Den göttlichen Segen gab es schon vor knapp zehn Jahren, Ende 2008. Auf dem Dach der päpstlichen Audienzhalle Paolo VI. wurden rund 220 Kilowatt Solarpower montiert. Genau 2.394 Solarmodule. Bei einem Festakt wurde die Anlage in der Accademia delle Scienze im Vatikan eingeweiht. Die Chefs von Solarworld und SMA waren damals ebenso vor Ort wie der Präsident des Governatorats Vatikan und der Nobelpreisträger für Physik, Professor Carlo Rubbia. Außerdem die mittlerweile verstorbene Solarikone Hermann Scheer. Lang ist es her. Aber der italienische Markt lebt und wächst wieder – auch dank Batteriespeichern.
Das Geschäft wartet hinter dem Zähler
Der italienische Markt ist beispielsweise für den Speicherhersteller Sonnen der wichtigste EU-Markt außerhalb Deutschlands. „Wir waren dort als eines der ersten Speicherunternehmen am Markt, was sich nun auszahlt, da wir ein starkes und stabiles Partnernetz von 100 Installationsbetrieben haben aufbauen können“, sagt Vertriebschef Philipp Schröder. Vor allem einphasige Systeme werden hier nachgefragt. Solarwatt und auch Senec sind seit 2016 mit einer eigenen Tochtergesellschaft in Italien aktiv. Die Leipziger Deutsche Energieversorgung bietet ihre Marke Senec über den Großhändler Greensun Srl an.
10.000 Heimspeicher sind bereits installiert
„Der Speichermarkt in Italien hat sich schnell entwickelt, derzeit gibt es nach unseren Schätzungen 10.000 installierte Systeme“, sagt Enrico Marin. Er ist Geschäftsführer der Baywa r.e. Solar Systems mit Sitz in Bruneck, die von Südtirol aus den italienischen Markt bedient. Marktexperten erwarten auch in diesem Jahr weiteres Wachstum. Der Eigenverbrauch ist dabei der Treiber für die positive Entwicklung, meist in Kombination mit einer Photovoltaikanlage. Zusätzlich fördern lokale Ausschreibungen wie in der norditalienischen Lombardei 2016 und 2017 den Zubau. Das Geschäft boomt demnach vor allem hinter dem Zähler. Auch Komponenten, die die Energieflüsse schlau optimieren, sind unabdingbar und nachgefragt.
Klimaziele verlangen mehr Solarpower
Photovoltaik und Batteriespeicher sind wichtige Bausteine, damit das Land seine Klimaziele erreichen kann. Immerhin 55 Prozent des Stroms sollen Erneuerbare bis 2030 beisteuern. Insgesamt soll Ökoenergie 28 Prozent des Energieverbrauchs decken. Derzeit seien es vor allem Eigenheimbesitzer, die sich kleine Strompuffer installieren, weiß auch Marin. Aber der Markt werde sich langsam auch auf den gewerblichen und industriellen Sektor ausdehnen. Derzeit seien die Kosten für Batterien einfach noch zu hoch. Zudem fehle es an zertifizierten Systemen, die größere Speicherkapazitäten managen können.
Im letzten Jahr wurden in Italien rund 400 Megawatt Photovoltaik neu installiert. „Das war zwar mehr als 2016, aber trotzdem nicht wirklich viel im Vergleich zu den Boomjahren”, resümiert Andreas Lutz. Er arbeitet als Geschäftsführer bei New Energy Projects in München und hat sich auf den italienischen Markt fokussiert. Rom will künftig vor allem Photovoltaikanlagen mit mehr als 20 Kilowatt Leistung fördern. Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen sind aber weiter nicht im Förderregime. Nach Lutz’ Ansicht entwickeln sich gerade wieder mehr Photovoltaikprojekte als in den vergangenen Jahren. Und zwar unabhängig von einer möglichen neuen Förderung; das ist die gute Nachricht.
