Steigende Preise: Der langfristige Trend der Energiemärkte ist günstig für sogenannte Power Purchase Agreements (PPA). Das bestätigte Andy Sommer, Experte vom Grünstromvermarkter Axpo aus der Schweiz in einem Webinar von Erneuerbare Energien, photovoltaik und Axpo. PPA setzen sich zwischen gewerblichen Stromkunden oder Stromhändlern als Abnehmer und Grünstromerzeugern durch.
Neuer Höchstwert am Markt
Anfang Dezember 2021 gründeten die Lieferverträge auf neuen Höchstnotierungen: Auf den für die PPA-Preisbildung maßgeblichen Future-Märkten bei Lieferungen für 2022 und 2023 ergab sich nach einem extremen Preisanstieg ein Preis von 180 Euro pro Megawattstunde. Dieses Niveau werde sich 2024 und 2025 mit wachsenden Importen von zusätzlichem Flüssiggas aus USA oder Katar wieder auf rund 80 Euro normalisieren, stellte Sommer in Aussicht.
Das war Anfang Dezember 2021, damals gab es den Krieg in der Ukraine noch nicht. Putins Einmarsch und die Sanktionen des Westens wirbeln die globalen Brennstoffmärkte durcheinander. An der Analyse aus dem Webinar ändern sie jedoch wenig, im Gegenteil: Die Energiepreise aus fossil und nuklear befeuerten Kraftwerken werden schneller und höher steigen, das spielt den PPA aus Solarkraftwerken zusätzlich in die Hände. Haben doch die Solarkunden eine Chance, ihre überhitzten Energiekosten deutlich zu senken.
Tipps und Tricks im Webinar
Die Axpo-Experten informierten im Webinar „Tipps und Tricks für wirtschaftlich lukrative Abschlüsse“ über die Möglichkeiten, PPA-Preise gezielt zu beeinflussen. Johannes Pretel von Axpo sah 90 Prozent des PPA-Lieferpreises durch den vom Stromhandel getriebenen spezifischen Marktpreis des grünen Stroms bestimmt. Die übrigen zehn Prozent lassen sich durch kluge Strategien gestalten.
Allerdings sollten Grünstromerzeuger „nicht zu sehr und zu viel Zeit damit verbringen zu versuchen, den Markt zu schlagen“, warnte der Experte für den deutschen Strommarkt. Sie sollten lieber die in ihren Händen liegenden Stellhebel verstehen und nutzen. „Zu nutzen heißt für uns immer zu hedgen, also sich im Markt zu positionieren“, erläuterte Pretel.
Risiken gut absichern
Durch Hedgen sichern Stromerzeuger und große Abnehmer ihre Risiken ab, die PPA-Verträge mit sich bringen. Einhegen, wie Hedgen auf Deutsch heißt, lassen sich diese Risiken beispielsweise durch Windstrom-Futures oder Wetterderivate an den Börsen: Fallen Stromernten oder Wind und Sonnenschein bis zu einem Fälligkeitsdatum unter ein vorher bestimmtes Niveau, bekommt das Strom erzeugende Unternehmen den Verlust ausgeglichen. Überschreiten sie es, erhält das Derivate oder die Futures ausgebende Unternehmen, zum Beispiel die Strombörse EEX, den Extragewinn.
Hedgen lässt sich auch im PPA selbst. Die Experten empfehlen, dass die Grünstromerzeuger zuerst entscheiden, ob sie 100 Prozent ihrer Erzeugung hedgen oder nur eine Teilmenge. Zu bedenken sind Risiken wie extreme Preisschwankungen infolge sogenannter Kannibalisierung der Erneuerbaren – wenn diese ihre Kilowattstundenwerte durch die zeitgleiche Einspeisung großer Strommengen auffressen, wie Johannes Pretel bildhaft erklärte.
Wichtige Stellschrauben
Janosch Abegg von Axpo nannte im Webinar drei wesentliche Tipps zur Verabredung lukrativer PPA. Er wertete die Laufzeit als erste Stellschraube, empfahl aber, zuvor eigene langfristige Strategien abzuwägen. Bei fünfjährigen Stromlieferverträgen mit eingepreistem höheren Marktwert des Grünstroms, so es Kurzzeit-PPA geben wird, dürften die Banken mehr teures Eigenkapital als Absicherung verlangen.
Eine Alternative seien Projekte mit Verlängerungsrechten der Stromabnehmer, beispielsweise zehn Jahre PPA-Laufzeit in Verbindung mit einer Option auf weitere fünf Jahre. Dies sichere dem Anlagenbetreiber eine höhere Vergütung als bei einem 15-jährigen PPA. Und der Strompreis für die Option auf weitere fünf Jahre bestimme der Grünstromlieferant vorweg gemäß seiner Marktwertprognose und Finanzmodelle.
Abregeln bei negativen Preisen
Abeggs zweite Stellschraube ist das Abregeln bei negativen Preisen. Solarstromanbieter könnten dem PPA-Kunden begrenzt auf 100 oder 200 Stunden die Rechte zum Abregeln der Anlagen im Falle negativer Handelspreise einräumen und auf Kompensationszahlungen verzichten. Energiehändler wie Axpo ließen im Gegenzug die Risikoabschläge für Negativpreise weg, wenn viel Grünstrom den Handelspreis ins Minus drückt. Dann Strom zum PPA-Preis abzunehmen, brächte ihnen Verluste ein. Eingehegte Abregelung sei für Banken besser kalkulierbar als Marktwerte für Kompensationen. (TW/HS)
Hier finden Sie die Aufzeichnung des Webinars.
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