Auch nach der Abschaltung des letzten Atomkraftwerks werden in Deutschland weiterhin Brennelemente für den Export hergestellt. Ein aktueller Antrag auf eine Änderung des Atomgesetzes scheiterte. Die Bundesregierung begründet das mit dem Erhalt “von hoch qualifizierten Arbeitsplätzen“.
Die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau und die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen haben unbefristete Betriebsgenehmigungen erhalten. Ein aktueller Antrag des Landes Nordrhein-Westfalens im Bundesrat dieses Atomgesetz zu ändern, um die Urananreicherung hierzulande zu beenden, wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Das ergibt eine Recherche des Wirtschaftsmagazins „Plusminus“ vom Norddeutschen Rundfunk.
Hintergrund: Bereits 2011 hatte der Bundesrat einen konsequenten, glaubwürdigen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie gefordert „Die Unterstützung der Atomenergienutzung im Ausland bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Atomenergienutzung im Inland aus dem Bewusstsein der Unverantwortbarkeit der Atomenergie ist politisch und moralisch widersprüchlich und nicht hinnehmbar“, heißt es in einer Stellungnahme des Bundesrates direkt nach der Katastrophe von Fukushima. Die Antwort der Bundesregierung: „Eine generelle gesetzliche Stilllegung aller kerntechnischer Anlagen in Deutschland ist nicht angezeigt.“
Die chemische Umwandlung von Uran
Der Joberhalt soll dabei als Argument dienen: „Eine Stilllegung von Anlagen in Deutschland würde zu einem Verlust von hoch qualifizierten Arbeitsplätzen in einer strukturschwachen Region führen und die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Hochtechnologiebereich der deutschen Industrie und des Wirtschaftsstandorts Deutschland schwächen“, begründet das Wirtschaftsministerium gegenüber Plusminus. Das bedeutet, dass nach dem Willen der Bundesregierung auch nach dem deutschen Atomausstieg die deutsche Urananreicherungsanlage weiterproduzieren wird. 365 mal im Jahr erreicht zurzeit das gefährliche Uranhexafluorid, kurz UF6, per LKW die Anlage im westfälischen Gronau. Bei UF6 handelt es sich um eine chemische Umwandlung von Uran.
UF6 aus Gronau wird auch in das knapp 60 Kilometer entfernte Lingen transportiert, in Deutschlands Brennelementefabrik. Hier wird das angereicherte Uran in Tabletten gepresst und in Röhren gefüllt, die zusammen ein Brennelement ergeben. 70 Mal im Jahr verlassen Transporte mit Brennelementen die Fabrik. Geliefert werden sie nach Frankreich, Schweden, Finnland, Belgien, in die Niederlande, die Schweiz, nach Spanien und nach China. Auch die Produktion von Brennelementen ist unbefristet genehmigt.
UF6-Exporte in alle Welt
Uran wird vor allem in Minen in Kasachstan, Kanada, Australien und dem Niger abgebaut. In der Urananreicherungsanlage in Gronau wird das spaltbare Material in seiner Konzentration erhöht und an 50 Kunden in 17 Länder geliefert. Das dabei anfallende abgereicherte Uran wird unter freiem Himmel gelagert. Derzeit sind es an die 9.000 Tonnen. Genehmigt ist dort die zeitlich unbegrenzte Lagerung von insgesamt 38.100 Tonnen UF6. Der Betreiber der Anlage, das Unternehmen Urenco, teilte zur Gefahr eines Flugzeugabsturzes mit, dass die Behälter, in denen UF6 im Freilager lagere, nur zu zwei Dritteln befüllt seien. Bei einem voll umschließenden Feuer, das 25 Minuten andauere, könnten diese Behälter bersten. Urenco habe jedoch Sicherheitssysteme, damit brennendes Kerosin in wenigen Minuten abfließen könne und ein Brand deutlich kürzer als 25 Minuten andauere. (nhp)
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