Regierungsbildung schwierig
Es würden derzeit vor allem große Projekte entwickelt, die sich über Stromlieferverträge refinanzieren und ohne staatliche Förderung betrieben werden. „Wie viele davon dieses und in den kommenden Jahren ans Netz gehen werden, das ist wohl schwierig vorherzusagen“, sagt Lutz. Denn die Genehmigungen dauern und die Finanzierung dieser Projekte sei auch nicht einfach. Zumindest nicht, wenn eine Bankfinanzierung nötig sei. „Einfacher ist es natürlich mit 100 Prozent Eigenkapital.“
Der Entwurf für die neue Förderung muss aber unter anderem noch von der EU genehmigt werden. Vor einigen Wochen hat der italienische Minister für wirtschaftliche Entwicklung (MISE) den Entwurf eines neuen Förderdekrets an seinen Kollegen vom Umweltministerium geschickt. Dieser muss den Entwurf nun prüfen. Dann geht das Dekret an die Conferenza Stato-Regioni, und auch die EU-Kommission muss noch grünes Licht geben. Ob das Dekret angesichts der notwendigen Zustimmungen und der schwierigen Regierungsbildung überhaupt in der bisherigen Form verabschiedet werde, müsse man erst mal abwarten, meint Lutz.
Laut der Vorlage steht für Solar und Windkraft 2018 bis 2020 ein Kontingent von 580 Megawatt für Anlagen bis ein Megawatt und bis 4, 8 Gigawatt für Anlagen mit mehr als einem Megawatt Leistung zur Verfügung.
Anlagen über ein Megawatt Leistung müssen an Ausschreibungen teilnehmen, für Anlagen mit geringerer Leistung gilt das Registerverfahren. Demnach sollen über die Register 790 Megawatt und über die Ausschreibungen 5.535 Megawatt vergeben werden, allerdings gelte eine Obergrenze von 5,8 Milliarden Euro pro Jahr für die neue Förderung. Zudem werden keine Zuschüsse gezahlt, wenn der Preis der Marktzone länger als sechs Stunden bei null Euro liegt oder sogar negativ ist.
Einheitstarif bis 100 Kilowatt Leistung
Die staatliche Förderung gilt sowohl für Neu- und Bestandsanlagen als auch für Erweiterungen. Der Bau darf erst nach dem Zuschlag der Förderung beginnen. Zudem scheint eine Förderung von Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen weiterhin ausgeschlossen zu sein, analysiert Lutz. Für Anlagen bis 100 Kilowatt Leistung gibt es demnach einen festen Einheitstarif. Für größere Anlagen werde nur der Förderanteil vom GSE ausbezahlt. Die Energie gehöre weiterhin dem Betreiber und müsse von diesem selbst vermarktet werden, erklärt er.
Je nach Segment gibt es verschiedene Geschäftsmodelle, die im italienischen Energiesystem funktionieren, erklärt Valerio Natalizia, Managing Director von SMA Italia. In erster Linie sei der Eigenverbrauch von Solarstrom der Haupttreiber für Hausdachanlagen und für gewerbliche Solaranlagen.
SMA setzt auf Wachstum
„Bei den Hausdachanlagen spielt jedoch auch das sogenannte Tax Credit System, also eine Steuergutschrift, eine wichtige Rolle. Solaranlagenbesitzer können über Jahre 50 Prozent der Gesamtkosten ihrer Solaranlage steuerlich absetzen.“ Das gelte auch für die Installation in Verbindung mit einem Speichersystem. Im Bereich der gewerblichen Solaranlagen gebe es das Direktverbrauchsmodell, weiß Natalizia. Anlagenbetreiber verkaufen also den Strom direkt an einen Verbraucher. Dabei ist der Strom für den Verbraucher günstiger als aus dem Netz bezogener Strom, der Verkäufer erhält eine höhere Vergütung, als er für die Netzeinspeisung bekommen würde.
Bislang fragten hauptsächlich Kunden von solaren Hausdachanlagen nach Batteriespeichern. Denn aktuell sei der regulatorische Rahmen für Speicher noch in der Diskussion. Aber in den kommenden ein bis zwei Jahren werden sich neue Bestimmungen positiv für Smart-Metering-Syteme und die Digitalisierung des Marktes auswirken, sagt Natalizia. Verschiedene Modelle dazu seien bereits in der Testphase. „Mit den Regelungen, die demnächst eingeführt werden, erwarten wir aber auch eine starke Nachfrage nach Speichersystemen für gewerbliche Installationen und im Kraftwerksbereich für Solarparks“, ist sich SMA-Manager Natalizia sicher.
Solarer Zubau soll sich verdoppeln
Der Photovoltaikmarkt wächst derzeit. Ende 2017 waren immerhin 19,4 Gigawatt am Netz installiert. Damit ist Italien immerhin der zweitgrößte Markt in Europa. „Wir erwarten ein noch stärkeres Wachstum in den kommenden zwei Jahren“, prognostiziert Natalizia. Dazu würden vor allem Solarkraftwerke beitragen. In diesem Segment seien im vergangenen Jahr 65 Megawatt neu hinzugebaut worden und für dieses Jahr erwartet der SMA-Manager einen Zubau, der mehr als doppelt so hoch ausfällt.
