„Mittlerweile ist es beinahe unmöglich geworden, auch nur einigermaßen zuverlässige Prognosen zur zukünftigen Entwicklung von Modul- und Rohstoffpreisen, Verfügbarkeiten und der Funktionsfähigkeit von Lieferketten zu machen“, sagt Martin Schachinger, Chef der Handelsplattform PVxChange.com. Aufgrund der andauernden Pandemie, aber erst recht seit dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine fehlten in Europa bis zu 100.000 LKW-Fahrer, die ja vornehmlich aus Osteuropa kommen, erklärt der Marktexperte.
Dazu explodieren die Dieselpreise. Die kontinuierlich steigenden Transport- und Energiepreise werden die Kosten für Photovoltaik-Installationen noch mindestens bis zum Jahresende 2022 beeinflussen, prognostiziert Schachinger. Auch kletterten die Preise für Polysilizium, was sich mittelfristig negativ auf die Solarmodulpreise auswirken werde. Zu allem Überfluss steigen die Inzidenzen in Asien gerade so schnell wie noch nie.
Engpässe drohen auch bei Wechselrichtern und Speichern
Wenn der Ukraine-Konflikt nicht zu einem schnellen Ende finde, „steuern wir auf kapitale Engpässe nicht nur bei Zellen und Modulen, sondern auch bei Wechselrichtern, Speichern und Unterkonstruktion hin“, befürchtet Schachinger. Spätestens bis Mitte 2022 werde es vor allem das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage sein, welches die Preise beeinflusse. „Es scheint aber aus heutiger Sicht ausgeschlossen, dass eine schnelle Besserung der Lage eintritt und dadurch der Preisanstieg bei nahezu allen Komponenten, die für die Errichtung von Photovoltaikanlagen benötigt werden, gestoppt werden kann.“
Die Versorgungssituation war bisher zumindest bei Solarmodulen noch ganz gut. Wesentlich dramatischer sieht der Handelsexperte die Lage bei manchen Wechselrichtertypen und im Energiespeichersegment. „Einzelne Produkte oder Zubehörteile sind oft nur noch mit vier- bis sechsmonatiger Lieferzeit zu bekommen.“ Hier müsse jeder Installateur prüfen, ob er auf Alternativprodukte umsteigen könne. Auch bei den gängigen Modultypen und -größen ist ein Umdenken erforderlich, da die kleineren, handlicheren Formate von vielen Herstellern aus Wirtschaftlichkeitsgründen abgekündigt wurden.
Eine Neuplanung mit aktuellen Formaten besser
Wer ältere Aufträge umsetzen müsse und diese mit kleinformatigeren Modulen geplant habe, werde große Probleme bekommen, passende Produkte zu finden und sollte sich daher überlegen, ob eine komplette Neuplanung mit aktuellen Formaten und geänderten elektrischen Werten nicht die sinnvollere Alternative sei, beschreibt Schachinger. „Dennoch ist zu beachten, dass es auch bei vielen Standardprodukten im Laufe der kommenden Wochen und Monate zu dramatischen Lieferverzögerungen kommen kann.“ Drei Krisen seien definitiv zu viele Baustellen auf einmal. (nhp)
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