Das Jahr 2021 war ein merkwürdiges Jahr, wie alle Jahre, seit es die Solarbranche – und ihr EEG – gibt. Klar: Die Coronapandemie hat den Ausbau der erneuerbaren Energien vielerorts behindert und verzögert, wie alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beeinträchtigt wurden.
Vielen Menschen die Augen geöffnet
Aber Corona – ausgerechnet das Virus – hat vielen Menschen die Augen geöffnet: Wie wichtig ist eine krisenfeste und saubere Energieversorgung? Wie wichtig ist Unabhängigkeit von den überkommenen Strukturen der Stromnetzversorgung? Im Segment der privaten Solaranlagen lag der Zuwachs bei rund 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Installateure gerieten an die Grenzen ihrer Montagekapazität, ebenso die Produzenten.
Corona hat auch gezeigt: Regionale Kreisläufe der Wertschöpfung sind robuster als globale Lieferketten. Die Solarbranche in Europa baut ihre Marktanteile aus, immer mehr Menschen finden interessante und lukrative Jobs bei den Herstellern von Solarmodulen, Wechselrichtern, Speicherbatterien und E-Autos.
Habecks Analyse – wie weiter?
Der neue Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) hat in seiner Analyse zum Jahresbeginn die Defizite benannt. Genau dafür wurden er und seine Partei gewählt: Endlich muss Schluss sein mit der Verzögerungstaktik der Politiker und Behörden, der Lobbyisten für Kohle, Atom und Stromtrassen. Endlich muss jemand die Chancen ergreifen, die sich durch die erneuerbaren Energien bieten – für Deutschlands hohes soziales Niveau, für seine starke Industrie und das Exportgeschäft. „Wir werden den Grundsatz verankern, dass der Erneuerbare-Energien-Ausbau im überragenden öffentlichen Interesse ist und der öffentlichen Sicherheit dient“, sagt Habeck.
Solargesetz kommt im Frühjahr
Habeck hat in Aussicht gestellt, dass im Frühjahr 2022 ein Solarbeschleunigungsgesetz auf den Tisch und durch den Bundestag kommt. Zudem benannte er zahlreiche weitere Stellschrauben, um den Ausbau von Solarenergie und Windkraft zu beschleunigen. Auch hier – nicht nur gegen das Coronavirus – ist ein Booster dringend notwendig.
Ausschreibungen erhöhen
Zunächst soll das EEG novelliert werden, um das Ziel von 80 Prozent erneuerbarer Energie im Stromnetz bis 2030 zu schaffen. Dazu will Habeck die Ausschreibungen schrittweise erhöhen. Auch soll die Leistung der Anlagen angehoben werden, ab der sie an Ausschreibungen teilnehmen müssen.
Das geplante Solarbeschleunigungsgesetz soll ein Bündel von Maßnahmen beinhalten, unter anderem Verbesserungen beim Mieterstrom und eine Solarpflicht für gewerbliche Neubauten. Außerdem soll bei privaten Neubauten die Photovoltaik zur Regel werden.
15 Millionen E-Autos bis 2030
Im Verkehr hat Habeck das Ziel von 15 Millionen Elektroautos bis 2030 ausgegeben. Das wäre ein Viertel des gesamten Fahrzeugbestandes. Die Förderungen – auch für den Ausbau der Ladeinfrastruktur – sollen zügig angepasst werden.
Bis Ende 2022 will die Ampelkoalition alle Gesetze und Verordnungen angepasst haben. Zunächst soll das erste Klimaschutzpaket bis Ende April stehen. Ein zweites soll bis zum Sommer folgen. „Denn die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen sind in allen Sektoren unzureichend“, begründet Habeck seine Vorhaben. „Es ist absehbar, dass die Klimaziele der Jahre 2022 und 2023 verfehlt werden.“
Den Rückstand aufholen
Er stellt in Aussicht: „Wir unternehmen alle Anstrengungen, um den Rückstand wettzumachen. Hierzu müssen wir die Geschwindigkeit unserer Emissionsminderung verdreifachen und deutlich mehr in weniger Zeit tun.“
Ran an die Buletten, sagt der Berliner, in die Hände gespuckt! Denn die Energiewende ist nicht nur ein gigantisches Modernisierungsprojekt für die Versorgung mit Strom, Wärme und Mobilität. Sie bietet zudem eine enorme Modernisierung für die Industrie in Europa, in Deutschland, in Österreich und der Schweiz. Sie ist Zukunftssicherung für den Sozialstaat. Sogar die erzkonservative Gewerkschaft für Bergbau hat dies erkannt und stellt sich dem Kohleausstieg nicht mehr in den Weg. Auch dieser Umschwung in der Haltung der Gewerkschafter war 2021 deutlich zu spüren.