Der zweite Impuls zum Marktwachstum werde sich aus den neuen, derzeit in Diskussion befindlichen Regeln entwickeln. Diese werden Anreize für Gewerbekunden schaffen. Die Aussichten sind also bestens, die Sonne scheint sowieso. Nicht zu unterschätzen: Gottes Segen ist obendrein erteilt.
BAywa r.e.
Solarpark in Spanien mit 170 Megawatt wird ohne staatliche Förderung gebaut
Nach dem Abschluss eines Stromabnahmevertrags (PPA) zwischen Baywa r.e. und dem norwegischen Energiekonzern Statkraft soll in Spanien das Photovoltaikkraftwerk Don Rodrigo gebaut werden. Das Projekt von Baywa r.e. mit einer Gesamtleistung von über 170 Megawatt liegt südlich von Sevilla. Es ist europaweit eines der ersten Solarprojekte dieser Größe, das vollständig ohne staatliche Förderung auskommt. Möglich wird dies durch einen Stromliefervertrag über 15 Jahre. Zugleich bedeutet es den Eintritt von Statkraft als europäischem PPA-Anbieter in den spanischen Markt.
Baywa r.e. hat bereits mit den Vorarbeiten zur Realisierung des Projekts begonnen und wird die Anlage voraussichtlich Ende 2018 in Betrieb nehmen. Auf einer Fläche von rund 265 Hektar werden damit künftig knapp 300 Gigawattstunden pro Jahr erzeugt. Das entspricht dem jährlichen Verbrauch von rund 93.000 durchschnittlichen spanischen Haushalten, teilt Baywa mit. „Dass wir solch ein Projekt komplett ohne staatliche Förderung umsetzen können, ist insbesondere der stetigen Optimierung der Systemkosten zu verdanken“, erklärt Benedikt Ortmann, Geschäftsführer bei Baywa r.e. Solar Projects. Damit erzeugen Ökostromanlagen erstmals sauberen Strom zu niedrigeren Preisen als konventionelle Kraftwerke. Das Projekt zeige das große Potenzial von neuen Finanzierungsmodellen in einem sich wandelnden Marktumfeld, sagt Ortmann.
Unsere Serie
Die Chancen jenseits des Tellerrands
In unserer Serie loten wir die Chancen anderer Märkte für Photovoltaik und Stromspeicher aus. Dort haben Solarteure aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Möglichkeit, interessante Geschäftspartner zu finden, ihr Geld als Investoren anzulegen oder ihr Wissen und ihre Erfahrungen als Mentoren in die globale Energiewende einzubringen. Wagen Sie mit uns den professionellen Blick in folgende Länder und Regionen:
- September 2017: Großbritannien
- Oktober 2017: Ukraine
- November 2017: Iran
- Dezember 2017: Skandinavien
- Februar 2018: Frankreich
- März 2018: Niederlande
- April 2018: Tschechien
- Mai 2018: Italien
- Juni 2018: Polen/Frankreich
- Juli 2018: Argentinien
Denersol
„Inseln wie die Kanaren haben in Spanien frühzeitig eine Pionierrolle übernommen“
Wie entwickelt sich der Heimspeichermarkt in Spanien?
Dietmar Geckeler: Im Großen und Ganzen verhalten positiv, aber noch auf niedrigem Niveau. Ende 2016 waren bei der zuständigen Behörde knapp 100 Batteriespeicher registriert, man kann davon ausgehen, dass in der Realität eher doppelt so viele installiert waren. Letztes Jahr hat sich der Zubau laut Schätzungen von Marktteilnehmern zumindest verdoppelt. Hier ist zu beachten, dass nur netzgekoppelte Batteriespeicher erfasst wurden. Die in Spanien stärker verbreiteten Offgrid- und Inselanlagen sind also nicht berücksichtigt.
Wie könnte der Markt mehr Schwung bekommen?
Bisher hakt es einerseits an fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten sowie der immer noch weit verbreiteten Meinung, dass Eigenverbrauch von Solarstrom und damit auch Batteriespeicher verboten seien. Inzwischen haben aber zahlreiche Bundesländer eigene Förderprogramme aufgelegt, die die Anschaffung von Heimspeichern mit teilweise bis zu 50 Prozent bezuschussen. Im Heimspeicherbereich ist Photovoltaik absolut ein Treiber für Speichersysteme.
Sind Gewerbe- oder große Industriespeicher gefragt?
