Ein neuer Bericht zeigt den Weg auf, wie die Energieversorgung der Zukunft auf regionale Eigenverbrauchsgemeinschaften aufgebaut werden kann. Dazu muss aber die Politik handeln und auch die Bürgerenergiegenossenschaften konsequent diesen Ansatz verfolgen.
Die gemeinschaftliche Nutzung von erneuerbarer Energie kann zur tragenden Säule eines zukünftigen Energiesystems werden. Das bedeutet, dass viele private und genossenschaftlich organisierte Energieerzeuger, die gleichzeitig Verbraucher sind, ihre Energie untereinander austauschen und so ein komplettes System organisieren. Voraussetzung, dass dies Realität wird, ist allerdings, dass Bürgerenergieakteure ihre Stärken konsequent weiterentwickeln und die Politik regulatorische Hemmnisse abbaut. Dies sind die zwei wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bericht „Bürgerenergie – heute und morgen“, den das Bündnis Bürgerenergie erstellt hat.
Dezentrales Energiesystem ist das Ziel
Der Bericht zeigt für viele tausend Bürgerenergieprojekte in Deutschland und Europa auf, wie sie zu Vorreitern der gemeinschaftlichen Erzeugung, Speicherung, des Verbrauchs und des Handels von sauberer Energie für Strom, Wärme und Mobilität innerhalb einer Gemeinschaft werden können. Auf diese Weise können sie das bisher zentralistisch angelegte Energiesystem vollständig verändern und die Energiewende vollenden. Diese ist schließlich kein einfacher Umstieg auf Ökostrom, erneuerbare Wärme und Elektromobilität, sondern die dezentrale Erzeugung von erneuerbaren Energien dort, wo sie verbraucht werden.
Dabei gelte es vor allem, Hürden abzubauen, betont das Bündnis Bürgerenergie. „Die Regulierung auf dem Energiemarkt ist derzeit noch klar zum Nachteil dezentraler Versorgung ausgelegt“, kritisiert René Mono, Vorstand beim Bündnis Bürgerenergie und Autor des Berichts. „Wer bereits heute Energieprosumer ist und seinen Bedarf etwa mit einer genossenschaftlich betriebenen Photovoltaikanlage selbst deckt, ist hoffnungslos gegenüber den Stromkonzernen und Netzbetreibern benachteiligt. Dieser Zustand muss sich ändern.“
Erzeuger und Verbraucher müssen umdenken
Mono ist hier aber optimistisch. Denn die dezentrale Energiewende werde sich aufgrund der technologischen Entwicklung durchsetzen. Sie sei auch durch eine negative Regulierung nicht aufzuhalten. „Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften werden jedoch durch eine falsche Politik zur Stunde noch unnötigerweise in ihrer Entwicklung massiv behindert“, sagt er.
Allerdings müssen auch die Erzeuger und Verbraucher umdenken. Nicht mehr den Strom für den eigenen Haushalt erzeugen und speichern, sondern ihn mit dem Nachbarn teilen, ist der Ansatz, den Mono verfolgt und unterstützt. „Für viele ist die Entwicklung von herkömmlichen Bürgerenergiegesellschaften hin zu Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften noch ein langer Weg“, betont er. „Es gibt einiges zu tun – von der Entwicklung von offenen Standards bis hin zu der Erhöhung der Gebrauchstauglichkeit, vor allem durch den Einsatz von digitalen Anwendungen. Auch dies zeigt unser Bericht.“
Vier Schlüsselfaktoren für Bürgerenergie
Dieser entstand aus einer Analyse von Praxisbeispielen und mehreren Workshops, die das Bündnis veranstaltet hat. Die Praxisbeispiele zeigen dabei, dass das, was heute erfindungsreiche und engagierte Bürgerenergiegesellschaften erproben, zum Mainstream der Energiewelt im Jahr 2030 werden kann, betont Mono. „Dabei spielen vier Schlüsselfaktoren entscheidende Rollen: Partizipation, Wirtschaftlichkeit des Direktverbrauchs, eine einfache Handhabung vor allem für die Anwender sowie der Aufbau der notwendigen Kompetenzen“, sagt er. „An diesen Schlüsselfaktoren müssen die Bürgerenergiegesellschaften von heute ansetzen, um die Zukunft des Energiesystems im Sinne des Prosums prägen zu können“, fasst er die Ergebnisse des Berichts zusammen. (su)