Bei hoher Grundlast lohnt sich die eigene Stromproduktion für Unternehmen ganz besonders. Spielzeughersteller Geobra Brandstätter schafft 100 Prozent Selbstverbrauch, und das bei einer Anlagengröße von 1,8 Megawatt.
Wer schon einmal einen Spielzeugkarton der Marke Playmobil aufmerksam studiert hat, wird auf den Namen des Herstellers gestoßen sein: Geobra Brandstätter. Bereits seit 2011 bestückt der Produzent von Kunststoffspielwaren unter der Marke Playmobil auch seine Spielzeugbauernhöfe und Raumstationen mit Solaranlagen. In der Spielzeugwelt war damals ein Trend angekommen. Inzwischen werden die Spielzeuglandschaften aber nicht nur mit Solaranlagen ausgestattet, sondern auch mit Solarstrom produziert.
Die im letzten Jahr installierte Anlage auf dem Stammwerk im mittelfränkischen Dietenhofen hat eine Leistung von 1.800 Kilowatt. Und der Clou dabei: 100 Prozent des Solarstroms werden direkt im Werk verbraucht. Dabei ist dies keineswegs die erste Anlage des Unternehmens. Seit 2010 produzieren einige der werkseigenen Dächer von Geobra Photovoltaikstrom, in Summe etwa 500 Kilowatt. Doch anders als bei den älteren Anlagen, bei denen neben dem Umweltschutz Einspeisevergütung und Rendite ausschlaggebend für die Investition waren, stand nun bei der Erweiterung der Eigenverbrauch im Mittelpunkt. Und das zu Recht. Denn bei der Verarbeitung von Kunststoff wird viel Energie gebraucht.
130 Jahre in Familienbesitz
Im Januar 2014 stellte die Greenovative GmbH der Geschäftsführung von Geobra ein Eigenverbrauchsmodell vor und ermittelte die Rendite. Das Konzept für das Stammwerk in Dietenhofen ergab eine Amortisationszeit von acht Jahren, wobei der aktuelle Strompreis zugrunde gelegt wurde. Bei steigenden Strompreisen ist die Anlage umso rentabler und noch schneller amortisiert. Neben den rein wirtschaftlichen Vorteilen spielen Umweltschutz und Nachhaltigkeit für Geobra eine Rolle. Das Unternehmen ist seit über 130 Jahren in Familienbesitz. Alle Produkte werden nach höchsten qualitativen sowie ökologischen und ethischen Standards hergestellt. Denn Kinderspielzeug ist Vertrauenssache. Deshalb setzt Geobra auf eine sehr hohe eigene Fertigungstiefe und ausschließlich europäische Produktionsstandorte. Neben Deutschland wird in Malta, Spanien und Tschechien produziert.
Knapp 95.000 Quadratmeter Flachdachfläche hat das Werk. Der Jahresstromverbrauch liegt bei circa 50 Millionen Kilowattstunden. Gefertigt werden die Spielwaren und Pflanzgefäße aus Kunststoff im Drei-Schicht-Betrieb von Montag bis Sonntag. Unzählige Spritzgießmaschinen fertigen Teile für die beliebten Piratenschiffe, Ritterburgen und Bauernhöfe. Deshalb war den Werksverantwortlichen schnell klar, dass man bis auf wenige Tage im Jahr die gesamte Leistung komplett im Werk verbrauchen könnte. Kritisch sind lediglich die Osterfeiertage und der Tag der Deutschen Einheit, da an diesen Tagen nicht produziert wird und erfahrungsgemäß die Solarstrahlung ganz gut sein kann.
Der erste Schritt war die Absprache mit dem Statiker, denn die Gebäude stammen zum Teil aus den 1970er-Jahren und sind auch mit einigen Hängelasten für die Logistiktechnik versehen. Der nächste Schritt war eine ausgiebige Werksbegehung mit den Planungsspezialisten von Greenovative inklusive Prüfung der Dachhaut und der vorhandenen Verschattungen, denn die einzelnen Werksgebäude unterscheiden sich zum Teil stark im Höhenprofil. Speziell die Hochregallager mit einer Höhe von bis zu 32 Metern werfen lange Schatten, die bei der Modulplanung berücksichtigt wurden.
Detaillierte Lastgänge ermittelt
Neben den Gebäudeeigenschaften wurden vor allem die Leistungsaufnahmen im Werk untersucht und darauf aufbauend die Dächer ausgewählt und die Einspeisepunkte definiert. Greenovative analysiert bei allen Großkunden die Lastgänge detailliert und wählt anschließend zusammen mit dem zukünftigen Anlagenbetreiber die Anlagengröße und Aufständerungsvariante aus. Der saubere Photovoltaikstrom soll schließlich direkt da verbraucht werden, wo er produziert wird. Bei Geobra Brandstätter dienten daher die Unterverteilungen der Spritzereien als Verknüpfungspunkte zwischen Photovoltaik und Produktion. Die Wechselrichterstandorte und Kabelwege wurden im Hinblick auf Kabelverluste und Kosten optimiert.
Für die Modulaufstellung und -ausrichtung wählten die Planer ein Ost-West-System mit zehn Grad Neigung aus. „Die Vorteile sind das gleichmäßige Ertragsprofil, die gute Flächenausnutzung und der stabile Gesamtaufbau“, versichert Jochen Schürer, ebenfalls Geschäftsführer und Einkaufsleiter von Greenovative. Zusammen mit dem Gestelllieferanten wurde für jedes Teildach eine individuelle Systemstatik inklusive übersichtlichem Ballastierungsplan ermittelt. So konnten lokale Windverhältnisse und Aufbaubedingungen berücksichtigt werden. Die Vorgaben zu Abstandsmaßen, zum Beispiel zu Lichtkuppeln und Brandwänden, erfüllt das System ebenso wie es den ungehinderten Wasserabfluss auf den Hallendächern ermöglicht. Je nach Hauptabflussrichtung auf dem Dach ergaben sich eher Ost-West- oder Nord-Süd-Ausrichtungen der Module. Der prognostizierte Jahresertrag ist bei jeder Teilanlage etwa identisch und die Gesamtstromproduktion der Anlage beträgt rund 1,6 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. (Petra Franke)
Den vollständigen Artikel lesen Sie in der Juniausgabe der photovoltaik, die am 3. Juni erscheint.