Vorgaben der EU endlich umsetzen!
Die größte Ausbaubremse für die erneuerbaren Energien ist nicht die fehlende Förderung. Es sind die bürokratischen Hürden, die schwarze Bremser im Laufe der vergangenen 16 Jahre aufgetürmt haben. Bis heute werden die Vorgaben der Europäischen Union ignoriert, vor allem bezüglich des Eigenverbrauchs von Sonnenstrom.
Bis heute gibt es die unsinnige EEG-Umlage, gibt es die vertrackten und verkomplizierten Regelungen zur Anmeldung und zum Betrieb von Solaranlagen. Es sind die Begehrlichkeiten des Fiskus von der Stromsteuer über Mehrwertsteuer bis hin zur Einkommenssteuer. Es sind die überfrachteten Verfahren zur Genehmigung und für den Anschluss durch die Netzbetreiber.
Das Monstrum der Bürokratie
Es ist das von regelwütigen Beamten verunstaltete, mehr als 300 Seiten starke EEG, das eine Bundesnetzagentur und eine Clearingstelle braucht, um praktisch halbwegs umsetzbar zu sein. Hier füttert die Bürokratie sich selbst, tritt dem Bürger als Monstrum gegenüber.
Niemand blickt mehr durch, überall lauern Haken und Ösen, clever einfädelt von den Lobbyisten der großen Energiekonzerne und ihren Lakaien in den schwarz-roten Bundesministerien. Nun muss sich beweisen, ob die Grünen den Auftrag der Wähler politisch umsetzen wollen – und können.
Weniger Papiertiger, mehr Bürger
Im EEG 2.0, das umgehend auf den Tisch muss, kann es nicht darum gehen, die bisherige Praxis der Förderung durch Einspeisevergütung bloß fortzuschreiben. Es kann nur darum gehen, den Ausbau auf möglichst einfache Weise zu beschleunigen. Es geht nicht darum, noch mehr Papiertiger zu züchten.
Wir brauchen eine Entfesselung des Bürgers – als privater Investor, als Unternehmer, als Entscheider in der Kommune. Das Gemeinwohl ist mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu verbinden, dann klappt es auch mit neuen Windrädern.
Die Vorteile der Energiewende für die Bürger und für das Gemeinwesen gleichermaßen sind in den Mittelpunkt des EEG 2.0 zu rücken. Die Schonfrist für RWE, Eon, EnBW und Vattenfall ist abgelaufen. Auch das Stromnetz in seiner aktuellen Ausprägung ist nicht länger sakrosankt.
Denn die Stromtrassen für den Ausgleich großer Energiemengen von Nord nach Süd oder von Ost nach West dienen immer mehr dazu, Kohlestrom oder Windstrom ins Ausland zu exportieren. So stehen die französischen Atommeiler – wie mittlerweile jeden Winter – vor dem Zusammenbruch, weil sie marode sind und den hohen Strombedarf der elektrischen Heizungen im Winter nicht mehr abdecken können. Einige Meiler wurden abgeschaltet, weil der Betrieb durch Störfälle und Leckagen nicht aufrechterhalten werden kann.
Stromtrassen stützen Atommeiler
Deshalb kauft die EDF (Électricité de France) im großen Stil Kohlestrom aus Nordrhein-Westfalen, gelegentlich Windstrom aus Norddeutschland. Deutschland ist Nettoexporteur von elektrischer Energie, obwohl zum Jahresende 2021 drei weitere AKW vom Netz gingen – Grundremmingen C, Brokdorf und Grohnde. So subventioniert der deutsche Stromkunde die französische Atomwirtschaft, deren Meiler teilweise noch älter und maroder sind als die genannten AKW in Deutschland.
