Die Energiewende ist dezentral. Auch immer mehr Konzerne verstehen das. Sie setzen nun vermehrt auf möglichst effiziente Lösungen mit Sonnenenergie und Stromspeichern. Die Grundlast liefert ein Blockheizkraftwerk.
In dem Städtchen Kelsterbach bei Frankfurt mit rund 14.000 Einwohnern nimmt die Energiewende konkrete Formen an. Für eine entstehende Wohnanlage mit 180 Reihenhäusern liefert der Bosch-Konzern einen flexiblen Stromspeicher. Der Speicher hat eine installierte Kapazität von 135 Kilowattstunden. „Rechnerisch reicht dies, um zehn durchschnittliche Vier-Personen-Haushalte einen Tag lang zu versorgen“, kalkuliert Projektleiter Wolfgang Mollenkopf von Bosch. Die Inbetriebnahme sei für Mitte Mai 2014 vorgesehen. Kunde ist die Süwag Erneuerbare Energie, eine 100-prozentige Tochter des Energieriesen RWE.
Die Energieversorgung wird künftig immer dezentraler; Stromspeicher übernehmen dabei eine wichtige Aufgabe. In dem wärmegesteuerten Blockheizkraftwerk und der Solaranlage des Wohnprojektes entsteht auch Strom, wenn er nicht benötigt wird. Eine Batterie nimmt den überschüssigen Strom auf und stellt zeitversetzt wieder zur Verfügung. Die ist etwa sieben Meter breit, 60 Zentimeter tief und 1,80 Meter hoch. Der Speicher hat eine Leistung von 50 Kilowatt und kann innerhalb von zwei Stunden ge- oder entladen werden.
Keine Durchleitungsgebühren
Die Sonnenenergie soll möglichst effizient verbraucht werden: „Tagsüber, wenn die Familien oft gar nicht zuhause sind, scheint die Sonne und liefert viel Energie. Diese speichert die Batterie dann bis zum Abend“, erklärt Cordelia Thielitz, bei Bosch zuständig für stationäre Stromspeicher. Ziel der RWE-Tochter Süwag sei es, die Eigenversorgung so hoch wie möglich zu schrauben: Jede Kilowattstunde, die nicht über viele Kilometer transportiert werden müsse, verringere den Ausbau- und Investitionsbedarf in die Netze, erklärt das Unternehmen. Die Verbraucher innerhalb der Wohnanlage sind demnach direkt an die Energieerzeugung gekoppelt. Das bedeutet: Es entstehen keine Durchleitungsgebühren oder ähnliche Kosten. So können die Bewohner einen günstigeren Stromtarife als üblich erhalten. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Fachhochschule Frankfurt.
Die neue Wohnsiedlung mit dem Namen „Enka“ entsteht auf einem ehemaligen Fabrikgelände. Hier sind 180 Reihenhäuser geplant. In einem zweiten Bauabschnitt entsteht ein Misch- und Gewerbegebiet. Der Plan: Die komplette Siedlung soll sich im Endausbau mit zwei Blockheizkraftwerken plus Spitzenlastkesseln, mit Solarstrom, einem Wärmespeicher und dem elektrischen Speicher möglichst eigenständig mit Energie versorgen. Das effiziente Blockheizkraftwerk übernimmt die Grundlast. Ein mit Erdgas betriebener Verbrennungsmotor erzeugt darin mit Hilfe eines Generators Strom. Die bei der Verbrennung im Motor entstehende Wärme wird zur Beheizung von Gebäuden oder zum Erwärmen von Wasser genutzt.
Anfang des Jahres 2014 startete das Forschungsprojekt „Sol-ion+“. Das Ziel: Sieben Partner aus Forschung und Industrie wollen nachweisen, dass die Speicherung von Solarstrom sowohl für Endverbraucher als auch für die Stabilisierung von Verteilnetzen Vorteile bringt. (Niels H. Petersen)