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Einstieg der Global Player

Jetzt steigen sie im großen Maßstab ein. Der holländische Mineralölkonzern Shell und der französische Glashersteller Saint-Gobain haben ein Joint Venture gegründet, um moderne CIS-Dünnschichtmodule zu produzieren. Ende vergangenen Jahres wurde in Torgau an der Elbe eine Produktionshalle hochgefahren, die zunächst 20 Megawatt im Jahr ausliefern soll. „Weitere Bauabschnitte befinden sich bereits in der Planung“, sagt Hartmut Fischer, Chef des neuen Unternehmens, das unter dem Namen Avancis firmiert. Bei Bedarf ist eine Jahresproduktion von 80 Megawatt geplant. Aber schon in der ersten Ausbaustufe haben die Partner 100 Arbeitsplätze geschaffen. CIS-Module weisen gegenüber anderen Dünnschichttechnologien einen besseren Wirkungsgrad auf. Außerdem bringen sie auch bei Schwachlicht oder Schatten gute Erträge.

Shell gehört zu den ganz Großen im weltweiten Energiegeschäft. Doch auch Saint-Gobain ist kein unbeschriebenes Blatt: Marktführer in Europa und weltweit die Nummer zwei bei der Herstellung von Flachglas. Weniger bekannt ist, dass die Franzosen der weltweit größte Hersteller von Bauprodukten sowie der größte Baufachhandelsind. Jedes zweite Auto in Europa ist mit Glas dieses Herstellers ausgerüstet. Jedes fünfte Haus in den Vereinigten Staaten wird mit Materialien der Franzosen gedämmt. 206.000 Mitarbeiter erwirtschafteten 2007 rund 43,5 Milliarden Euro Umsatz.

Strategische Entscheidung

Die Gründung des Torgauer Werkes von Avancis markiert demnach den Markteintritt von zwei großen Playern in die Photovoltaik, durchaus vergleichbar mit der Übernahme der Ersol AG durch Bosch. 50 Millionen Euro steckten die Anteilseigner in die Fabrik an der Elbe, die Kosten für Forschung und Entwicklung eingerechnet. „Für Saint-Gobain ist die Photovoltaik eine der strategischen Schlüsseltechnologien“, bekannte Pierre-André de Chalendar, Generaldirektor von Saint-Gobain. „Der Fabrik in Torgau werden weitere Werke in Deutschland, in Europa und auf anderen Märkten der Welt folgen.“Franz Karg, Chefingenieur (CTO) von Avancis, lobte an Torgau die langjährige Tradition der Glasindustrie, denn schon 1926 wurde hier das erste Werk für Industrieglas eröffnet. „Wir sind nicht nach Kalifornien oder Japan gegangen, obwohl beide Regionen im Gespräch waren“, sagte er. „Wir haben uns für Torgau entschieden, weil es hier sehr gut ausgebildete Leute aus der Glasindustrie gibt und eine Symbiose zwischen der Glasbeschichtung und der Photovoltaik möglich ist.“ Das Werk wurde innerhalb eines Jahres aus dem Boden gestampft. Insgesamt sind rund 10.000 Quadratmeter Fläche bebaut. Das Unternehmen hat bereits Erweiterungsflächen für die zweite Ausbaustufe auf 80 Megawatt reserviert.Die CIS-Module von Avancis werden zunächst fünf Prozent unter dem Preis für Module aus multikristallinem Silizium angeboten und montagefertig ausgeliefert. Sie erreichen einen Wirkungsgrad von bis zu elf Prozent (siehe Kasten). Jährlich werden bis zu 200.000 Einzelmodule der Serie PowerMax das Werk verlassen. Die energetische Amortisationszeit beträgt ein Jahr. Der Name Avancis wird neben der Firmenbezeichnung auch als Handelsmarke für die Module genutzt und auf dem Markt eingeführt.

