Österreich hat beschlossen, fossilen Strom bis 2030 aus den eigenen Netzen komplett zu verbannen. Die Versorgung sollen ausschließlich Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik und Bioenergie übernehmen. Deren Anteil liegt nach dem Kohleausstieg im vergangenen Jahr bei etwa 84 Prozent. Es bleibt noch jede Menge zu tun, um das Ziel zu erreichen.
So müssen bis dahin Ökostromanlagen aufgebaut werden, die zusätzlich 27 Terawattstunden pro Jahr ins österreichische Netz einspeisen. Davon müssten elf Terawattstunden von Photovoltaikanlagen kommen. Grob geschätzt sind das zusätzliche elf Gigawatt Solarstromleistung, die installiert werden müssen – in den nächsten neun Jahren. Bisher liegt die installierte Leistung bei unter zwei Gigawatt.
Warten auf die neuen Regeln
Das bedarf üppiger Förderung. Zwar hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr noch einmal die Fördermittel aufgestockt. Doch diese sind in Rekordzeit vergeben. Derzeit liegen nach Angaben des Branchenverbandes PV Austria etwa 6.000 fertig geplante Projekte auf Eis, weil sie keine Unterstützung bekommen.
Die Bundesregierung hat das Signal verstanden und inzwischen ein Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG) beschlossen und bei der Ausarbeitung die relevanten Verbände einbezogen. Das Procedere hat den Nachteil, dass es langsam geht und das lange ersehnte Ausbaugesetz immer noch nicht in Kraft ist. Die Solarbranche wartet wiederum sehnsüchtig darauf.
Regeln für Gebäudeanlagen sind gut
Denn mit dem EAG werden nicht nur neue Modelle möglich, wie Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften, die den Strom aus einer Erzeugungsanlage gemeinsam verbrauchen – auch über Grundstücksgrenzen hinweg. Es sind im EAG auch umfangreiche Fördermittel in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr für den Photovoltaikausbau vorgesehen. Bis das Gesetz im Parlament eine Mehrheit gefunden hat, müssen die Planer, Installateure und Investoren noch auf die alten Regelungen und auf die Unterstützung in den Bundesländern zurückgreifen.
Hier ist schon viel passiert, wie eine Studie der Österreichischen Energieagentur (AEA) zeigt. „Die Rahmenbedingungen für den Bau von Anlagen auf oder an Gebäuden sind wesentlich besser, bei den Freiflächen sehen wir in Österreich aber noch keine Entwicklung“, fasst Studienautor Günter Pauritsch, Leiter des Centers Energiewirtschaft, Infrastruktur und Energiepartnerschaften bei der AEA, auf der diesjährigen Frühjahrstagung von PV Austria die Ergebnisse seiner Untersuchung zusammen. Er hat ausgerechnet, dass mit den derzeitigen Rahmenbedingungen und den Ausbauzielen der einzelnen Bundesländer bis 2030 Anlagen errichtet werden können, die etwa vier Terawattstunden Strom erzeugen.
Länder arbeiten an Strategien
Es bleibt noch eine große Lücke zu den notwendigen elf Terawattstunden. „Das ist natürlich nur eine Momentaufnahme, da die Bundesländer derzeit an der Ausweitung ihrer Ausbaustrategien arbeiten“, betont Pauritsch. Dabei sind die Potenziale vorhanden, die aber mit den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht vollständig gehoben werden. Das zeigt eine Analyse des Potenzials für den Ausbau der Photovoltaik von Hubert Fechner, Obmann der österreichischen Technologieplattform Photovoltaik (TPPV). Demnach würden allein die Gebäudeflächen, die technisch für den Bau von Solaranlagen geeignet sind, ausreichen, um zusätzlich 13,4 Terawattstunden Strom zu erzeugen.
5,4 Terawattstunden fehlen
Unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen, die relevant für die Wirtschaftlichkeit sind, der sozialen Aspekte wie der Investitionsmöglichkeiten für Hauseigentümer und der Akzeptanz schrumpft das realisierbare Potenzial auf vier Terawattstunden zusammen. Ähnlich sieht es bei Deponieflächen aus. Hier wäre ein technisches Potenzial von 1,2 Terawattstunden vorhanden. Wirtschaftlich, ökologisch und sozial realisierbar sind aber derzeit nur Anlagen, die 0,3 Terawattstunden Strom produzieren.