Kosten steigen, die Energiewende
Der steile Anstieg der Strompreise zum Jahresende 2021 ist – zumindest teilweise - darauf zurückzuführen, dass die französische Atomwirtschaft ihre Engpässe aus Deutschland deckt – und die Modernisierung der Stromversorgung daheim weiterhin verschläft. Nun will Monsieur Macron in Brüssel erreichen, dass Atomkraft von der Europäischen Kommission als saubere Energieform eingestuft wird.
Dringend braucht er billiges Geld, denn er ist der Boss der EDF, eines maroden und schwer angeschlagenen Staatsunternehmens – ähnlich Vattenfall, das dem schwedischen Staat gehört. Es wird eine zentrale Aufgabe für die grüne Außenministerin sein, diesem Wahnsinn einen Riegel vorzuschieben.
Jeden Tag 70 Kilogramm Atommüll
Ein Atomreaktor wie Grundremmingen C hat jeden Betriebstag rund 70 Kilogramm Atommüll mit höchster Strahlung erzeugt, darunter etwa 0,7 Kilogramm extrem giftiges Plutonium. Atmet der Mensch ein Millionstel Gramm davon ein, wird er aller Wahrscheinlichkeit nach an Lungenkrebs erkranken.
Insgesamt fielen aus den drei – inzwischen stillgelegten – Reaktoren in Grundremmingen rund 2.091 Tonnen hochradioaktives Material aus den Spaltelementen an. Sie verursachen 95 Prozent der radioaktiven Gefährdung. Hinzu kommen Tausende Tonnen mittelaktiver und schwach kontaminierter Müll, der rund fünf Prozent der Strahlenbelastung darstellt.
Jeden Tag produziert ein Atomreaktor dieser Bauart und Größe das Eineinhalbfache der Radioaktivität, die in allen 126.000 Atommüllfässern in der Asse zusammen eingelagert ist. Das gilt auch für die 56 Meiler, die in Frankreich laufen.
Tausend Windräder für drei AKW
In Deutschland bleiben bis Ende 2022 nur drei Atommeiler in Betrieb: Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2. Drei abgeschaltete Atomkraftwerke brauchen – rein rechnerisch – 1.000 Windräder, um dieselbe Strommenge zu erzeugen. Bisher haben die Generatoren mit Wind und Sonne nicht nur den Atomausstieg kompensiert, sondern auch den Ausstieg aus der Kohleverstromung.
Doch der Zubau braucht mehr Dynamik. Vor uns liegt die entscheidende Phase der Energiewende – wirklich grün bis 2030! Dabei geht es nur vordergründig darum, ältere und marode Kraftwerke durch neue Technik zu ersetzen. Es geht darum, die Energieversorgung – und damit die menschliche Zivilisation überhaupt – zukunftsfähig zu machen. Der rapide steigende Stromhunger der Welt lässt sich nur mit wirklich sauberen Technologien decken – ohne Atommüll, ohne schädliche Strahlen oder Emissionen.
Strahlende Altlast und Kohlendioxid
Wer die Debatte um die Energiewende allein auf den Ausstoß von Kohlendioxid reduziert, kann nichts gewinnen. Auch Atomkraftwerke erzeugen zwischen 3,7 und 110 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde, mit zwölf Gramm als Mittelwert. Der technische Aufwand für den Uranbergbau, für die Aufbereitung und Anreicherung bis zum Brennstab, für den Transport der Brennelemente, für den Kraftwerksbau, für den Betrieb und die Lagerung des Atommülls gehen in diese Rechnung (Carbon Footprint) ein.
Nicht aber die Kosten, die durch die Radioaktivität entstehen. Zwei Zahlen sollen diese Risiken verdeutlichen: Der Reaktor-GAU in Tschernobyl hat nach vorsichtigen Schätzungen rund 300 Milliarden US-Dollar verschlungen – und längst ist er nicht ausgeheilt. Der Reaktor ist weiterhin aktiv, nach wie vor frisst sich nukleare Lava durch den Sarkophag. Die Katastrophe von Fukushima hat nach Angaben der japanischen Regierung bis heute rund 170 Milliarden Euro verschlungen.
