stromvertrag mitbringen

Die Betreiber müssen den Ladevorgang und vor allem die Abrechnung so einfach wie möglich gestalten. Die Lkw-Fahrer müssen auch ohne vorherigen Vertragsabschluss mit dem Betreiber laden können. In diesem Fall sind die Betreiber für den Stromeinkauf und den Stromverkauf verantwortlich.

Es muss aber auch das vertragsbasierte Laden über einen Elektromobilitätsdienstleister (EMP) möglich sein. Dazu muss der Betreiber dem EMP einen diskriminierungsfreien Zugang zur Ladesäule verschaffen. Den Stromeinkauf übernimmt der Betreiber der Ladesäule, den Stromverkauf der EMP. Danach rechnen beide untereinander ab.

Eine dritte Möglichkeit kommt einer Revolution im deutschen Ladenetz gleich. Denn die Betreiber müssen das Durchleitungsmodell erlauben. Dann kann der Lkw-Fahrer seinen eigenen Stromvertrag nutzen und den Strom über seinen Lieferanten beziehen. Die geladenen Strommengen werden dabei bilanziert. Der Betreiber der Ladesäule bekommt dafür ein Durchleitungsentgelt.

Mit einem Megawatt laden

Dieses Modell fordern beispielsweise Ökostromanbieter für die Ladeinfrastruktur für Pkw schon lange. Entsprechend positiv reagieren sie auf diese Regelung. „Mit diesem Ausschreibungsverfahren wird Historisches geschaffen“, erklärt Markus Adam, Chefjurist bei Lichtblick. „Beim Aufbau von öffentlicher Ladeinfrastruktur wird erstmals fairer Wettbewerb an der Ladesäule berücksichtigt. Die Angebotsvielfalt sorgt für mehr Akzeptanz und transparente Preise beim Laden von großen Strommengen unterwegs“, ist sich Adam sicher.

Derweil geht auch die technologische Entwicklung des Hochleistungsladens mit großen Schritten voran, wie die Hersteller auf der diesjährigen Power2Drive gezeigt haben. So hat Designwerk Technologies ein Megawatt-Batterieladesystem auf der Messe in München vorgestellt und damit einen der begehrten Awards abgeräumt.

Volle Ladeleistung ausschöpfen

Es ist in einem Container untergebracht und besteht aus zwei flüssigkeitsgekühlten Ladepunkten und einem Batteriespeicher mit zwei Megawattstunden Kapazität. Das System kann Ladeleistungen zwischen 1,4 und 2,1 Megawatt bereitstellen. Bei der Verwendung von CCS-Steckern liegt die Ladeleistung pro Ladepunkt zwischen 200 und 350 Kilowatt.

Es können aber auch MCS-Stecker verwendet werden. Damit kann das System die volle Ladeleistung ausschöpfen und nach Angaben des Unternehmens Elektro-Lkw innerhalb von 45 Minuten wieder aufladen. Die integrierte Batterie reduziert die notwendige Netzanschlussleistung der Ladestation dabei auf nur 88 bis 400 Kilowatt.

Mit einem Megawatt laden

Das MCS-Laden muss aber nicht nur die Ladeinfrastruktur leisten. Auch die Lkw müssen die hohen Ladeleistungen aufnehmen können. Mercedes-Benz Trucks hat hier jüngst einen Durchbruch erzielt. Die Entwickler im Montagewerk in Wöth am Rhein haben einen elektrisch angetriebenen Actros-Lkw an einer Ladesäule mit einer Leistung von einem Megawatt erfolgreich geladen.

Der erste erfolgreiche Ladetest mit einem Megawatt Leistung mit dem E-Actros 600 sei ein enormer Entwicklungsschritt, betont Peter Ziegler, Leiter E-Charging Components bei Mercedes-Benz Trucks. „In der Branche wird bereits eine Ladeleistung ab 700 Kilowatt als MCS-Laden bezeichnet. Uns ist allerdings wichtig, dass unsere Kunden den E-Actros 600 mit vollen 1.000 Kilowatt aufladen und damit von kurzen Ladezeiten bei großer Reichweite profitieren können“, sagt er.

15.000 Kilometer Härtetest bestanden

Jetzt verbessern die Entwickler noch die Kommunikationsschnittstelle zwischen Fahrzeug und Ladesäule. Damit soll das MCS-Laden mit einem Megawatt Leistung schon beim Serienstart Ende 2024 möglich sein. Derweil haben zwei elektrische Actros 600 Testtouren durch Europa erfolgreich absolviert. Mehr als 15.000 Kilometer haben beide Fahrzeuge innerhalb von 45 Tagen zurückgelegt – mit 40 Tonnen Gesamtzuggewicht.

Das gelingt nahezu mühelos mit den verbauten Batterien. Mercedes-Benz verbaut Akkus mit einer Kapazität von 600 Kilowattstunden. „Eine solche Mammuttour erfordert akribische Vorbereitung und Planung, insbesondere mit Blick auf das Laden an öffentlicher Infrastruktur“, betont Christof Weber, Leiter der Testabteilung bei Mercedes-Benz Trucks. „Auch wenn wir bei den Ladestopps zum Teil sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben, hat sich gezeigt, dass batterieelektrischer Fernverkehr möglich ist. Die 500 Kilometer Reichweite des E-Actros 600 mit einer Batterieaufladung waren für uns dabei stets eine verlässliche Planungsgröße.“

In Zukunft werden die Betreiber von Lkw-Flotten noch sicherer planen können – wenn das europaweite Netz an Ladestationen aufgebaut ist. In Deutschland startet der Aufbau noch in diesem Jahr.

