Das Dach des Einfamilienhauses schimmert dunkel. Die Fenster in den Schrägen heben sich kaum ab. Die Konstruktion wirkt futuristisch und wie aus einem Guss. Nichts erinnert an eine herkömmliche Solaranlage – das Dach selbst ist die Anlage. „Herkömmliche Aufdachlösungen und auch manche Quasi-Indachlösungen für Photovoltaikanlagen werden nicht nur von architekturaffinen Menschen als hässlich empfunden“, urteilt Vorstandschef Michael Pack von der Systaic AG in Düsseldorf. „Sie verschandeln ganze Siedlungen, Dörfer und Städte.“ Deshalb hat das Solarunternehmen gut einen Quadratmeter große Module entwickelt, die gleichzeitig Dach und Photovoltaikanlage sind.
Die mit monokristallinen Siliziumzellen bestückten Module haben jeweils einheitliche, dezente Rahmen, verdeckte Montagepunkte und integrierte elektrische Verschaltungen. Da stehen keine Anlagenteile über, die ganze Dachoberfläche ist eben. Auf die Photovoltaikmodule abgestimmte Fassadenelemente runden das geschlossene Design ab. Wer sein Dach neu baut oder saniert, kann sich die Ziegel sparen. Wetterdicht ist die Moduldachfläche allerdings nicht. Das stellt der Anbieter durch eine wasserdichte Unterkonstruktion sicher. Es gibt sicher preiswertere Lösungen – aber für sein Energiedach hat Systaic immerhin schon mehrere Architektur- und Innovationspreise kassiert.
Derzeit baut der Hersteller sein Energiedach zu einem kompletten Energiesystem aus. Es soll die Bewohner unabhängiger von zusätzlicher Energie machen. „Wir können das im Moment so schon für unsere Kunden planen und haben Prototypen“, erklärt Systaic-Vorstandschef Pack. „Im Lauf dieses Jahres werden wir die Lösungen dann auch realisieren.“
Die Abwärme, die bei der Stromerzeugung entsteht, wird nicht mehr wie bei herkömmlichen PV-Anlagen nach außen abgegeben. Sie gelangt nun ins Innere, um über einen Wärmetauscher in der kalten Jahreszeit die Raumluft aufzuheizen und ganzjährig warmes Wasser zu erzeugen. Dafür könnten zwar zusätzliche thermische Sonnenkollektoren verwendet werden. Systaic möchte die Anlage jedoch einfach halten und das System mehrfach nutzen. Bei der Kühlung der Photovoltaikanlage fällt sowieso warme Luft an. Kleine Wärmepumpen nutzen den Strom des Energiedachs, um die aufgeheizte Luft einfach zum Wärmetauscher im Haus zu pumpen. Sicherungen wie der Schutz vor Frost bei thermischen Solaranlagen erübrigen sich so. Im Sommer wird mit der Aufbereitung des warmen Wassers gleichzeitig die Raumluft gekühlt.
Da jedoch nicht jeder Kunde mit seiner Photovoltaikanlage auch heizen möchte, stellt Systaic außerdem thermische Solarmodule bereit, die zusätzlich in das Energiedach eingebaut werden können. Diese sind von außen kaum von den Stromerzeugern zu unterscheiden. So gewährleisten sie ebenfalls den einheitlichen Look und stören nicht den Gesamteindruck.
Immobilie macht mobil
Bei seinem Konzept weitgehender Selbstversorgung durch die Energie vom eigenen Dach bezieht Systaic auch das Auto vor der Haustür mit ein. „Elektroautos gibt es bald als Serienfahrzeuge“, sagt Firmenchef Pack. Das batteriebetriebene Kfz könne künftig als mobiler Speicher genutzt werden. Wenn das Dach mehr Strom produziere als im Haushalt gerade benötigt, würden damit die Autobatterien aufgeladen. So ließen sich die Strecken der Umgebung abfahren. Die Reichweite mit dem selbst erzeugten Strom soll etwa 10.000 Kilometer pro Jahr betragen.
Die Praxis sieht wahrscheinlich anders aus – weil der Strom oft genau dann nicht zum Laden übrig ist, wenn er für das Auto gebraucht wird oder viele Kilometer auf einmal gefahren werden müssen. Da stellen sich die Systaic-Leute Austauschbatterien vor, die schnell eingewechselt werden. Nicht alle Autobesitzer dürften jedoch begeistert sein, wenn sie beispielsweise vor dem plötzlichen Geschäftstermin erst einmal ihre Batterie wechseln müssen. Die Idee ist gut, aber es bedarf noch einiger Infrastruktur, um das System alltagstauglich zu machen. Umgekehrt soll der Strom des Autos im Haushalt genutzt werden, wenn es dort zu Engpässen kommt und das Auto gerade vollgeladen vor der Haustür herumsteht.
Autobatterien können nicht allzu viel Energie aufnehmen. Und mit der Zeit geht ein Teil davon verloren. Noch hat niemand eine Idee, wie die Energie wirklich langanhaltend gespeichert werden kann. Als Alternative haben die Vordenker bei Systaic ein Konzept für das intelligente Energiemanagement der Zukunft entwickelt.
Die zentrale Steuereinheit der Anlage misst ständig den selbst erzeugten Solarstrom sowie den eingehenden und ausgehenden Strom des Netzversorgers und der Batterien. Online registriert der Computer außerdem Daten zur Wettervorhersage und zu aktuellen Strompreisen. Der prozessgesteuerte Energiemanager hält außerdem Kontakt mit Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen und Kühlschränken, stimmt ihren Einsatz untereinander ab und berücksichtigt dabei das eigene Stromaufkommen und die augenblicklichen Strompreise der Energieversorger. Relativ flexibel ist er beispielsweise bei einem Gefrierschrank. Darin läuft periodisch ein Kompressor, um Kälte zu erzeugen. Wann genau, kann sich nach dem Angebot an eigenem Solarstrom richten, solange der Gefrierraum sich nicht kritisch erwärmt.
Per Touchscreen können die Bewohner außerdem ihre speziellen Wünsche eingeben, etwa in welchem Zeitfenster eine Waschmaschine unbedingt laufen soll und wann das Elektroauto vollgeladen sein muss. Die aktuellen Preisinformationen der Energiebörsen soll der hauseigene Energiemanager dafür nutzen, selbstständig zum besten Zeitpunkt mit Strom zu handeln. Bis der Gewinn derart maximiert werden kann, wird wohl noch Zeit vergehen. Aber schon jetzt sei das Energiedachsystem für die Kunden lukrativ, verspricht Systaic.
Für jede selbst genutzte Kilowattstunde erhalten die Betreiber nach dem aktuellen Selbstverbrauchertarif des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 20 Jahre lang 25,01 Cent. Haushaltsstrom kostet derzeit rund 20 Cent pro Kilowattstunde. Zusammen addieren sich die beiden Beträge auf 45,01 Cent. Damit bekommt der Betreiber durch den Eigenverbrauch zwei Cent mehr, als es bei Netzeinspeisung der Fall wäre. „Bei weiter steigenden Netzstrompreisen, mit denen wir rechnen müssen, wird sich die Gesamtvergütung entsprechend erhöhen“, prognostiziert Systaic-Vorstandschef Michael Pack: „Die Kunden können so ihre Investitionen in die Systaic-Solarlösungen zeitnah amortisieren und bleibende Vermögenswerte schaffen.“