Details werden nicht verraten

Basis der Avancis-Module sind mit Molybdän verspiegelte Rohgläser, die das Unternehmen bei Saint-Gobain kauft. Die solaraktiven Schichten aus Kupfer-Indium-Selenid sind nur zwei Mikrometer stark. Der Fertigungsprozess läuft nahezu automatisch ab. Eine Herausforderung für die Ingenieure war die Inline-Selenisierung, die bei Avancis nicht in einem Batchofen geschieht, sondern in einem Durchlaufofen. Die Zutaten (Kupfer, Indium, Selen) werden als homogene Schichten auf das Glas aufgetragen, im Selenisierungsofen wird der Halbleiter anschließend „optimal ausgestaltet“, wie Hartmut Fischer berichtete. „Die Schichtdicke muss homogen sein, auch die Korngröße ist wichtig.“

Herausforderung Hitze

Der Prozess läuft knapp unter der Erweichungstemperatur des Glases ab, bei etwa 500 Grad Celsius. Anders als bei der herkömmlichen Technologie werden die Schichten in Torgau erst aufgetragen und anschließend erhitzt. „Die Glasplatten von einem Quadratmeter Größe bruchfrei zu erhitzen und wieder abzukühlen, war eine echte Herausforderung“, erläuterte Franz Karg, der schon vor 18 Jahren – da noch bei Siemens – in die Erforschung neuartiger Photovoltaiksysteme eingestiegen ist. Die Öfen werden mit leistungsstarken Halogenlampen aufgeheizt. Da die Beschichtung auf der Frontseite der Gläser das sichtbare Licht absorbiert, aber die Wärmestrahlung abweist, entstehen thermische Spannungen gegenüber der hauchfein mit Molybdän versiegelten Elektrode auf der Rückseite, die sich genau entgegengesetzt verhält. Das Glas muss während der Erhitzung jedoch eben bleiben, es darf sich nicht verbiegen. Wie das genau erreicht wird, bleibt Firmengeheimnis. So viel verraten die Techniker: es komme auf die Temperatur und die Verweildauer im Ofen an. Die Laminierung erfolgt ähnlich wie bei Windschutzscheiben mit einem Druck von sechs bis acht Bar in einem großen Autoklaven, der rund 100 Module fasst. Pro Schicht fahren 15 Mitarbeiter die Anlagen, die Durchlaufzeit eines Moduls liegt bei zwei Tagen. Die Module sind für große Dachflächen konzipiert, sie halten mindestens 550 Kilogramm Schneelast pro Quadratmeter aus. Dazu wird das Glas auf einer hochelastischen Polymerschicht schwimmend gelagert, um punktuelle Belastungen zu vermeiden. Die Module sind mit einer aus der Automobiltechnik bewährten PVB-Folie laminiert, zusätzliche Stabilität bietet die gehärtete Frontscheibe. Die Zellen werden mit Butyl abgedichtet, ein Hohlkammerrahmen aus Aluminium verleiht die notwendige Steifigkeit gegen Torsion underlaubt eine einfache Montage. Die Montageklammern der Module liegen versteckt in einer Schattenfuge, um die glatte, schwarze Optik nicht zu stören.

Schon ein Fünftel verkauft

Avancis vertreibt die neuen Module ausschließlich an Großhändler, in einem einstufigen Vertriebsweg. Als Ziel peilt Firmenchef Hartmut Fischer „fünf bis sechs Vertriebspartner für das kommende Jahr“ an. Einen ersten Erfolg konnten die Torgauer bereits melden: Mitte September unterzeichneten sie einen Liefervertrag mit der norddeutschen EWS, der fünf Jahre läuft und in einem ersten Schritt ein Volumen von 20 Megawatt Modulleistung umfasst.Damit hat Avancis vor dem offiziellen Produktionsstart schon ein Fünftel seiner Kapazität verkauft. EWS hatte bis 2006 mit den Vorgängermodulen Shell PowerMax gehandelt. Der Großhändler vervollständigt damit sein Modulportfolio mit bisher vier Herstellern kristalliner Photovoltaiktechnologie. „Viele unserer Kunden konnten sich bereits von den ausgezeichneten Schwachlicht- und Verschattungseigenschaften der CIS-Produkte überzeugen“, begründete EWS-Chef Kai Lippert die Liaison.

Modulreihe PowerMaxCIS-Technologie
Außenabmessungen:1.595 x 686 mm2
Dicke:45 mm
Gewicht:22 kg
Anschlussdosen:MC (IP65)
Abmessungen der Anschlussdosen:80 x 80 x 23 mm3
Kabellängen:Stecker: 200 mm, Buchse: 300 mm
Kabelquerschnitte:2,5 mm2
Steckertyp:MC3
Produktgarantie:5 Jahre
Leistungsgarantie:20 Jahre
Wirkungsgrad:9,1 bis 11 %

Heiko Schwarzburger

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