Ökostrom ist nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich. Das haben nun die konventionellen Energiekonzerne verstanden. Denn das Geschäft mit dem Stromverkauf ist in wenigen Jahren passé – Flexibilität macht sich künftig bezahlt.
Bei diesen Worten muss man sich die Augen reiben, in Anbetracht wer sie sagt: „Erneuerbare machen nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn“, sagt Peter Terium, Vorstandsvorsitzender bei Innogy und ehemals Chef des gesamten RWE-Konzerns. Er verkündet das wie selbstverständlich gegenüber 1.200 Managern auf der Euroforum-Konferenz Jahrestagung Energiewirtschaft 2017 in Berlin. Vor nicht einmal vier Jahren klang das alles noch ganz anders.
Nun scheint Terium die Sektorkopplung sehr wichtig zu sein. Die staatlichen Abgaben für Strom würden fossile Brennstoffe wie Erdöl und Erdgas im Wärmesektor bevorzugen. „Je grüner das BHKW künftig werde, desto besser“, resümiert der Innogy-Chef. Die Energiewende würde ansonsten nur eine Stromwende werden. Wichtig seinen zudem starke Verteilnetze. „Sie sind das Rückgrat der Energiewende“, erklärt Terium. 95 Prozent der Ökostromanlagen, sowie 95 Prozent der erzeugten Energie werden auf dieser Netzebene eingespeist. Zum Schluss kommt er zu dem Plädoyer, mehr die Sektorkopplung beim Netzausbau zu integrieren, um entsprechend weniger Trassenkilometer neu zu bauen.
Drei Megatrends der Energiewirtschaft
Neben Dekarbonisierung und Dezentralisierung ist Digitalisierung der dritte Megatrend in der Energiebranche. „Die Vernetzung des Energiesektors biete neue Chancen und einen echten Mehrwert“, verspricht Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus. Mit dem reinen Stromverkauf werde in wenigen Jahren niemand mehr Geld verdienen, weil der Preis aufgrund des Überschussstroms in den Keller gehe. „Flexibilität ist künftig gefragt“, betont er. Dabei spiele ein intelligentes Energiemanagementsystem eine Hauptrolle, das den Eigenverbrauch optimiere.
Stichwort Mikronetze. Sie würden in Zukunft die Netze insgesamt stabilisieren, sagt Neuhaus, gestützt von Lastmanagement bei der Stromnachfrage und Batteriespeichern. Noch ist laut Neuhaus eine Photovoltaikanlage ohne Batteriespeicher wirtschaftlicher als ohne, aber beides sei heute schon rentabel, erklärt er. Die Nachfrage nach Speichern werde das aber mehr und mehr ändern. Speicher werden billiger. Insgesamt sei die Energiewende durch die Bevölkerung getrieben. Der Solarwatt-Manager: „Die wollen das.“
Allianzen schmieden
Zentral scheint es Neuhaus nun Allianzen zu schmieden, bei denen jeder seine Kernkompetenzen ausspielen könne. Die alten Energieversorger würden bei den Kunden als vertrauenswürdige Partner wahrgenommen, sie hätte zudem enorme Kompetenzen beim Energiehandel. Solarwatt bräuchte Jahre, um so ein Know-how ins Haus zu holen. Im Gegenzug weiß Neuhaus schon länger, dass Erneuerbare Sinn machen – vor allem auch ökonomisch. (N. Petersen)
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