Am 8. Mai 2016 wurden hierzulande 95 Prozent der Last mit Ökostrom gedeckt. Ein Extremwert, auch wenn es sich um einen Sonntag handelte, an dem nur rund 50 Gigawatt Last gebraucht wurden – und nicht 80 Gigawatt wie an Werktagen. Diese Ereignisse werden künftig zunehmen.
Verteilnetz- und Übertragungsnetzbetreiber haben die Aufgabe, ihre Netze zu jedem Zeitpunkt stabil und zuverlässig zu betreiben. Sie stehen vor der Herausforderung immer mehr Ökostrom zu integrieren und wollen diese annehmen. Das war der Tenor auf der vierten Konferenz „Zukünftige Stromnetze für Erneuerbare Energien“ in Berlin. Die OTTI-Veranstaltung brachte 145 Entscheider aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, um über den Umbau des Stromnetzes zu diskutieren. Denn das Stromnetz muss künftig immer mehr Ökostrom aufnehmen, zugleich gilt es eine stabile Versorgung zu garantieren.
„Dazu können viele Ansätze beitragen: neben konventionellem Netzausbau und zunehmender digitaler Steuerung müssen dezentrale Ökostromanlagen auch vermehrt Systemdienstleistungen bereitstellen“, betont Professor Bernd Engel von der TU Braunschweig und SMA-Vorstandsbeauftragter für Netzintegration, der die Tagung leitete. Zukünftig müsse sichergestellt werden, dass erst die Kapazitäten der Erneuerbaren genutzt würden, fossile Kraftwerke dürften nicht einfach weiter Strom produzieren, wenn es keinen Bedarf gäbe, erklärt Engel. Die Mindestbetriebsleistung von Kohlekraftwerken liege meist bei 50 Prozent, weiter runterregeln lässt sich ein fossiles Kraftwerk nur schwer. Hier gilt es die Rahmenbedingungen anzupassen, denn das Versorgungssystem muss technisch und regulatorisch konsequent auf Erneuerbare ausgerichtet werden.
Versorgungsqualität durch Erneuerbare sichern
Zukünftig müssen aber auch die rotierenden Massen der fossilen Großkraftwerke von Erneuerbarenanlagen ersetzt werden. Das ist sehr wohl möglich, die Forschung arbeitet bereits intensiv an dem Thema. Eine Untersuchung mit dem Namen „Kombikraftwerk 2“ vom Fraunhofer Iwes hat gezeigt, dass eine hohe Versorgungsqualität auch mit einer intelligenten Kombination aus erneuerbaren Energien, Speichern und Back-up-Kraftwerken mit erneuerbarem Gas erreichbar ist.
„Die größte Herausforderung des neuen Systems ist die fluktuierende Stromerzeugung“, erklärte Rainer Baake, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, auf der OTTI-Tagung. Flexibilität werde daher dringend benötigt und dies sowohl bei der Erzeugung als auch bei der Nachfrage, fordert Baake. Beim Einzelhandel von Strom funktioniere der Wettbewerb indes schon gut. In Berlin gebe es beispielsweise 465 verschiedene Stromanbieter, zwischen denen sich der Haushaltskunde entscheiden könne. Wichtig sei zudem, dass die Bilanzkreisverantwortung der Stromhändler wahrgenommen werde. Deshalb müsste der gehandelte Strom tatsächlich eingespeist werden. Baake: „Ansonsten drohen den Händlern empfindliche Strafen.“ (N. Petersen)
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