2017 sind 30 Batteriespeicher mit einer Gesamtleistung von 26 Megawatt gebaut worden. Aufgrund des größeren Projektvolumens ist davon auszugehen, dass dies auch mehr oder weniger der installierten Kapazität entspricht. Gerade die Inseln wie die Kanaren haben sich dabei mit Pilotprojekten frühzeitig in eine Pionierrolle gebracht.
Welche Geschäftsmodelle funktionieren für Strompuffer im spanischen Energiesystem?
Man unterscheidet im Solarbereich zwischen Ausschreibungen mit Basisvergütung und Marktprämie. Dieses Modell hat aber ein hohes Risiko, da die Basisvergütung nur drei Jahre garantiert wird und unter dem Börsenstrompreis liegt. Dann gibt es Direktlieferverträge zwischen Marktteilnehmern, die in der Regel über zehn Jahre oder länger laufen. Und es gibt Eigenverbrauchsmodelle mit Überschuss- oder Nulleinspeisung.
Wie sieht es mit Stromhandel oder Netzdienstleistungen aus?
Generell gibt es in Spanien den klassischen Börsenstromhandel, ähnlich wie in Deutschland. Zudem werden Sekundärregelleistung, Minutenreserve sowie abschaltbare Lasten an einem regulierten Markt ausgeschrieben. Diese sind aber aktuell nicht lukrativ für Batteriespeicher. Interessant ist aber die Möglichkeit, fixe Stromnetzentgelte einzusparen. Konkret werden die Anschlussleistungen reduziert und die bereits überall verfügbaren zeitvariablen Tarife genutzt. Die beiden letzten Optionen funktionieren auch für Privathaushalte.
Treiben die Energiekonzerne die Energiewende voran?
Teilweise ja. Wobei vorantreiben sicherlich etwas zu optimistisch ist. Die großen Energieversorger wie Iberdrola, Endesa oder Gas Natural Fenosa sind aktuell, ähnlich wie in Deutschland, gefangen in ihrem Korsett aus bereits gebauten und eben noch nicht amortisierten Kraftwerken. Ende der 90er- Anfang der 2000er-Jahre haben die Energieversorger bis zum Platzen der Immobilienblase im Jahre 2007 große Kapazitäten an Gas- und Dampfkraftwerken aufgebaut. Diese hatten aber Ende der 2000er-Jahre immer geringere Laufzeiten aufgrund des Ausbaus von Solar- und Windkraftanlagen.
In den letzten sieben Jahren sind kaum Ökoenergieanlagen ans Netz gegangen.
Das lag vor allem am Druck der traditionellen Energiebranche. Zudem haben die letzten beiden Regierungen neben einem ersten Moratorium auch rechtliche und wirtschaftliche Hürden aufgebaut. Aufgrund der gesunkenen Preise investieren die Energieversorger aber wieder zunehmend in Photovoltaik. Hierbei tun sich vor allem die mittelgroßen Versorger wie beispielsweise Viesgo, aktuell Nummer fünf im spanischen Markt, hervor.
Wie entwickelt sich der Solarmarkt derzeit?
Die letzten sechs Jahre hat sich aufgrund der politischen Blockadehaltung so gut wie nichts getan. Der Markt stagniert auf einem sehr niedrigen Niveau zwischen 15 und 40 Megawatt Zubau pro Jahr. Letztes Jahr gab es dann aber zwei gemeinsame Sonderausschreibungen für Wind und Solar. Bei Solar wurden 3,5 Gigawatt bezuschlagt, die nun bis Ende 2020 gebaut werden sollen. Zudem gibt es viele Projekte in der Pipeline, die über Stromlieferverträge außerhalb jeglicher Förderung gebaut werden. Als weiterer positiver Aspekt ist zu nennen, dass der gemeinschaftliche Eigenverbrauch, der bis jetzt gesetzlich verboten war, nun möglich ist. Somit kann das Thema Photovoltaik in Mehrfamilienhäusern endlich rechtlich umgesetzt werden.
Das Interview führte Niels H. Petersen.
Dietmar Geckeler
ist Inhaber der Strategie- und Technologieberatung Denersol mit Sitz in Berlin. Der Ingenieur für Verfahrens- und Umwelttechnik berät Firmen aus der Energie- und Wohnungswirtschaft. Der Fokus liegt auf dezentraler Energieversorgung mit Schwerpunkten Solar, Photovoltaik sowie Speicher und BHKW. Geckeler hat viele Jahre in Spanien gelebt und gearbeitet.