40 Jahre PV-Symposium in Bad Staffelstein: Ist die Veranstaltung im Kloster Banz nicht ein wenig angestaubt?
Bernd Porzelius: In einem 1.000 Jahre alten Benediktinerkloster lässt sich Staub nicht vermeiden. Unsere Aufgabe als Veranstalter und Branche ist es, daraus Goldstaub zu machen. Zum Beispiel durch ein besonderes Jubiläum! Aber im Ernst, das PV-Symposium hatte in seinen 40 Jahren Bestehen sicher auch Zeiten, in denen es weniger war, als wir das gerne hätten.
Entscheidend ist, das Symposium immer wieder mit neuem Leben zu füllen, nicht wahr?
Die Balance aus inhaltlicher Tiefe und ansprechenden Formaten zu halten und neue Akzente zu setzen, haben wir uns als Veranstalter auf die Fahnen geschrieben. Unser ganzes Team, der fachliche Beirat und ein großes Netzwerk gießen jedes Jahr ihre ganze Kraft in das Gelingen dieser Konferenz. In diesem Sinne: Lasst uns gemeinsam weiter Goldstaub genießen!
Welche Schwerpunkte setzt das PV-Symposium im mittlerweile prall gefüllten Terminkalender der Solarbranche und der Speicherbranche?
Das Symposium hat sich als der wichtigste Frühjahrstermin der Photovoltaikbranche etabliert, der das Konferenz- und Messejahr einläutet. Die tiefe Expertise rund um Forschung und Entwicklung, die offene Gesprächskultur rund um die Anwendung und diese besondere Atmosphäre gibt es sonst nirgends. Die Rückmeldungen, die wir bekommen, zeigen, dass die Veranstaltung als Orientierung fürs beginnende Jahr unverzichtbar ist. Sie gibt zur richtigen Zeit die richtige Motivation, die richtigen Ideen, Partner und auch fachliche wie kreative Inputs – der Kompass, wohin das Jahr geht.
Was macht den jährlichen Frühjahrstreff der Solarbranche immer wieder aktuell, aufs Neue spannend?
Es gibt immer etwas Neues zu entdecken und zu erfahren – ob zu aktuellen technischen Entwicklungen, zu regulatorischen und politischen Weichenstellungen in der DACH-Region, ebenso über Forschung und Entwicklung bis zur Planung, Montage und Anwendung. Die zentralen Themen, die auf den Gängen und in den Sessions diskutiert werden, sind in jedem Jahr anders. Sie werden vom Beirat in vielen Sitzungen und langen Auswahlverfahren zusammengestellt.
Wie gelingt der richtige Mix aus Information, Unterhaltung und Kommunikation?
Das Niveau des Programms ist enorm hoch. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich darauf verlassen, dass es einen neutralen, geprüften und aktuellen Stand an Informationen zum jeweiligen Thema gibt. Außerdem ist es immer eine Bereicherung, die Stimmung der Branche zu erleben. Das PV-Symposium öffnet neue Perspektiven, motiviert für die kommenden Monate und gibt Gelegenheit, langjährige Bekannte und neue Gesichter zu sehen. Von daher: Langweilig wird es nie!
Welche Bedeutung hatte das PV-Symposium für die Entwicklung der Solarbranche und der Speicherbranche?
Als Ort, an dem Probleme konstruktiv und zusammen gelöst werden, ist das Symposium unschlagbar. Es treffen sich sehr viele Menschen auf dem neuesten Stand der Technik und Forschung und absolute Profis in der Anwendung. Diese Mischung und die Vertrauensatmosphäre haben die Branche geformt. Der besondere Ort des Klosters macht sehr offene Gespräche möglich.
Warum? Weil es so schön verwinkelt ist? Man möchte fast sagen: anheimelnd?
Es macht einfach einen großen Unterschied, ob ich Expertinnen und Experten nicht nur auf der Bühne oder aus der Ferne erlebe, sondern den ganzen Tag über leicht finde und ins Gespräch auf Augenhöhe gehen kann. Durch das offene, konstruktive Miteinander sind manche Projekte, Gesetze und sogar einige Firmen während des Symposiums entstanden!
Welche Meilensteine waren für Sie besonders wichtig oder haben sich besonders eingeprägt?
Ich bin seit 2011 dabei, erst beim Ostbayerischen Technologietransfer-Institut, dann bei Conexio-PSE. Zu Beginn meiner Zeit hatten wir das Kloster aufgrund des hohen Andrangs vielfach bis zum Bersten ausgereizt. Wir mussten Ausstellungsstände improvisieren und die Teilnehmer in umliegende Restaurants fahren, um alle zu versorgen.
Der erste Goldrausch der Solarbranche, ich erinnere mich gut. Schnell war er vorbei ...
Danach kam eine der schwierigsten Zeiten für unsere Branche. Auf der Veranstaltung zu erleben, wie es Firmen und Menschen trifft, die durch Insolvenzen alles verlieren, hat mich enorm erschüttert. In der Insolvenz von OTTI habe ich überwältigende Solidarität aus unserem Netzwerk erlebt. Und auch während Corona haben wir erfahren, dass man in dieser Branche echte Gemeinschaft findet.
