Die Regeln der Strommärkte in den Ländern Zentralwesteuropas unterscheiden sich stark. Die Ineffizienz des grenzüberschreitenden Stromhandels konterkariert gemeinsame Ziele der DACH- und Benelux-Länder, wie eine druckfrische Studie zeigt.
Im Handel mit Strom zwischen den Ländern Zentralwesteuropas kommt es immer wieder zu systematischen Reibungsverlusten. Der Grund dafür ist, dass sich die Regeln für die kurzfristigen Strommärkte von Land zu Land deutlich unterscheiden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie vom CE Delft aus dem Niederlanden und Microeconomix aus Frankreich für Agora Energiewende.
Die Ineffizienz des grenzüberschreitenden Stromhandels steht im Widerspruch zu den gemeinsamen Zielen von Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz. Diese Länder arbeiten im so genannten Pentalateralen Energieforum an einer besseren Integration der zentralwesteuropäischen Strommärkte. Dabei geht es vor allem darum, die steigenden Flexibilitätsanforderungen, die mit dem Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen einhergehen, zu erfüllen.
Besonders betroffen sind die Märkte für Regelenergie, über welche Unterschiede zwischen der geplanten Stromerzeugung beziehungsweise Stromnachfrage und der tatsächlichen Situation ausgeglichen werden. Hier verfolgen die Länder des Pentalateralen Energieforums allesamt unterschiedliche Ansätze. Diese sind nicht nur nicht miteinander kompatibel, sondern zeichnen sich auch durch große Unterschiede bei den Preisen für die Regelenergie aus. Darin spiegeln sich die Unterschiede der jeweiligen Marktregeln in den verschiedenen Ländern wider.
Viertelstündliche Vermarktung begrenzt Markt
Ähnlich sieht es in den Märkten für den untertätigen Stromhandel aus. So muss in den Niederlanden, Belgien und Frankreich beispielsweise eine Leistung von einer Megawattstunde Strom am Intra-Day-Markt in Stundenblöcken angeboten werden. In Österreich, der Schweiz und Deutschland hingegen sind auch Angebote für Viertelstunden möglich. Durch diesen Unterschied kann zwar Strom aus erneuerbaren Energien von Frankreich nach Deutschland und umgekehrt gehandelt werden, allerdings nur wenn die Leistung mindestens eine Stunde lang bereitgestellt werden kann. Die für Windkraft und Photovoltaik viel relevantere Vermarktung über Viertelstunden bleibt damit letztlich nur auf ein abgegrenztes Marktgebiet beschränkt.
„Miteinander harmonierende Marktregeln sind eine wesentliche Voraussetzung für den Strommarkt über Ländergrenzen hinweg“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Denn nur damit lassen sich die in Zentralwesteuropa reichlich vorhandenen Flexibilitätspotenziale optimal nutzen.“ Die Angleichung der Marktregeln sei eine Voraussetzung dafür, um die Erneuerbaren kostengünstig ins europäische Stromsystem zu integrieren. „Das ist nötig, um bis 2030 den Anteil der Erneuerbaren Energien am europäischen Strommix auf rund 50 Prozent zu erhöhen“, betont Graichen. (nhp)
Die Studie „Refining Short-Term Electricity Markets to Enhance Flexibility“ wurde von CE Delft (Niederlande) und Microeconomix (Frankreich) im Auftrag von Agora Energiewende erarbeitet. Sie steht kostenfrei zum Download zur Verfügung.