Man hielt ihn damals für verrückt. Adolf Goetzberger war Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik in Freiburg und forschte dort seit 1976 an solaren Energiesystemen. Als er 1981 die Gründung eines reinen Solarforschungsinstituts anstrebte, verstanden einige Kollegen nicht, wie er sein gesichertes Arbeitsgebiet aufgeben und so etwas Aussichtsloses beginnen könne.
Doch Goetzberger ließ sich nicht beirren. Er hob zum 1. Juli 1981 das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE aus der Taufe. Die technischen Herausforderungen waren von Anfang an hoch: Als am 28. September 1983 in München das erste Privathaus mit netzgekoppelter Photovoltaikanlage eingeweiht wurde, stammte der Wechselrichter vom ISE. Besser gesagt: Es waren zwei baugleiche Wechselrichter, da eines der Geräte über Wochen hinweg auf dem Weg nach Freiburg und zurück war – zur Reparatur.
Zwei spektakuläre Projekte folgten in der Zeit nach Tschernobyl. Der Rappenecker Hof, eine Wandergaststätte am Schauinsland im Schwarzwald in 1.000 Meter Höhe gelegen. Im Sommer 1987 wurde sie zur ersten solarversorg-ten Gaststätte Europas umgebaut. Imgleichen Jahr startete Goetzberger die Planung für ein energieautarkes Haus in Freiburg – ohne Öl, Gas, Kohle und Stromanschluss. Das Objekt kam dank transparenter Wärmedämmung, Vierfachverglasung, 14 Quadratmeter Kollektoren und 30 Quadratmeter Solarzellen sowie einem Wasserstoffspeicher tatsächlich allein mit Sonnenenergie aus.
Trotz solcher Erfolge stand das Fraunhofer-Institut im Sommer 1993 vor dem Ende. Von einer „existenzbedrohenden Lage“ sprach Goetzberger damals, als das Bundesforschungsministerium die Mittel für die Solarforschung drastisch kürzte. Inzwischen hatte das ISE 240 Mitarbeiter, doch Politik und Gesellschaft interessierten sich zu dieser Zeit für andere Themen als die Solarenergie. Gebannt schaute jedermann auf den deutschen Osten, weil die Wiedervereinigung noch zu jung war, um anderen Themen Raum zu bieten.
Das ISE überstand die Krise – und wuchs später umso stärker. 2010 überschritt die Zahl der Mitarbeiter die Marke von 1.000, damit ist das Institut heute das zweitgrößte im Fraunhofer-Verbund. „Praktisch eine Großforschungseinrichtung“ sei das ISE, sagt Goetzberger, dertrotz seiner inzwischen 82 Jahren noch immer regelmäßig ans Institut kommt.
Die Entwicklung des ISE ging einher mit einer enormen Marktentwicklung der Photovoltaik und einem rasanten Verfall der Preise. Anfang der 80er Jahre kostete das installierte Kilowatt noch mehr als 17.000 Euro, im Jahr 2000 lag der Preis nur noch bei 7.000 Euro, und für das zweite Quartal 2011 gibt die Branche nun einen Durchschnittspreis von 2.422 Euro an – jeweils bezogen auf das fertige System mit Wechselrichter und Installation.
An dieser Entwicklung hatte das ISE erheblichen Anteil. Denn Preissenkungen und verbesserte Wirkungsgrade waren nur durch intensive, langjährige Forschung möglich. Ein wesentlicher Preisvorteil ergibt sich zum Beispiel aus der Materialersparnis, indem die Siliziumwafer immer dünner wurden. Und durch neue Beschichtungen und Strukturen der Siliziumwafer sowie durch neue Kontaktierungsverfahren konnten die Wirkungsgrade der Zellen und Module stetig gesteigert werden. So weiß man heute nicht nur am ISE: Es gibt noch genug zu tun für weitere Jahrzehnte Solarforschung.