Mancher beklagt den Verlust dieses Wir-Gefühls. Sie nicht?
Auch aktuell spüre ich wieder deutlich, wie wir zusammenrücken und uns gemeinsam für die vielfältigen Herausforderungen auf allen politischen, gesellschaftlichen und technischen Ebenen zu stärken. Da freue ich mich doch direkt auf die nächsten 40 Jahre!
Welche Formate im Ablauf des Symposiums haben sich bewährt? Welche haben sich im Laufe der Jahre gewandelt?
Einfach zusammengefasst: Bewährt hat sich die Veränderung. Wenn wir stehen bleiben, setzen wir den oben erwähnten Staub an. Das Einzige, woran wir festhalten, ist die einzigartige fachliche Tiefe. Dazu muss man auch mal ein klassisches Format wählen, damit das Wissen wirklich vermittelt werden kann. Dieses wird ergänzt mit modernen Diskussionsformaten, um alle, Referierende und Teilnehmende gleichermaßen, einzubinden.
Welche Herausforderungen sind in den kommenden zehn oder 20 Jahren zu bewältigen?
Wir dürfen es nie als selbstverständlich voraussetzen, dass die Photovoltaik ein Selbstläufer wird. Kritik ernst zu nehmen und zu berücksichtigen, Probleme offen zu besprechen und ehrliche, konstruktive Lösungen zu finden, wird in dezentralen Energiesystemen immer wichtiger. Das PV-Symposium wird seinen Beitrag leisten: Als Plattform für Wissen und Vernetzung für alle, die an der Schnittstelle von Forschung und Anwendung stehen. Das können in naher Zukunft ganz neue Branchen und Zielgruppen sein.
Welche Höhepunkte dürfen wir 2025 erwarten?
Wir werden für das 40. Symposium das Beste aus all den Jahren vereinen: ein Mix aus Altbewährtem, viel Neuem und einem Schuss Überraschung. Natürlich werden wir Jubiläumsaktionen haben und Zeit fürs gemeinsame Feiern. Wir werden Plattform für die erste Vergabe des hochdotierten Adolf-Goetzberger-Preises sein, haben Keynotes, die uns zu neuen Horizonten führen, und haben uns auch manche Kleinigkeiten überlegt. Beispielsweise bieten wir Bier zum Preis von vor 40 Jahren an. Persönlich erwarte ich, dass zum 40. Geburtstag alte Freunde kommen und viele Neugierige, die schon länger oder noch nie dabei waren.
Welche Anekdoten aus der Zeit Ihrer Verantwortung für das Symposium fallen Ihnen als besonders motivierend ein? Gab es lustige Begegnungen?
Es gibt einige Momente, die mir besonders im Kopf geblieben sind: Im März 2020, als wir das PV-Symposium sehr spontan digital stattfinden ließen, bin ich mit zwei Kolleginnen nach Bad Staffelstein gefahren, um wenigstens die Begrüßung live aus dem Kloster zu streamen. Die Solidarität der Teilnehmenden hat mich sehr berührt, vor allem als ein einziger weiterer Teilnehmer plötzlich vor der Tür des Klosters stand. Und viele Jahre früher, kurz nach einer politischen Ankündigung, die für die Branche drastische Auswirkungen hatte, haben sich rund um die Uhr beinahe alle Teilnehmenden gemeinsam Tag und Nacht ausgetauscht, um die Staffelsteiner Erklärung zu verfassen.
Sie ging in die Annalen der Energiewende ein ...
Ein Wahnsinn, welche Kraft und welche Ausdauer da unter Beweis gestellt wurden. Ich kann mich zum Beispiel an einen Beirat erinnern, der danach so erschöpft war, dass ich mir bei seinem Vortrag ernsthaft überlegt habe, was ich mache, wenn er jetzt umkippt. Die langen und teilweise intensiven Abende und Nächte haben mich natürlich viele Stilblüten und lustige Situationen erleben lassen. Auch wenn die Erinnerungen ganze Bücher füllen würden – wir sind noch lange nicht am Ende angelangt!
Bei der Organisation einer solchen Veranstaltung haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer oft ausgefallene Wünsche. Welche Erfahrungen haben Sie damit?
Das Kloster ist ein besonderer Ort, und unsere jahrelange Beziehung mit dem Team macht viele dieser Wünsche einfacher. Wir als Veranstalter haben vermutlich die ungewöhnlichsten Ideen: Eine original Samba-Band samt Tänzerinnen und Tänzern durch die altehrwürdigen Gänge paradieren oder eine Rockband im Kaisersaal auftreten zu lassen, das kann die Nerven unserer Ansprechpartner im Kloster durchaus strapazieren. Aber wir haben immer eine gute Lösung gefunden. Sie können auf 2025 gespannt sein!
Die Fragen stellte Heiko Schwarzburger.