Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) hält eine Reduzierung um maximal eine Milliarde Euro bei der EEG-Umlage für machbar. Die Ökonomen von FÖS und DIW in Berlin sehen das Senkungspotential drei Mal höher. Das ergibt eine aktuelle Studie.
Rund 20 Prozent mehr Unternehmen sind 2014 von der EEG-Umlage begünstigt. Diese Mehrkosten müssen die übrigen Haushalte und nicht-privilegierten Unternehmen schultern. Die Ökonomen haben nun errechnet, dass die Industrieausnahmen durch eine Reform bereits im vergangenen Jahr um rund drei Milliarden Euro hätte sinken können. „Die Bundesregierung muss den kontinuierlichen Anstieg der Industrieausnahmen dringend bremsen“, kommentiert Damian Ludewig, Geschäftsführer des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). „Die allzu pauschalen Genehmigungskriterien führen dazu, dass viele Unternehmen profitieren, die gar nicht im internationalen Wettbewerb stehen“.
Dies erhöhe die Belastung für Mittelstand und Verbraucher und gefährde die Akzeptanz von EEG und Energiewende. Ludewig spricht sich deshalb für mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Energiekosten aus. Es sei nur fair, wenn die stromintensive Industrie sich angemessen an den Kosten beteiligt und nicht nur von den Vorteilen wie sinkenden Börsenstrompreisen profitiere.
Erst am Dienstag hatte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Bafa verkündet, dass die Zahl der bei der EEG-Umlage begünstigten Unternehmen in diesem Jahr auf 2098 steigt. Im vergangenen Jahr war es hingegen 1720 große Stromverbraucher. Die Zahl der Abnahmestellen, die von der EEG-Umlage befreit sind, steigt auf insgesamt 2779. Denn mehrere Unternehmen betreiben Zweigstellen, die dann ebenfalls von der EEG-Umlage befreit sind, wenn das Unternehmen als Ganzes befreit ist.
Entlastung von 6,6 Milliarden Euro
Die Industrie profitiere nicht nur von massiven Vergünstigungen durch die so genannte „Besondere Ausgleichsregelung“. Beziehe man die EEG-Befreiung für die Eigenstromversorgung der Industrie ein, betrage das Entlastungsvolumen laut Berechnungen der Ökonomen sogar 6,6 Milliarden Euro, statt der von der Bafa am Dienstag veröffentlichten 5,1 Milliarden Euro. Diese Ausnahmen erhöhen die Ökostromumlage demnach um 1,8 Cent pro Kilowattstunde gegenüber einer Umlage ohne Industrieprivilegien. In 2013 hätte die Ökostromumlage ebenfalls anders ausgesehen: „Die EEG-Umlage hätte bei Umsetzung des Vorschlags im Jahr 2013 um mindestens einen Cent pro Kilowattstunde niedriger liegen können, bei 4,3 Cent pro Kilowattstunde“, heißt es in der Studie. Die Ökonomen haben errechnet, dass die Industrieausnahmen durch eine Reform bereits im vergangenen Jahr um rund drei Milliarden Euro hätte sinken können.
Der Vorschlag enthält folgende Maßnahmen: Die Auswahl der begünstigten Branchen würde sich an der so genannten „Strompreiskompensationsliste“ orientieren, die die EU-Kommission bereits im Rahmen des Emissionshandels als wettbewerbsgefährdet eingestuft hat. Zudem solle eine um 80 Prozent reduzierte EEG-Umlage auf eine standardisierte Stromverbrauchsmenge erhoben werden. Und die Bemessung der privilegierten Strommenge würde entsprechend der auf EU-Ebene erstellten Benchmarks pro Produktionsvolumen und mit einem Kürzungsfaktor von 85 Prozent erfolgen. Bei der neuen Regelung würde sowohl selbst erzeugter als auch fremdbezogener Strom von der EEG-Umlage erfasst. Es gebe jedoch eine deutliche Vergünstigung für hoch effizienten und erneuerbaren Eigenstrom. (nhp)