Im Verkehrssektor geht es beispielsweise um Anlagen an Lärmschutzwänden. Hier wäre ein technisches Potenzial für 4,5 Terawattstunden mehr Solarstrom vorhanden. Tatsächlich realisierbar sind aber nur Anlagen mit einer Produktionskapazität von gut einer Terawattstunde. Insgesamt bleibt damit das realisierbare Potenzial bei etwa 5,4 Terawattstunden weit unter der eigentlichen Zielvorgabe. Der Rest müsste dann mit Freiflächenanlagen realisiert werden.
Schwerpunkt auf Gebäuden
Tatsächlich haben es so die Bundesregierung und die Bundesländer gemeinsam in der Hand, die technischen Potenziale an den Gebäuden zu heben. Denn wenn sie die Rahmenbedingungen für den Bau von Dachanlagen verbessern, werden weniger Solarparks notwendig. Schließlich knurren die Hauptfrauen und Hauptmänner der Bundesländer vernehmlich, wenn die Sprache auf Freiflächenanlagen kommt. Das zumindest ist eines der Ergebnisse des Ländergesprächs auf dem Kongress von PV Austria im März 2021.
Hier stellten die Bundesländer ihre Ziele und Programme vor. Dabei war eine klare Priorität fast Konsens: Die Länder unterstützen zuerst den Ausbau der Photovoltaik auf Dächern und wenn diese erschöpft sind, sind Infrastrukturflächen dran. Der Solarpark ist – oft unter Verweis auf fehlende Akzeptanz – ungern gesehen.
Geeignete Flächen nutzen
Immerhin hat die Bundesregierung mit der Ausschreibung einer Förderung für innovative Anlagen schon mal vorgelegt, um die Akzeptanz zu verbessern. Denn dazu gehören neben bauwerkintegrierten Anlagen und solaren Parkplatzüberdachungen auch Agriphotovoltaiksysteme.
Mit Blick auf klassische Solarparks wollen viele Länder konkrete Vorgaben zu den genutzten Flächen machen. Mit einer solchen Zonierung hat die Solarbranche keine Probleme, wie Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria, betont. „Auch wir wollen keinen Wildwuchs und vor allem geeignete Flächen nutzen“, sagt er. „Doch es ist hier auch wichtig, dass wir die richtigen Bilder transportieren.“ So versiegeln die Freiflächenanlagen keinen Boden, räumt er mit einem immer noch gängigen Missverständnis auf.
Zudem arbeite die Bundesregierung mit dem EAG an einem guten Aufschlag für einen schnelleren Ausbau. „Doch das ist ohne die Mitwirkung im Maßnahmenbereich der Länder und Gemeinden nur Makulatur“, erklärt Paierl. „Wenn die Länder und Gemeinden nicht aktiv am Strang mitziehen, wird es nicht gehen.“ Beim jetzigen Ausbautempo werde Österreich die Ziele aber allein mit Dachanlagen nicht schaffen, fasst er die Herausforderungen angesichts der momentanen Strategie der Bundesländer zusammen.
Bundeswirtschaftsministerium
Anlagen für Gewerbebetriebe sind genehmigungsfrei
Die österreichische Bundesregierung hat sich darauf geeinigt, dass Photovoltaikanlagen auf Dächern oder Flächen von Gewerbebetrieben in Zukunft ohne behördliche Genehmigung gebaut werden dürfen. Das gilt auch für Ladestationen für Elektroautos auf dem Betriebsgelände. Das Bundeswirtschaftsministerium in Wien hat dazu einen entsprechenden Erlass veröffentlicht.
Es gelten hier nur wenige Ausnahmen, etwa wenn die Solaranlage Notausgänge versperrt, Verkehrswege beeinträchtigt oder innerhalb eines explosionsgeschützten Bereichs installiert werden soll. Eine elektrotechnisch unsichere Installation der Anlagen sollte ohnehin vermieden werden. Wird sie dennoch ausgeführt, unterliegt sie weiterhin der Genehmigungspflicht, genauso wie Anlagen, die den Nachbarn blenden.
Dabei dürfen die Behörden nicht grundsätzlich unterstellen, dass von jeder Solaranlage eine Gefahr ausgeht und diese dann einer Genehmigungspflicht unterliege. Grundsätzlich ist zunächst von Genehmigungsfreiheit auszugehen. Der Einzelfall, der zu einer Genehmigungspflicht führen könnte, muss von den Behörden schlüssig und ausreichend begründet werden.
www.bmdw.gv.at