Designwerk hat ein Ladesystem mit einem Megawatt Leistung ­entwickelt. Durch den integrierten Speicher kann es auch an ­Netz­anschlüssen mit 88 Kilowatt verwendet werden.

Foto: Designwerk

Designwerk hat ein Ladesystem mit einem Megawatt Leistung ­entwickelt. Durch den integrierten Speicher kann es auch an ­Netz­anschlüssen mit 88 Kilowatt verwendet werden.

Fraunhofer ISE

Hochvoltladesystem für Schwerlast- und ­Personenverkehr entwickelt

Unter Leitung des Fraunhofer ISE entwickelt ein Projektkonsortium ein Hochvoltladesystem mit einer möglichst hohen Ladeleistung. Damit können Lkw oder Busse mit Elektroantrieb in kurzer Zeit geladen werden. Das Ziel: Die Ladestation soll mit Spannungen von bis zu 1.250 Volt betrieben werden, um hohe Ladeleistung bei möglichst geringen Stromstärken zu erreichen. Diese hohe Spannung müssen die leistungselektronischen Wandler, die auch für die galvanische Trennung zwischen Netz und Fahrzeugbatterie verantwortlich sind, und die Kontaktsysteme verarbeiten können.

Gleichzeitig werden für die hohe Ladeleistung auch effizientere Schaltungstopologien und Halbleiter sowie induktive Übertrager mit sehr hohen Taktfrequenzen benötigt. Diese sollen durch Halbleiterschalter aus Siliziumkarbid erreicht werden. Mit der höheren Taktfrequenz steigen wiederum die Anforderungen an induktive Bauelemente wie beispielsweise die Transformatoren.

Das Hochvoltladesystem soll so ausgelegt werden, dass ein möglichst großer Bereich an Ladespannungen erreichbar ist, um möglichst viele Fahrzeugtypen zu laden. Deshalb muss das System auch abwärtskompatibel sein. Die Entwickler wollen ein System aufbauen und untersuchen, das aus bis zu vier Ladepunkten mit jeweils 250 Kilowatt Ladeleistung besteht.

Im Härtetest: Das Laden der Elektro-Lkw auf der 15.000 Kilometer langen Tour durch Europa musste gut geplant werden. Das soll sich in Zukunft ändern.

Foto: Daimler Truck AG

Im Härtetest: Das Laden der Elektro-Lkw auf der 15.000 Kilometer langen Tour durch Europa musste gut geplant werden. Das soll sich in Zukunft ändern.

Gruber Logistics/AIT

Emissionsfreien Schwerlastverkehr testen

Das Südtiroler Transportunternehmen Gruber Logistics wird zwei emis­sionsfreie Schwerlastfahrzeuge testen. Eines der Fahrzeuge ist ein komplett batterieelektrisch betriebener Lkw. Er wird eine Reichweite von 400 Kilometern erreichen und ist für regionale Lieferungen gedacht. Der zweite Lkw wird ein Hybrid aus Brennstoffzellen- und Batteriebetrieb sein. Mit einer Reichweite von 750 Kilometern ist er für den Einsatz auf Langstrecken vorgesehen.

Die Fahrzeuge wird das AIT Austrian Institute of Technology in gemeinschaftlicher Arbeit mit 13 weiteren Projektpartnern bis dahin als Prototypen fertigstellen. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem der Einsatz innovativer Heizsysteme und Wärmedämmungen. Aber auch die für den emissionsfreien Betrieb notwendigen Steuerstrategien müssen integriert werden.

Die Lkw basieren auf speziellen Null-Emissions-Fahrzeugkabinen von Iveco. Wenn diese fertig sind, startet Gruber Logistics den Test der Lkw im täglichen Betrieb. Dazu sind die Lkw für einen Zeitraum von sechs Monaten auf europäischen Straßen zwischen Italien, Deutschland und Frankreich unterwegs.

Dabei wollen die Projektpartner Erkenntnisse gewinnen, um die Fahrzeuge zusammen mit Iveco weiterzuentwickeln. „Denn die Zuverlässigkeit, die Nutzbarkeit und die Wirtschaftlichkeit dieser nachhaltigeren Lösungen müssen in der Praxis nachgewiesen werden“, betont Ettore Gualandi von Gruber Logistics.

Foto: Gruber Logistics

Hymove/Clean City

Mobiler Wasserstoffspeicher fürs schnelle Laden von Elektro-Lkw

Clean City hat zusammen mit Hymove und Venema (VECS) einen mobilen Wasserstoffspeicher entwickelt. Dieser ist mit Ladeanschlüssen ausgestattet, an denen Elektrofahrzeuge mit hoher Leistung ihre Speicher wieder füllen können. Den Strom dafür erzeugen Brennstoffzellen, die in der mobilen Anlage verbaut sind.

Das System kann derzeit zwei Elektrofahrzeuge mit einer Leistung von 120 Kilowatt gleichzeitig laden. Bis Ende 2024 soll eine Weiterentwicklung fertig sein. Die Anlage – untergebracht auf einem Anhänger – wird zu einem mobilen, netzunabhängigen Ladegerät ausgebaut. Sie kann dann mit einer Leistung von 800 Kilowatt Gleichstrom vier Elektroautos gleichzeitig aufladen. Alternativ ist es auch möglich, einen Elektro-Lkw gemäß einem neuen Standard für Megawatt-Ladesysteme (Megawatt Charging Systems – MCS) mit Strom zu betanken.

Geplant ist zudem die Produktion von 2.000 mobilen Ladestationen, die entweder in Lieferwagen oder in Containern untergebracht werden. Diese sollen dann in ganz Europa unterwegs sein.

Foto: Hymove

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