Auch ohne Super-GAU und Katastrophen ist die Atomkraft faktisch nicht finanzierbar, nicht im Rahmen sinnvoller ökonomischer Konzepte. Auch hier ein Beispiel: Allein die Sanierung der ehemaligen Uranerzgruben der DDR im Erzgebirge und in Thüringen hat bis heute rund acht Milliarden Euro verschlungen – fast so viel wie die Renaturierung der Braunkohletagebaue in Mitteldeutschland und der Lausitz. 30 Jahre nach der letzten Einfahrt der Wismut-Bergleute sind viele Halden, Gruben, Schächte und Absetzbecken noch immer nicht wirklich abgesichert. Eigentlich eine unlösbare Aufgabe: Uran hat eine Halbwertszeit von knapp 4,5 Milliarden Jahren.
Im Süden und Westen Deutschlands – der früheren Bundesrepublik – gab es solche Erzlager nicht. Doch dort strahlen Uran und Plutonium aus abgebrannten Brennstäben, für die es bislang kein sicheres Endlager gibt – und keine sichere Technologie für die endgültige Lagerung.
Das Ende der großen Kraftwerke
Es geht um das Ende der großen, zentralistischen Kraftwerke an sich, egal ob sie Uran, Kohle oder Erdgas verstromen. Das muss ein EEG 2.0 ins Zentrum rücken: örtliche und regionale Eigenstromversorgung in lokalen Bilanzkreisen, Ausgleichsenergie durch Biogas oder Wasserstoff in regionalem Maßstab, bürgerfreundliche Investitionen, intelligente Verteilnetze und eine starke einheimische Industrie für Solartechnik und Windräder, für Gasturbinen, Brennstoffzellen, E-Autos und Wasserstoffspeicher – und die Vermeidung von Müll, Versiegelung oder Emissionen.
The smarter E Europe
Grüner Wasserstoff auf der Agenda
Wie beim Restart im vergangenen Oktober wird grüner Wasserstoff als neues Innovationsgebiet der Energiewende in München im Mai 2022 eine wesentliche Rolle spielen – allerdings mit mehr Ausstellern und Fläche. Kooperationspartner von Messeveranstalter Solar Promotion ist der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband.
Grüner Wasserstoff birgt nicht nur enorme Chancen für die europäische Industrie, sondern gehört zum Kern der Energiewende. Auf der nächsten Smarter E Europe vom 11. bis 13. Mai 2022 wird es beispielsweise ein Green Hydrogen Forum geben, als Bühne für Branchenvertreter der gesamten Wertschöpfungskette. Außerdem treffen sich Unternehmer, die Wasserstoff, Brennstoffzellen, Elektrolyse und Power-to-Gas in die Märkte bringen wollen, im Ausstellungsbereich Green Hydrogen Forum & Expo.
The smarter E Europe bietet das gesamte Spektrum energiewirtschaftlicher Themen, von der effizienten Erzeugung und Speicherung über die Verteilung bis hin zur Nutzung von Energie. Dazu gehören die Fachmessen Intersolar, EES, Power2Drive und EM-Power, die den Besuchern mit einem Messeticket offenstehen.
Die vier Fachmessen haben jeweils einen klaren fachlichen Schwerpunkt. Durch die zeitgleiche Ausrichtung werden die im Energiebereich wichtigen Verbindungen zwischen den Produkten und Themen dargestellt.
https://www.photovoltaik.eu/pv-guided-tours-2021
BSW-Solar
Markt wuchs 2021 um zehn Prozent
Der Absatz von Solarmodulen legte 2021 gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Prozent zu. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr etwa 240.000 Solarstromanlagen mit einer Gesamtleistung von 5,3 Gigawatt neu installiert. Das ist die vorläufige Bilanz des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar).
Zum Vergleich: 2020 wurden der Bundesnetzagentur 184.000 Solarstromsysteme mit einer Gesamtleistung von 4,8 Gigawatt neu gemeldet. Rund zehn Prozent des heimischen Stromverbrauchs werden inzwischen aus Photovoltaikanlagen gedeckt. Nach den Klimaschutzvorhaben der neuen Ampelkoalition soll die jährlich neu installierte Photovoltaikleistung zeitnah verdreifacht werden.
Während die Nachfrage nach Solarstromanlagen im Eigenheimsektor und bei Solarparks kräftig anzog, ging die neu installierte Leistung bei Gewerbedächern teils deutlich zurück. Grund ist die zu schnelle Absenkung der EEG-Vergütung unter die Preise für die Anlagen.